Der neue Mudam-Mann Patrick Majerus / Vom Mäzen zum Manager
Auf Vorschlag von Kulturministerin Sam Tanson ist der Kunstsammler und Mäzen Patrick Majerus seit dem 1. Januar 2022 Vorsitzender des Verwaltungsrates des Museums für zeitgenössische Kunst auf Kirchberg. Am 1. April bekommt es mit Bettina Steinbrügge eine neue Direktorin. Wird damit im Mudam alles anders? Das Tageblatt hat nachgefragt.
Die Frage nach den möglichen Änderungen kommt vielleicht etwas früh. So wie jeder neue Amtsinhaber sollte auch Patrick Majerus hundert Tage Zeit bekommen, um sich in sein Amt einzuarbeiten. Ganz neu ist er allerdings nicht. Seit 2018 sitzt der Regierungsbeamte im Staatsministerium im Verwaltungsrat des Museums. Er vertritt dort allerdings nicht die Regierung, sondern die Zivilgesellschaft. Nominiert wurde er aufgrund seiner Kunstkenntnisse. Seit 2012 ist er einer der Mäzenen des Museums, dem er angeboten hatte, sich aus seiner rund 200 Stücke umfassenden Kunstsammlung jene Werke auszusuchen, die es ausstellen will.
Diese Zusammenarbeit hat jedoch aufgehört, als Majerus in den Verwaltungsrat kam. „Ich will hier nichts vermischen. Ich will, besonders in meinem neuen Amt, total neutral sein“, betont er. Seine Werke verschenkt er jedoch weiterhin, vorrangig an Museen in Frankreich und in Deutschland, sehr eng ist die Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum in Stuttgart. Diese großzügigen Gesten werfen eine ganze Reihe Fragen auf: Warum verschenkt man seine Sammlung? Warum werden die Werke nicht verkauft? Und nicht zuletzt: Wie reich muss man sein, um sich eine derartige Großzügigkeit überhaupt leisten zu können?
Diskretion
Der Berufsoffizier und heutige Verantwortliche des „Service mémoire“ im Staatsministerium bleibt angesichts dieser Fragen zurückhaltend. Kunstkäufe seien keine Frage des Preises. Begeisterungsfähigkeit und persönlicher Einsatz seien wichtiger als Geld.
Bei den Schenkungen geht es ihm vor allem ums Teilen, um den gemeinsamen Kunstgenuss. Er will aus seinem Wohnhaus kein Patrick-Majerus-Museum machen, er lässt deshalb auch keine Werke auf dem Boden herumstehen. „Wenn ein Bild ,von der Wand fällt‘, dann sollte es weg“, zitiert er mit einem Lächeln seinen Lehrer und Initiator, den deutschen Kunstsammler Wilhelm Schürmann. Es komme allerdings auch vor, dass man sich nur schwer oder ungern von einem Werk trenne. Da müsse man eben durch. Praktisch werden die Schenkungen über den Kunstfonds Focuna abgewickelt und sind somit steuerlich absetzbar.
Auch vom Weiterverkauf hält Majerus nicht viel. „Nicht alle Werke legen an Wert zu“, heißt es lapidar. Den Verdacht, er könne aus dem Vollen schöpfen, weist er ebenfalls zurück. Finanziert wurde die Sammlung, die er zusammen mit seiner Frau Stéphanie in 20 Jahren aufgebaut hat, mit dem Gehalt der beiden. Die treibende Kraft der Sammlung ist zweifellos Patrick Majerus, selbst wenn alle Entscheidungen gemeinsam getroffen werden. „Die Stimme der Vernunft“, nennt er seine Stéphanie, die ihn mitunter vor Spontankäufen schützt.
Familiär vorbelastet ist Majerus auch nicht. Das Interesse an zeitgenössischer Kunst habe zwar schon in der Sekundarschule bestanden, ein Berufswunsch wurde daraus aber nicht. „Ich bin schon mit 19 auf die Offiziersschule (Saint-Cyr; Anm. d. Red.) gegangen. Für mich ist es eher ein Ausgleich“, sagt er.
Anfangs habe er sich vor allem mit der Luxemburger Kunst beschäftigt. Sehr schnell habe er jedoch auch über die Grenzen geschaut, besuchte Museen, Galerien und Kunstmessen und knüpfte dabei Kontakte. Gallery-Week end in Berlin, Art Basel, Venedig, Köln-Messe, zählt er auf. Bei solchen Terminen laufen viele Informationen zusammen, findet man Anschluss an die Szene. „Wenn man sich dafür interessiert, gehört man schnell dazu“, so Majerus.
Wichtig sei auch die Betreuung durch einen erfahrenen Kunstsammler. „Meine Lehrmeister und heutigen Freunde sind alle viel älter als ich“, sagt Majerus mit einem leisen Lächeln. Gerade mal 23 Jahre war er, als er sein erstes Kunstwerk erstand. Die Zeiten hätten sich allerdings geändert. Große Kunstsammlungen wie vor 30 Jahren würden heute nicht mehr aufgebaut. Die heutigen Sammlungen seien „intimer“.
Neustart
Von seiner neuen Aufgabe auf Kirchberg, wo er die Nachfolge von Erbgroßherzogin Stéphanie angetreten hat, ist Patrick Majerus nach einem arbeits- und lehrreichen ersten Monat hellauf begeistert. Die rund 50 Mitarbeiter des Museums seien ein voll motiviertes und engagiertes Team. Dass das Museum vorübergehend ohne Direktion auskommen muss, fällt dabei nicht ins Gewicht. Die scheidende Leiterin Suzanne Cotter habe ein ausgewogenes Programm, eine gute Mischung zwischen Solo- und Gruppenausstellungen hinterlassen. Ihre Nachfolgerin Bettina Steinbrück kennt der Kunstexperte ebenfalls. Sie genießt sein volles Vertrauen.
Gut ist die Zusammenarbeit auch mit dem wissenschaftlichen Komitee, das – gemeinsam mit der Museumsleitung – über jeweilige Neuanwerbungen entscheidet. Genauso gut sind die Beziehungen zu den „Amis des musées“, deren Präsidentin Florence Reckinger ebenfalls im Verwaltungsrat des Mudam sitzt.
Auf die Diskussionen angesprochen, die der Eröffnung des Museums vor nunmehr 15 Jahren vorausgingen, meint Majerus, dieses habe mittlerweile den richtigen Ausgleich zwischen internationaler Strahlkraft und lokaler Verankerung gefunden. Das bestätigen nicht zuletzt die regelmäßigen Ausstellungen Luxemburger Künstler: Mit Tsu Mei Tse arbeitet das Museum seit vielen Jahren zusammen, Jean-Marie Biver hat 2020 dort ausgestellt, zurzeit sind die Werke von Martine Feipel und Jean Bechameil zu sehen. „Ein wichtiger Moment im diesjährigen Programm“, heißt es in der Vorstellung. Genau wie der zweifache Wechsel an der Spitze des Mudam.
Zur Person
Der am 21. Januar 1975 geborene Patrick Majerus bewarb sich gleich nach seinem Sekundarstudium im Echternacher Lyzeum bei der Armee. Er schlug eine Offizierslaufbahn ein, die ihn 1994 für vier Jahre auf die französische Elitehochschule Saint-Cyr und für ein weiteres Jahr nach Montpellier führte. Seine anschließende Militärlaufbahn führte u.a. zu Auslandseinsätzen in den Kosovo, nach Afghanistan und in den Libanon. Nach einer Mission in Brüssel bei der NATO, den Aufgaben des beigeordneten Befehlshabers auf dem Herrenberg und der Verantwortung für die Planungen der Armee war mit 45 Jahren die Zeit für neue Herausforderungen gekommen. Mit dem Militärgrad eines Lieutnant-Colonel verließ Majerus die Armee für das Staatsministerium, wo er für die einzelnen Facetten der Erinnerungsarbeit über den Zweiten Weltkrieg zuständig ist.
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Mäzene werden immer gerne genommen.
So kommt der Mann billig an seine Kunst.