Wirtschaft / Vermittlung unter Systemrivalen: China und EU wollen im Zollstreit verhandeln
Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck kann in China zwar nicht offiziell über E-Auto-Strafzölle verhandeln. Doch offenbar trägt sein Besuch zur Vermittlung bei. Der harte Wettbewerb und die systemische Rivalität mit China bleiben.
Ob es am Ende gut ausgehen wird, ist offen. Doch der deutsche Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kann es zumindest als kleinen Zwischenerfolg verbuchen, auch für sich selbst: Im zugespitzten Streit über Strafzölle auf Elektroautos wollen China und die Europäische Union nun verhandeln, immerhin. Das wurde am Wochenende parallel zu Habecks China-Reise bekannt, die am Sonntag endete. Der Grünen-Politiker sprach am Samstagabend von einem „ersten guten Schritt auf einem langen Weg“.
China und die EU hätten sich darauf geeinigt, Konsultationen über die Antisubventionsuntersuchung der EU gegen chinesische Elektrofahrzeuge aufzunehmen, hatte das chinesische Handelsministerium mitgeteilt. Zuvor habe es eine Videoschalte des chinesischen Handelsministers Wang Wentao und des EU-Handelskommissars Valdis Dombrovskis gegeben. Vonseiten der EU-Kommission wurde das Gespräch beider Parteien als „offen und konstruktiv“ bezeichnet.
Dabei hatte sich der Zollstreit zuletzt verschärft. So drohte die EU-Kommission jüngst an, die Zölle auf den Import chinesischer E-Autos ab Anfang Juli auf 20 bis gut 38 Prozent anzuheben. Bislang werden Zölle von zehn Prozent erhoben. Zur Begründung heißt es, dass batteriebetriebene E-Fahrzeuge in China unfair subventioniert würden. China konterte mit der Ankündigung einer Antidumping-Untersuchung gegen Importe von Schweinefleisch und Nebenprodukten aus der EU.
Keine offiziellen Verhandlungen
Offiziell verhandeln konnte Habeck in der Zollfrage zwar nicht, schließlich ist dies Sache der EU. Doch der Besuch des deutschen Vizekanzlers galt als wichtiger Vermittlungsversuch im schwelenden Handelskonflikt. So hatte Habeck in Peking mehrere politische Gespräche geführt, etwa mit Handelsminister Wang und dem Vorsitzenden der staatlichen Kommission für Entwicklung und Reform, Zheng Shanjie. Die Frage nach seiner Rolle ließ Habeck bewusst offen: „Und ob es ein Beitrag gewesen ist und wie viel Beitrag es gewesen sein könnte, das müssen andere beurteilen“, wird der Wirtschaftsminister zitiert.
Diese Zurückhaltung lässt sich wohl auch damit begründen, dass Habecks Besuch keineswegs einfach war. Neben Strafzöllen und Wirtschaftsbeziehungen ging es bei der Reise auch um Fragen von Klimaschutz, geopolitischen Machtverschiebungen und Menschenrechten. Ein erhofftes Treffen mit Ministerpräsident Li Qiang kam nicht zustande. In Habecks Delegation wurde zwar argumentiert, der Termin sei „terminlich nicht darstellbar“ gewesen. Der Eindruck einer Abfuhr vonseiten der chinesischen Regierung bleibt dennoch.
Umgekehrt fand Habeck bei seinem Treffen mit Reform-Chef Zheng deutliche Worte in Bezug auf Chinas Unterstützung für Russland und warnte Peking vor wirtschaftlichen Konsequenzen. Deutsche und europäische Sicherheitsinteressen seien durch Russlands Krieg gegen die Ukraine direkt berührt, sagte Habeck am Samstag. „Wir würden anders und sicherlich nicht ganz so hart vorgehen bei der Analyse, wo wir Abhängigkeiten von Rohstoffen, von technischen Gütern haben, wenn es diesen Krieg beziehungsweise die Unterstützung in diesem Krieg von China gegenüber Russland nicht geben würde“, betonte Habeck. Die Dinge ließen sich nicht trennen. „Auch unser Verhältnis, unser direktes Verhältnis, ist jetzt schon negativ beeinflusst.“
Europäischer Schulterschluss nötig
Die Opposition kritisierte den Zeitpunkt von Habecks China-Reise als zu spät. „Dass dies in seiner bisherigen Amtszeit erst die erste Reise dorthin ist, ist nicht klug. Das hätte er schon vorher und öfter machen müssen, um ernst genommen zu werden“, sagte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, Julia Klöckner, unserer Redaktion. „Dass der chinesische Ministerpräsident Li Qiang das geplante Treffen mit Herrn Habeck nun kurzfristig abgesagt hat, sagt einiges über den Stellenwert des deutschen Wirtschaftsministers in China aus“, betonte Klöckner – wobei das Treffen im Vorfeld noch nicht fest geplant gewesen war.
Laut Klöckner brauche es „endlich messbare Fortschritte bei der Reziprozität, etwa bei der Teilnahme deutscher Unternehmen an öffentlichen Ausschreibungen, Marktzugang oder der Rechtsdurchsetzung“. Dazu sei ein geschlossenes Auftreten gegenüber China notwendig, vor allem auch innerhalb der Bundesregierung. „Das ist bisher nicht klar erkennbar“, kritisierte die CDU-Politikerin.
Zum Abschluss der viertägigen Reise, auf der Habeck zuerst Station in Südkorea gemacht hatte, betonte der Grünen-Politiker die Notwendigkeit eines europäischen Schulterschlusses, um im Wettbewerb mit China bestehen zu können. Sowohl in Südkorea als auch in China habe ihn der Begriff „Wettbewerb, und zwar in seinem härtesten Sinne“ immer wieder eingeholt, sagte Habeck am Sonntag in der chinesischen Millionenstadt Hangzhou. „Ich glaube, wir müssen uns diesem Wettbewerb stellen“, befand der Grünen-Politiker. „Also Nachlässigkeit, Faulheit, Trägheit, Bräsigkeit ist keine Alternative.“ Zusammenarbeit ohne Naivität, Handel ohne zu große Abhängigkeit – es bleibt viel zu tun im Verhältnis mit diesem schwierigen Partner.
- EU-Parlament gibt grünes Licht für von der Leyens Kommission - 27. November 2024.
- Eine Person lebensgefährlich verletzt – Experten ermitteln, Straße bleibt noch gesperrt - 27. November 2024.
- Sandy Artuso macht mit „Queer Little Lies“ Esch zum queeren Kultur-Hotspot - 26. November 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos