1. Mai / Vom Feiertag zum Aktionstag und wieder zurück: OGBL feiert erfolgreiches Tripartite-Jahr
Aus der Isolation zurück in den Mittelpunkt: Der OGBL geht gestärkt aus dem vergangenen Jahr mit aus seiner Sicht zwei erfolgreichen Tripartite-Abschlüssen hervor. Am 1. Mai wurde nun in der Abtei Neumünster gefeiert – Forderungen an Politik und Warnung an Patronat inklusive.
Für die Gewerkschaft OGBL stand der 1. Mai im vergangenen Jahr ganz im Zeichen der gescheiterten März-Tripartite. Ein Aktionstag, der sich laut OGBL-Präsidentin Nora Back gelohnt hat. „Wir haben es geschafft, dass das Indexsystem wiederhergestellt wurde“, verkündete Nora Back am Montag in der Abtei Neumünster. „Und dieses Jahr sind wir noch einen Schritt weitergegangen: Der Index wurde für die Zukunft formell abgesichert.“ Das wäre ohne den Einsatz des OGBL nicht denkbar gewesen. Es sei das Ergebnis vom gemeinsamen Engagement der Gewerkschafter. Auch die Anpassung der Steuertabelle bei der letzten Tripartite sei ein Resultat der gewerkschaftlichen Stärke. „Der OGBL geht gestärkt aus dieser Zeit hervor“, sagte Back. Man habe versucht, den OGBL in der öffentlichen Debatte zu isolieren. „Doch das sind wir nicht.“ Demnach brauche es in diesem Jahr auch nicht viele Worte zum Indexsystem in Luxemburg: „Finger weg vom Index!“
Man dürfe jedoch nicht nachlassen, schließlich habe das Patronat bereits einen weiteren Angriff auf das Rentensystem gestartet, meinte Back weiter und forderte im Gegenzug eine Erhöhung der Mindestrente. „Das Gegenteil muss passieren: Wir brauchen bessere Renten.“ Bessere Arbeitsbedingungen – Stichwort Arbeitszeitverkürzung – seien ein wesentlicher Faktor, um auch in Zukunft Arbeitskräfte aus der Grenzregion anzuziehen. „Wir brauchen nicht noch weitere Studien, wie die Nachbarländer es machen, sondern brauchen Mut, um es durchzuziehen“, erklärte Back mit einem Seitenhieb Richtung Arbeitsminister Georges Engel (LSAP), der der Rede in der Abtei Neumünster persönlich beiwohnte. Engel hatte in der vergangenen Woche eine Studie zur Arbeitszeitverkürzung vorgestellt – ohne Gewerkschaften und Patronat miteinzubeziehen. Neben einigen hundert Gewerkschaftssympathisanten, die sich im Hof der Abtei Neumünster eingefunden hatten, waren neben Georges Engel vor allem Politiker von der LSAP, den Grünen und „déi Lénk“ auf der Feier des OGBL anwesend, um der Rede von Nora Back beizuwohnen.
Warnung an UEL
Die Gelegenheit, am Tag der Arbeit eine Warnung ans Patronat zu richten, ließ die OGBL-Präsidentin am Montag nicht verstreichen. „Wenn wir wirklich nur Vorkammer zum Arbeitsministerium wären, wie UEL-Präsident Reckinger bei RTL behauptete, wäre in den vergangenen Jahren vieles anders gelaufen“, meinte Back. Und: „Die Frage stellt sich, ob Michel Reckinger wirklich etwas von der politischen Realität in Luxemburg mitbekommt“, sagte Back unter johlendem Applaus der im Hof der Abtei versammelten Gewerkschafter. Unter anderem hätte man sich für die Reform des Kollektivvertragsgesetzes eingesetzt – „da ist in den vergangenen Jahren nichts passiert“, so Back. Nur dank der verschiedenen OGBL-Syndikate habe man es geschafft, 1.000 weitere Arbeitnehmer per Kollektivvertrag abzudecken.
Ein weiteres Beispiel für einen „flagranten Angriff auf den Sozialdialog“ würde auch das Handeln der Cargolux-Direktion darstellen, die der Gewerkschaft das Recht absprechen würde, die gescheiterten Kollektivvertragsverhandlungen am Schlichtungsamt auszutragen. Die Reform des Kollektivvertragsgesetzes, ein Gesetz zur Regelung der Plattformarbeit und ein nationales Gesetz zur Überwachung der Lieferketten sei von größter Wichtigkeit. Denn: „Nach jeder Krise wird versucht, die Verluste auf dem Rücken der Menschen auszugleichen“, so Back. „Wir sind jedoch nicht in einer Rezession, wie immer wieder behauptet wird“ – und es sei auch kein Grund, sich mit dem Erreichten zufriedenzugeben.
Gegen Panikmache
Auch im Industrie- und Bausektor werde Weltuntergangsstimmung verbreitet. Das Patronat würde seriöse Diskussionen sabotieren. „Wenn die Arbeitgeber im Bau keine konkreten Vorschläge unterbreiten, hat unser Bautensyndikat entschieden, alle nötigen Schritte zu unternehmen“, warnte Back. Investitionen würden im Bildungs- und Gesundheitsbereich benötigt, wo sich der OGBL weiterhin gegen die Privatisierung einsetzen wolle.
Ein weiteres Anliegen der Gewerkschaft sei das Gehälterabkommen im öffentlichen Dienst. „Es ist inakzeptabel, dass der OGBL von den Verhandlungen ausgeschlossen wird“, sagte Back. Dem Gehälterabkommen im öffentlichen Dienst hingen zahlreiche Sektoren an, in denen der OGBL bei weitem die größte Gewerkschaft sei. „Mit dem OGBL hätte es keine 80/80/90-Regelung, kein Bewertungssystem beim Staat und keine zeitbegrenzte Aufwertung der niedrigen Karrieren gegeben“, sagte Back. Georges Merenz vom Landesverband betonte in seinen einleitenden Worten, dass „man sich nicht mehr hintergehen lässt“.
Forderungen an Politik
Für den nun anstehenden Wahlkampf hatte die OGBL-Präsidentin aber auch einige Forderungen in petto: „Der OGBL will einen finanzstarken Staat, der das Sozialsystem aufrechterhalten kann“, sagte Back. Dafür brauche es aber genug Steuereinnahmen. „Wir fordern eine gerechtere Besteuerung von Personen und die Schere bei der Besteuerung von Kapital und Arbeit muss kleiner werden.“ Gleichzeitig dürfe es aber auch nicht zu einer Absenkung der Betriebssteuer kommen. „Die Krise im Wohnungsbausektor braucht steuerliche Anreize, um die Spekulation zu brechen“, sagte Back. „Zudem braucht es eine Steuerreform, die die Steuertabelle automatisch an die Inflation anpasst.“ Also das, was die CSV-Minister Jean-Claude Juncker 1996 und Luc Frieden im Jahr 2012 abgeschafft hätten.
Verteidigung der Arbeitnehmer, Warnschüsse Richtung Patronat und Schaulaufen von Politikern: Ein 1. Mai also wie viele andere? Nicht ganz: „Viele Politiker haben mich in den vergangenen Wochen gefragt, wo denn ihre Einladung bleibe“, vertraute Nora Back dem Tageblatt im Vorfeld an. Einladungen aber verschicke die Gewerkschaft schon seit längerem nicht mehr – schließlich wisse jeder, wo der OGBL am 1. Mai sei. „Daran merkt man dann schon, dass wir uns in einem Wahljahr befinden.“
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