Editorial / Verschoben, nicht behoben: Bettelverbot löst das Problem der Obdachlosigkeit nicht
Seit fast drei Monaten führt die Polizei in Luxemburg-Stadt vermehrt Kontrollen durch – die zusätzlichen Patrouillen sollen unter anderem das Bettelverbot durchsetzen. Ein fragwürdiger Aushang im „Forum Royal“ zeigt, dass das Reglement sein Ziel verfehlt hat. „Helfen Sie uns, Drogenabhängige aus dem Forum Royal fernzuhalten“, steht auf dem Plakat.
Laut dem Verantwortlichen des Aushangs konsumieren Drogenabhängige immer öfter im Eingangsbereich des Gebäudes und hinterlassen dabei Blutspuren, Müll und Unordnung. „In den vergangenen sechs Wochen etwa hat das hier zugenommen, seitdem im Bahnhofsviertel mehr Kontrollen gemacht werden. Bestimmt 30 Drogenabhängige am Tag haben wir hier.“
Polizeiminister Léon Gloden (CSV) hat das große Aufgebot an Polizisten im Bahnhofsviertel immer damit gerechtfertigt, dass die Patrouillen auch gegen die Drogenkriminalität vorgehen sollen. Aber genau wie die Bettler verschwinden die Abhängigen nicht plötzlich, nur weil sie von ihren üblichen Plätzen verjagt werden. Das Problem wird verschoben – im Fall vom „Forum Royal“ in Richtung Oberstadt. Ein Resultat, über das sich Bürgermeisterin Lydie Polfer (DP) wahrscheinlich nicht freuen dürfte. Dabei war dies vorauszusehen. Betroffene Bettler selbst sagten dem Tageblatt wenige Tage vor der Verabschiedung des Reglements im Gemeinderat: „Wir werden dadurch nicht einfach verschwinden.“ Das gilt auch für die Drogenabhängigen.
Das Verbot ist kurzsichtig – und vor allem ineffizient im Kampf gegen Armut. Das hat sich früh angekündigt und bestätigt sich immer wieder aufs Neue. Sogar der Ex-CSV-Politiker und Ex-Präsident der Polizeigewerkschaft Pascal Ricquier war nicht mit der Umsetzung des Bettelverbots einverstanden, wie er diese Woche gegenüber dem Tageblatt erklärte. „Ich habe ihm (Léon Gloden, Anm. d. Red.) deshalb empfohlen, er solle doch mit einer positiven Aktion beginnen, mit kleinen Schritten. Hat er aber nicht getan.“
Eine verpasste Gelegenheit. Hätten die politischen Verantwortlichen die verstärkte Polizeipräsenz mit zusätzlichen sozialen Hilfsmaßnahmen verbunden, dann müssten sie sich jetzt sicherlich mit wesentlich weniger Gegenwind herumschlagen. Stattdessen haben sie das Brecheisen ausgepackt und ihr Vorhaben mit Gewalt – polizeilicher und juristischer Art – durchgeboxt.
Bürgermeisterin Lydie Polfer wird nicht müde, ständig zu wiederholen, Luxemburg-Stadt unternehme viel für die Bekämpfung der Armut. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass das Problem weiterhin besteht und nicht besser wird. Unabhängig davon, ob ihre Gemeinde „viel“ oder „nicht viel“ unternimmt, die sozialen Hilfseinrichtungen reichen offensichtlich nicht aus. Ansonsten würden sich vor der Tür des „Forum Royal“ nicht „30 Drogenabhängige“ pro Tag aufhalten.
Der Fall „Forum Royal“ ist nur eine Momentaufnahme im Dossier Bettelverbot. Doch es ist wichtig, auch auf diese kleinen Vorfälle hinzuweisen, damit die verkorkste Sozial- und Sicherheitspolitik der Stadt Luxemburg nicht in Vergessenheit gerät.
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Wenn Bettler aus dem Ausland (Frankreich) nach Luxemburg kommen ,weil dort das Jagdrevier größer ist,hat das mit Obdachlosigkeit nichts zu tun. Wer würde nicht jede Arbeit annehmen um eben nicht auf dem Bürgersteig zu sitzen.Am besten mit einem Hund der stundenlang in der Kälte und im Radau ausharren muss,weil Herrchen/Frauchen seinem Beruf nachgeht. Das Bettelverbot ist kein Kampf gegen Armut,was soll das? Es ist der Versuch für Besucher aller Art ungestört die Stadt zu besuchen.Und zwar ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen weil es ihnen besser geht als den Bettlern. Es erinnert etwas an die christliche Predigt zu Weihnachten: “ Denkt an die armen Kinder dieser Welt wenn ihr euren Truthahn zerlegt.“ So kann man einem den Appetit verderben. Als würden diese Gedanken etwas am Hunger in der Welt ändern. Auch nicht die heuchlerische Teilnahme so mancher linken Damen/Herren die,in teuren Daunenjacken,vor der Kamera posieren um Solidarität zu demonstrieren oder anderen Heuchlern die sich mit Selbstanzeigen auf der politischen Bühne outen. Was für eine teresianische Aufopferung.
Es hat doch auch niemand behauptet dass das Bettelverbot das Problem der Obdachlosigkeit beheben wird. Das sind zwei Paar Schuhe.