Relevant (9): Paketzusteller / Von 100 Kunden pro Tag auf 180: Wenn alles nach Hause geliefert wird
Sich durch Auszeiten oder Heimarbeit vor einer Corona-Infektion schützen, das geht nicht in jedem Beruf. Wir haben uns in der Serie „Relevant“ mit einigen „Helden des Alltags“ unterhalten, die immer auf dem Posten sein müssen – oft, ohne dass das der Öffentlichkeit richtig bewusst ist. Dieser Serienteil dreht sich um den Paketzusteller Mario Contador (35). Sein Arbeitsaufwand hatte sich am Anfang der Pandemie fast verdoppelt – trotzdem hat er sich gefreut, während des Lockdowns nicht „eingesperrt“ gewesen zu sein.
Tageblatt: Wie fängt Ihr Arbeitstag an?
Mario Contador: Unsere Pakete sind morgens schon sortiert in Rollwagen gestapelt und bereit zur Auslieferung. Wir beladen den Lieferwagen dann in der vorbereiteten Reihenfolge und fahren zu unseren Gebieten. Ich persönlich arbeite in Düdelingen und Bettemburg. Wir bleiben ungefähr in derselben Gegend, weil wir die Kunden und die Adressen kennen – dann geht das Austragen schneller und effizienter.
Was ist das Beste an Ihrem Job?
Wir sind immer draußen – obwohl das natürlich bei schlechtem Wetter nicht so schön ist. Wir haben auch immer Kontakt mit den Kunden. Da die Menschen auf ihre Pakete warten, sind sie üblicherweise froh, uns zu sehen.
Was ist das Schwierigste an Ihrem Beruf?
Wir haben kleine Pakete, aber auch große von bis zu 20 Kilogramm. Damit dann die Treppen rauf und wieder herunterzulaufen – mit hundert Kunden pro Tag im Durchschnitt – ist natürlich anstrengend. Was auch anstrengend ist: Wir sind den ganzen Tag auf der Straße. Das heißt, wir müssen auf alles aufpassen. Wir müssen fahren, Adressen heraussuchen – das ist an sich nicht schwierig, aber wir müssen immer konzentriert bleiben.
Wie hat die Pandemie Ihre Arbeit verändert?
Normalerweise ist Weihnachten unsere Hauptsaison – und während der Pandemie war mehr los. Wir hatten viel mehr Pakete. Wir sind von 100 Kunden pro Tag auf bis zu 180 Kunden gesprungen. Das heißt, wir haben auch viel mehr gearbeitet – es war eine harte Zeit. Trotzdem war ich sehr froh, nicht eingesperrt zu sein und arbeiten gehen zu können. Mittlerweile hat sich die Situation allerdings wieder beruhigt. Gleichzeitig mussten wir uns während des Lockdowns mal nicht durch Staus kämpfen – das war wiederum sehr angenehm.
Ist jetzt wieder alles beim Alten?
Am Anfang der Pandemie stellten wir die Pakete vor der Tür ab und konnten dann nur von Weitem „Tschüss“ sagen. Der Empfänger konnte nicht selbst am Eingabeterminal unterzeichnen, um den Mindestabstand einzuhalten. Das ist mittlerweile aber wieder möglich. Gerade am Anfang war es schon ein bisschen traurig, dass wir keinen richtigen Kontakt mehr zu den Kunden hatten.
Relevant – die Serie
Das Coronavirus hatte Auswirkungen auf fast jeden Beruf in unserer Gesellschaft. Einige dieser Jobs standen weniger im Fokus der Öffentlichkeit. Und trotzdem waren auch sie auf eine gewisse Weise „relevant“. Was macht diese Berufe aus – und die Menschen, die sie ausüben? Für unsere Serie „Relevant“ haben wir uns mit ihnen unterhalten.
Hatten Sie das Gefühl, die Menschen würden Ihren Beruf zu schätzen wissen?
Ich denke schon. Vor allem während des Lockdowns waren die Menschen wirklich froh, ihre Pakete zu bekommen, weil eben alles zu war.
Gab es eine Situation, die Ihnen besonders positiv im Kopf geblieben ist?
Am Anfang der Pandemie brachte ich einer älteren Frau, die nicht einkaufen gehen konnte, ein Paket mit Lebensmitteln. Sie war so glücklich, mich zu sehen, dass sie mir 50 Euro Trinkgeld gegeben hat.
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Ist aber ein schwerer Beruf, die meisten können ja nicht mal lesen.
Ich habe bei der Post vereinbart, dass alle Pakete hinter dem Haus auf der Terrasse abgelegt werden und alle meine Adressaufkleber enthalten dieselbe Information noch einmal in Großbuchstaben.
Trotzdem lauf ich jeden Tag ums Haus um Pakete einzusammeln, mal sind sie im Schuppen, mal im Gartenhäuschen, mal gegen die Vordertür gelehnt, mal auf dem Mülleimer und einmal sogar IM Mülleimer!
Letzterer hatte sich allerdings die Mühe gemacht, dies schriftlich im Briefkasten zu hinterlegen aber um den Adressaufkleber zu lesen, und die richtige Stelle zu benutzen, war ihm wahrscheinlich nicht zuzumuten.
Danach wird eine SMS geschickt um mitzuteilen, dass ein Paket ‚auf ihrer Terrasse‘ hinterlegt wurde, zwar nicht an mich, sondern an meine Frau oder Tochter, weil die im Alphabet vor mir zu finden sind.