Radsport / Van der Poel vor einem gepflasterten Boulevard: Flandern-Rundfahrt am Sonntag ohne Luxemburger
Tadej Pogacar nicht dabei, Wout van Aert im Krankenhaus, die Lidl-Trek-Armada um Alex Kirsch dezimiert: der Weg bei der 108. Flandern-Rundfahrt scheint für Mathieu van der Poel frei. Der Niederländer kann am Sonntag der siebte Fahrer in der Geschichte werden, der dieses Monument ein drittes Mal gewinnt.
Es war ein schrecklicher Sturz, bei dem sich Van Aert am Mittwoch mehrere Brüche zuzog. Es raubt den Radsport-Fans das mit Spannung erwartete Duell zwischen dem Belgier und seinem langjährigen Rivalen. Die „Ronde“ bleibt jedoch weiterhin der Höhepunkt der „heiligen zwei Wochen“, ein Spektakel für Radsportfans und Hunderttausende von Zuschauern, die sich dicht an den Pflastersteinen entlang der Berge Ostflanderns zwischen Antwerpen und Oudenaarde drängen werden.
Ohne Van Aert und ohne Pogacar sieht es mehr denn je wie ein gepflasterter Boulevard für Van der Poel aus, zumal ein anderer Favorit, Jasper Stuyven, sich am Mittwoch das Schlüsselbein gebrochen hat. Stuyvens Teamkollege, Mads Pedersen, kam mit Schürfwunden und Prellungen davon. Der Däne kann im Gegensatz zum Belgier am Sonntag an den Start gehen.
Van der Poel hingegen lag am Mittwoch auf seinem Sofa und ruhte sich aus, nachdem er den Grand Prix E3 im Alleingang gewonnen hatte und bei Gent-Wevelgem hinter Pedersen Zweiter geworden war. Während die Abwesenheit und die Wehwehchen mehrerer Konkurrenten die Spannung am Sonntag beeinträchtigen könnten, können sich die Zuschauer mit der Tatsache trösten, dass Van der Poel nicht mehr nur gegen seine Zeitgenossen, sondern auch für die Nachwelt fährt.
Fahrt für die Zukunft
Als Enkel von Raymond Poulidor und Sohn von Adrie, der 1986 die Flandern-Rundfahrt gewann, kennt der amtierende Weltmeister die Geschichte des Radsports und weiß, was für ihn jetzt auf dem Spiel steht: einer der besten Klassikerfahrer aller Zeiten zu werden.
In einem Sport, in dem die Vergangenheit immer wieder betrachtet wird, beginnt Van der Poel, der 2020 und 2022 die Flandern-Rundfahrt für sich entschied, an Bedeutung zu gewinnen: Wenn er am Sonntag gewinnt, wird er neben Achiel Buysse, Fiorenzo Magni, Eric Leman, Johan Museeuw, Tom Boonen und Fabio Cancellara zu den dreifachen Siegern der „Ronde“ gehören. 2025 könnte er einen nie zuvor erreichten Vierfachsieg anstreben. Nebenbei strebt er auch einen fünften Sieg bei einem Monument an, um mit Pogacar gleichzuziehen, der der einzige aktive Fahrer ist, der so viele Monumente gewonnen hat.
Van der Poel ist in den kurzen und steilen Bergen zu Hause. Dort kommen seine phänomenale Explosivität und seine millimetergenaue Fahrkunst bestens zur Geltung. „Gegen Mathieu kann man nichts machen, wenn er so drauf ist“, sagte Stuyven am Freitag nach dem Grand Prix E3. „Im Mann gegen Mann ist er unschlagbar. Man muss versuchen, mit der Mannschaft die Überzahl auszuspielen. Aber wenn er sich entscheidet zu gehen, dann geht er einfach weg und das war’s.“
Teams sind dezimiert
Die Überzahl auszuspielen, um zu versuchen, Van der Poel zu zermürben, bleibt wohl die einzige Lösung. Aber die drei führenden Teams sind am Sonntag dezimiert. Visma-Lease a Bike hat mit Van Aert seinen Anführer verloren, während es bereits die Abwesenheit von Christophe Laporte beklagt und auch Dylan van Baarle nicht mehr ganz frisch ist. Visma zählt nun auf Matteo Jorgenson, den Sieger von Paris-Nice und „A travers la Flandre“.
Das Team Soudal-Quick Step von Julian Alaphilippe konnte auch in diesem Jahr nicht ganz vorne mitfahren und bestätigt damit sein Verschwinden von den Klassikern, die vor einigen Saisons noch das Hauptziel des Teams waren. Ein Sieg am Sonntag scheint undenkbar.
Schließlich hat das Team Lidl-Trek, das durch seine kollektive Stärke beeindruckt, am Mittwoch nicht nur Stuyven, sondern auch Alex Kirsch verloren. Kapitän Mads Pedersen wird sich vielleicht auch nicht vollständig von dem Sturz erholt haben. Da Kirsch am Sonntag nicht startet, wird die Flandern-Rundfahrt der Männer zum ersten Mal seit 2018 ohne Luxemburger stattfinden.
Unter diesen Bedingungen ist es schwer vorstellbar, wie der Sieg Van der Poel entgehen könnte. Immerhin stand der Niederländer bei den letzten vier Ausgaben auf dem Podest. Auch will er weiter Salz in die Wunden der Belgier streuen, die seit dem Sieg von Philippe Gilbert 2017 bei der „Ronde“ leer ausgegangen sind.
Berton und Majerus bei den Damen dabei
Während bei den Männern am Sonntag also die luxemburgische Flagge nicht auftauchen wird, ist das Großherzogtum bei der Flandern-Rundfahrt der Damen gleich zweimal vertreten. Nina Berton (Ceratizit-WNT) ist in einer starken Verfassung: Zuletzt fuhr sie beim Classic Brugge-De Panne auf den 15. Platz, bei „A travers la Flandre“ am vergangenen Mittwoch wurde sie 21. Für die 22-Jährige wird es die zweite Teilnahme an der „Ronde“ sein, nachdem sie im letzten Jahr 52. wurde. Deutlich erfahrener ist Christine Majerus (SD Worx-Protime), die zum 15. Mal an den Start dieses Rennens gehen wird. Ihr bestes Resultat datiert aus dem Jahr 2012, als sie Achte wurde. In diesem Jahr wird Majerus für Lotte Kopecky arbeiten.
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