Gemeinderat / Visionen in zehn Kapiteln: Escher verabschieden Haushalt mit Stimmen der Mehrheit
Ein Budget ohne Visionen hatte die Opposition vor einer Woche den Escher Haushaltsentwurf der schwarz-grün-blauen Koalition genannt. Am Freitag antwortete der Schöffenrat, Bürgermeister Georges Mischo zählte dabei zehn Visionen auf.
„Ich muss einen großen Dank für all die Aussagen der vergangenen Woche aussprechen“, begann Georges Mischo (CSV) seine Antwort auf die Kritiken. „Es gibt mir eine schöne Gelegenheit, unsere Visionen und Projekte aufzuzählen.“ Und das tat der Bürgermeister dann auch, einleitend mit der Bemerkung, dass es nach 2017 einfach gewesen wäre, Visionen zu haben beziehungsweise zu entwickeln. Es folgte eine Auflistung aller Projekte in zehn Kapiteln: Vision Sport, Vision Soziales, Vision Kultur, Vision Umweltschutz, Vision Jugend, Vision drittes Alter, Vision Infrastruktur, Vision Stadtzentrum, Vision Mitbürger und Vision grenzüberschreitende Zusammenarbeit.
Anschließend ging Mischo auf die konkreten Fragen der letzten Woche ein. Dass es mit verschiedenen Projekten nicht so schnell vorangehen würde, darüber wäre man nicht glücklich, sagte Mischo und verwies dabei auf Lieferengpässe und gestiegene Preise durch die Pandemie. Er gab einen Überblick über den Stand der Dinge in seinen Ressorts. Die dritte Sporthalle in Lallingen ist im Timing und sollte Ende 2023 fertig sein. Auch die Renovierung des Jeunesse-Stadions beginnt im kommenden Jahr. Die Verspätung bei der neuen Sportarena wäre auf das nationale Sportmuseum zurückzuführen, wiederholte der Bürgermeister. Von einem Chaos bei den Radwegen könne keine Rede sein, die alternative Route zur Alzettestraße würde von den Radfahrern angenommen, demnächst würden die Bewegungen dort gezählt. „Schullehrerhaft behandelt“, fühlte er sich bei der Haushaltsdebatte vergangene Woche, bemerkte Mischo und übergab an seine Schöffen, die auf die Kritikpunkte in ihren Zuständigkeitsbereich eingingen.
Martin Kox („déi gréng“) betonte, dass man im Klimapakt eine Zertifizierung von 65 Prozent anstrebe. Der von der Opposition angeprangerte geringe Prozentsatz am „Realisé“, also der tatsächlich umgesetzten Budgetposten, erklärte der Erste Schöffe mit der hohen Anzahl an Projekten. André Zwally (CSV) beleuchtete die Infrastrukturarbeiten und Anstrengungen in der Seniorenpolitik, während Pim Knaff (DP) das allgemeine Lob der Gemeinderäte für seine Impulse in der Kultur artig zurückgab. Was das Stadtzentrum anbelangt, so wäre es schon schlechter Wille zu behaupten, es hätte sich nichts rund um die Alzettestraße getan. Zum Abschluss gab Christian Weis (CSV) den Überblick über die Schulen, die Jugend und Soziales.
Weis schloss mit der Hoffnung, die Oppositionsräte könnten ihre Meinung noch einmal überdenken und doch für das Budget stimmen. Schließlich habe man vergangene Woche vier Stunden lang Zeit gehabt, um konkrete Vorschläge zu machen. Da keine gekommen seien, gehe er davon aus, dass die Projekte des Schöffenrats gut seien. Zudem sei ein Haushaltsentwurf keine Sache von Visionen, sondern von konkreten Vorhaben. Weis zitierte dabei den früheren SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ Seine Hoffnung sollte sich derweil nicht erfüllen, natürlich stimmten die Räte der Opposition aus LSAP und „déi Lénk“ gegen den Haushaltsentwurf. Der wurde mit den Stimmen der Mehrheit, inklusive der des grünen Rats Luc Majerus, angenommen. Majerus war bei den Debatten stumm geblieben, nachdem er den Haushaltsentwurf im Vorjahr als nicht ökologisch bezeichnet hatte.
Industriekultur
Nach gut zwei Stunden war das Thema Budget erledigt und der Gemeinderat ging zur Tagesordnung über, wobei das Gutachten zum nationalen Denkmalschutz der einzelnen Gebäude des früheren Esch-Schifflinger Stahlwerks herausstach. Auf der Brache der „Metzeschmelz“ entsteht in den nächsten Jahrzehnten ein neues Stadtviertel für bis zu 10.000 Einwohner. Die meisten erhaltenswerten Bauwerke wurden bereits im Masterplan festgehalten, der momentan überarbeitet wird. Negativ fiel das Gutachten bei fünf von 25 vorgeschlagenen Objekten aus: das Eingangsportal Esch, das Bürogebäude des Walzwerks, das Zentralmagazin, die Überreste der Mischanlage und die Walzwerkhallen 7 bis 10.
Der Gemeinderat verabschiedete außerdem den Mietvertrag mit dem Einkaufszentrum Belval Plaza 2. Gegenüber dem Delhaize-Supermarkt soll im April 2022 ein zweites Bürgeramt der Stadt Esch eröffnen, wobei die Räumlichkeit mit „Sudstroum“ geteilt werden. Der Quadratmeterpreis liegt im ersten von drei Mietjahren bei 35 Euro. Gutgeheißen wurde vom Gemeinderat zudem die Konvention mit der Firma „Pro Solve Consulting“, die die neue Schlichtungsstelle für die Bürger ausfüllen soll. Die Visionen gaben anschließend ihr Comeback, als Martin Kox das Leitbild und Aktivitätsprogramm („Vision et programme“) zum Klimapakt 2.0 vorstellte. Nach viereinhalb Stunden war die letzte (Mammut-)Sitzung des Escher Gemeinderats in diesem Jahr dann beendet.
Am Rande
– 3.725 Bäume wurden in diesem Jahr in Esch gepflanzt, berichtete Bürgermeister Georges Mischo. Ein Großteil auf dem Galgenberg, wo vor wenigen Wochen eine große Abholzaktion der vom Borkenkäfer befallenen Fichten stattfand. Innerstädtisch kamen 500 neue Bäume hinzu.
– Der Europatag wird 2022 am 9. Mai in Esch und nicht in der Hauptstadt gefeiert.
– Im Timing liegen die Renovierungen des „Ariston“ und des Festsaals des Rathauses. Letzterer wird Ende Februar rechtzeitig zur Eröffnung des Kulturjahrs fertig. Allerdings haben sich die Kosten von ursprünglich vorgesehenen 2,7 auf 3,3 Millionen Euro erhöht. Das Ariston (Budget 14 Mio.) wird Mitte 2022 und die Künstlerresidenz „Bridderhaus“ Ende des Jahres fertig.
– Schöffe Pim Knaff berichtete in seinen Erklärungen zur „Revitalisierung“ des Stadtkerns, dass sich in diesem Jahr 16 neue Geschäfte im Zentrum angesiedelt hätten, vergaß aber, die Zahl der Geschäftsschließungen zu erwähnen. Mit seinem Fazit („Esch ass alles anescht ewéi dout“) waren aber alle einverstanden.
– Bürgermeister Georges Mischo hatte es bereits in seiner Vorstellung des Haushaltsentwurfs angekündigt: Auf Belval entsteht ein Denkmal für die im 2. Weltkrieg aus Luxemburg deportierten Sowjetbürger, das von der Regierung finanziert wird.
– Eine Motion der LSAP zur Schließung der Postfilialen wurde einstimmig vom Gemeinderat angenommen. Sie umfasst drei Punkte, u.a. die Aufforderung an die Verantwortlichen der Post-Gruppe, ein neues Postbüro im demnächst entstehenden Einkaufszentrum in Lallingen vorzusehen.
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