/ Vieles bleibt vage: Am kommenden Dienstag entscheidet Unterhaus über Mays Brexit-Abkommen
Das britische Parlament entscheidet am kommenden Dienstag über das umstrittene Austrittsabkommen mit der EU. In Sachen Brexit bleibt alles andere besorgniserregend schwammig.
Eine Ungewissheit ist ausgeräumt. Alle anderen bleiben. Kommenden Dienstag entscheidet das britische Parlament über Theresa Mays Austrittsabkommen mit der EU. Die britische Premierministerin hatte eine solche Abstimmung bereits für den 11. Dezember angesetzt. Und sie kurz davor wieder von der Tagesordnung genommen. Es war die Notbremse. May war eine Niederlage mit einem Unterschied von bis zu 200 Stimmen vorausgesagt worden. Was sie den Job gekostet hätte.
Nun also ein neuer Anlauf. Den Schwung dazu hat sich May in Brüssel geholt. Er dürfte aber nicht reichen. Die EU-Kommission hat den Briten zwar Zusagen gemacht, rechtlich bindend sind diese aber nicht. Doch ist es genau das, was May wohl brauchen würde, um ihren Deal durch das britische Unterhaus zu bekommen.
Viel Spott für May
Gegenstand der Ungewissheiten ist wieder einmal die Zukunft der inneririschen Grenze. Im Abkommen der EU ist eine Versicherung festgehalten, die vorsieht, dass die Grenze so lange aufbleibt, bis eine für beide Seiten annehmbare Regelung gefunden ist. Im Gegenzug würde das Vereinigte Königreich in der EU-Zollunion verbleiben. Die Brexiteers im Vereinigten Königreich aber wollen eine zeitliche Begrenzung für diesen sogenannten Backstop. Am besten auf das Jahr 2021 fixiert. Und sie wollen diese vertraglich festgehalten sehen.
Wobei wiederum die EU nicht mitspielt. Weil sie nicht voraussehen kann, wie sich die Verhandlungen in dieser Verlängerung entwickeln werden – und eine harte Grenze zwischen der Republik Irland und der britischen Provinz Nordirland für die EU nicht hinnehmbar ist. Zu groß sind die Ängste vor einem erneuten Aufflammen der Gewalt in Nordirland, zu groß wäre auch der wirtschaftliche Schaden für Dublin.
Kommenden Dienstag also wird abgestimmt in London. Die Zeit seit September hat London vor allem mit merkwürdig-beängstigenden Manövern über die Runde gebracht. Erst erntete Theresa Mays Kabinett Spott, als herauskam, dass für das No-Deal-Szenario eine Reederei für zusätzliche Fährverbindungen zwischen Dover und Calais beauftragt worden war, die gar keine Schiffe besitzt. Für 15 Millionen Dollar.
Zollkontrolle, Zeitverlust
Dann wurde sich damit gebrüstet, dass im Fall eines Falles schnell 3.500 Soldaten mobilisiert werden könnten. Der Spott wurde nicht geringer, als vorgestern knapp 90 Lkws eine Landstraße testen sollten, die von einem alten Militärflughafen in das 32 Kilometer entfernte Dover führt. Wobei in Wirklichkeit jeden Tag bis zu 16.000 Lkws hier durchfahren müssten. Das Ergebnis trotzdem: ein riesiger Stau.
Sollte es zu einem harten Brexit kommen, fallen in Dover wieder Zollkontrollen an. Das bedeutet Zeitverluste. Was wiederum schwindende Profite bedeutet. Sogar Engpässe bei Lebensmitteln und Medikamenten können nicht ausgeschlossen werden. Eine Woche vor der Abstimmung ist May so geschwächt wie im Dezember. Kritiker werfen ihr vor, auf Zeit zu spielen. Denn die Zeit bis zum 29. März, dem Stichdatum des Austritts, rinnt davon. Vermutet wird, dass May auf eine zweite Runde spekuliert. Denn die kommende Abstimmung dürfte trotz des Aufschubs sie verlieren.
Die Frage ist vielmehr, wie heftig diese Niederlage aussehen wird. Sollte ihr Deal nicht mehr um die im Dezember erwarteten 200 Stimmen Unterschied abgeschmettert werden, sondern um, sagen wir, bloß 80, könnte May einen neuen Anlauf in Brüssel nehmen – um ihr Abkommen dann ein weiteres Mal dem Unterhaus vorzulegen. Die Zeit wird dann knapper sein, der Druck auf die Abgeordneten größer, doch noch einen No-Deal-Brexit zu verhindern.
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