EU-Migrationspolitik / Verteilung von Flüchtlingen funktioniert nicht
Im Vorfeld einer Sondersitzung der EU-Innenminister am Freitag legte die EU-Kommission gestern einen Aktionsplan vor, mit dem auf die steigende Zahl an „irregulären Migranten“ reagiert werden soll, die über das zentrale Mittelmeer in die EU kommen wollen. Ein im Juni beschlossener Verteilungsmechanismus für Flüchtlinge funktioniert offenbar nicht.
Die Weigerung der neuen italienischen Regierung vor zwei Wochen, dem im Mittelmeer operierenden Rettungsschiff „Ocean Viking“ den Zugang zu einem italienischen Hafen zu gewähren, warf wieder ein Schlaglicht auf das weiterhin ungelöste Problem der Aufnahme von auf See geretteten Flüchtlingen in der EU. Die Ocean Viking, mit ihren rund 230 aus Seenot geretteten Menschen an Bord, durfte schließlich den Hafen im französischen Toulon anlaufen. Was wiederum zu Verstimmungen zwischen Paris und der italienischen Regierung der postfaschistischen Fratelli d’Italia führte. Auf Druck beider Länder hat der tschechische EU-Ratsvorsitz daher eine Sondersitzung der EU-Innenminister am kommenden Freitag angesetzt.
Im Vorfeld dieser Sitzung präsentierte die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson gestern einen 20 Punkte umfassenden Aktionsplan, um „die unmittelbaren und anhaltenden Herausforderungen entlang der Migrationsroute im zentralen Mittelmeerraum“ anzugehen. Denn wie die schwedische EU-Kommissarin gestern ausführte, wurden seit Beginn des Jahres bereits „mehr als 90.000 Flüchtlinge und Migranten“ gezählt, die über diese Route die EU erreichten. Das seien 50 Prozent mehr als im vorigen Jahr.
Nun aber hat die Regierung der Postfaschistin Giorgia Meloni wieder an die Praxis des einstigen Lega-Innenministers Matteo Salvini angeknüpft und einem Rettungsschiff mit Flüchtlingen das Einlaufen in einen italienischen Hafen verweigert. Wohl auch vor dem Hintergrund einer im Juni getroffenen, aber bisher kaum umgesetzten Vereinbarung, der zufolge andere EU-Staaten Migranten aus europäischen Ankunftsländern aufnehmen. In den letzten Tagen ihres EU-Ratsvorsitzes hatte die französische Regierung 18 EU-Staaten sowie die Schengenstaaten Norwegen, Schweiz und Liechtenstein auf den sogenannten „freiwilligen Solidaritätsmechanismus“ verpflichtet. Demnach würden Länder wie Italien und Griechenland, in denen die meisten Flüchtlinge und irregulären Migranten ankommen, von anderen Ländern entlastet, indem sie eine bestimmte Anzahl an Migranten aufnehmen.
Solidaritätsmechanismus kaum umgesetzt
Allerdings wurden von den damals zugesagten 8.000 Umsiedlungen bislang nur 100 Menschen tatsächlich umgesiedelt, wie die EU-Innenkommissarin gestern erklärte. Frankreich, das immerhin 3.500 Menschen im Rahmen des Solidaritätsmechanismus aufnehmen wollte, hat seine Beteiligung auf Eis gelegt, nachdem Italien der „Ocean Viking“ die Zufahrt zu seinen Häfen verweigert hatte und das Schiff in Toulon Aufnahme fand. In ihrem Aktionsplan ist zwar vorgesehen, die Umsiedlungen zu beschleunigen. Allerdings konnte die EU-Kommissarin gestern nicht schlüssig erklären, warum bisher nur so wenige Umsiedlungen vorgenommen wurden.
Ylva Johansson erklärte gestern, dass die meisten Menschen, die über das zentrale Mittelmeer in die EU gelangen wollen, aus Ägypten, Tunesien und Bangladesch stammten und der größte Teil von ihnen keinen internationalen Schutz bräuchte. Die Kommissarin wies darauf hin, dass sie vor kurzem in Bangladesch war, um mit der dortigen Regierung über die verstärkte Zuwanderung aus dem Land, aber auch Rückführungen abgewiesener Menschen aus Bangladesch zu reden. Ihr zufolge kamen in diesem Jahr bereits 11.000 Menschen aus Bangladesch über die zentrale Mittelmeerroute in die EU.
Am Freitag soll allerdings über alle Migrantenrouten gesprochen werden, wie etwa auch die Balkanroute, über die in diesem Jahr offenbar dreimal mehr Menschen versuchten, in die EU zu gelangen, als im Vorjahr. Bei einer regulären Sitzung der EU-Innenminister am 8. Dezember sollen die Diskussionen fortgesetzt werden.
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