Veruntreuungsaffäre Hesperingen / Verteidiger sieht Mitschuld der Gemeinde
Über einen Zeitraum von fast 20 Jahren hatten die Angeklagten etwa 5,7 Millionen Euro unterschlagen. Am 16. März vorigen Jahres war das Urteil gesprochen worden. Der Hauptangeklagte Claude G. war zu sieben Jahren Haft – die Hälfte zur Bewährung – verurteilt worden, sein Wegbegleiter Jean-Paul F. zu fünf Jahren, davon drei auf Bewährung. Claude G. saß vom 10. Oktober 2019 bis Anfang Februar in Haft. Jean-Paul F. war bereits unter Auflagen auf freiem Fuß. Am Montag begann der Berufungsprozess.
Da die Richter in erster Instanz keine Mitschuld der Gemeinde festgestellt hatten, legte Me Marc Lentz Berufung gegen das Urteil ein: Die Strategie des Anwalts von Claude G. (Jean-Paul F. konnte gleich zu Anfang der Verhandlung den Sitzungssaal wieder verlassen, da er seinen Antrag auf Berufung zurückgezogen hatte) lief darauf hinaus, die Schuld seines Mandanten zu minimieren. Er wirft der Gemeinde Hesperingen Laxheit im Umgang mit den Prozeduren vor: Immerhin sei es möglich gewesen, dass über 20 Jahre Gelder veruntreut werden konnten.
Me Lentz zitierte mehrere Artikel der Gemeindegesetzgebung, die zeigen sollen, dass die Verantwortung für die Taten nicht allein bei seinem Mandanten liegen können. Als Erstes bemühte er Artikel 94 und 138 des Gemeindegesetzes, die besagen, dass „le receveur est chargé seul, sous sa responsabilité, d’encaisser les recettes et d’acquitter les dépenses de la commune. Il est responsable de la gestion et de la bonne garde des fonds“. Auch argumentiert der Anwalt, dass Zahlungen vom „Receveur“ im Auftrag von Schöffenrat getätigt werden. Aus diesem Grund, so sein Argument, sei es dem Beschuldigten gar nicht möglich gewesen, die Veruntreuungstaten vorzubereiten.
Mehrmals wies der Anwalt darauf hin, dass es die Aufgabe des Schöffenrats sei, die Gemeindedienste zu überwachen und für Prozeduren zu sorgen, die gewährleisten, dass die Dienste ordentlich funktionieren. Zudem sei es laut Artikel 122 des Gemeindegesetzes auch die Aufgabe des Schöffenrats, die Ausgaben zu kontrollieren.
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hingegen blieb größtenteils bei ihrer Argumentation aus dem ersten Prozess: Die Fakten seien nicht zu widerlegen; die Veruntreuung über Jahre sei ein „rodéierte Modus operandi“ gewesen, da habe man sich schon organisieren müssen. Lediglich was die Schadenersatzforderungen angeht, könnte es sein, dass wegen einer Gesetzesänderung von 2009 einige Taten, die danach stattfanden, anders bewertet werden müssten.
„Das halbe Strafgesetzbuch“
Der Vertreter der Gemeinde, Me Georges Pierret, verlor sich nicht lange in juristischen Spitzfindigkeiten. „G. wurde von der Staatsanwaltschaft das halbe Strafgesetzbuch vorgeworfen“, stellte er fest. Er erinnerte daran, dass G. einer der Hauptverantwortlichen in der Finanzabteilung der Gemeinde Hesperingen war. Parallel dazu sei das Gesetz eindeutig: „Le fonctionnaire est responsable des tâches qui lui sont confiées.“ In jeder Gemeinde würden die Beamten ihre Aufgabe im Vertrauen ihrer Vorgesetzten erledigen, doch G. habe dieses Vertrauen missbraucht.
Zu sagen, G. sei nicht allein schuldig, sondern auch die anderen, sei schlicht und einfach falsch. „Er war es, der Rechnungen gefälscht hat. Falls er ein Problem im System entdeckt hat, hätte er das dem Bürgermeister melden müssen, was er aber nicht tat.“ G. hab den Missstand nur noch verschlimmert, indem er ihn ausnutzte. Der Vertreter der Gemeinde weist die Argumentation bezüglich der Umstände, welche die Taten erlaubt hätten, zurück. „G. hat nur das getan, was ihm gepasst hat.“ Der Anwalt sieht die Exklusivschuld eindeutig bei Claude G. und Jean-Paul F. Die Gemeinde verlange keinen Schadenersatz, sondern nicht mehr und nicht weniger als die Rückzahlung der veruntreuten Gelder. „Jede andere Entscheidung wäre ein Gefallen für G., der gestohlen hat“, schloss Me Pierret.
Am 13. März wird das Gericht das Urteil verkünden.
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