Editorial / Von der Baukrise zur Käuferkrise: Steuerliche Maßnahmen reichen beim Logement nicht aus
Seit Jahrzehnten gilt es als große Priorität jeder Regierung und dennoch bleibt das „Logement“ das große Sorgenkind unserer Gesellschaft. Die aktuelle Regierung hat seit Jahresbeginn versucht, mit vielerlei steuerlichen Maßnahmen den Wohnungsmarkt wieder anzukurbeln. Bei den bestehenden Immobilien scheint der Weg so langsam aus der Krise zu führen, während der Neubaumarkt noch immer am Boden liegt, trotz der zahlreichen Maßnahmen. So wird die Baukrise immer mehr zur Käuferkrise.
Es versteht sich von selbst, dass die ergriffenen Maßnahmen nicht von heute auf morgen greifen. Man kann auch nicht von der CSV-DP-Regierung verlangen, dass sie ein jahrzehntealtes Problem innerhalb eines Jahres löst. Vor allem, da sich durch die Bau- und Zinsenkrise die Lage in den vergangenen Jahren noch einmal drastisch verändert und verschlimmert hat. Zwar wurden jahrelang die horrenden Immobilienpreise angeprangert, dennoch konnten sich die meisten Luxemburger – und damit die meisten Wähler – ihr Eigenheim leisten. Zudem verdienten Bauunternehmen und Immobilienfirmen jahrelang sehr gutes Geld. Das hat sich mittlerweile gewandelt. Vor den letzten Wahlen ließen sich CSV- und DP-Politiker noch vom Unternehmer Giorgetti einladen, wenig später revanchierten sie sich und machten aus dem „Logementsdësch“ eine exklusive Veranstaltung fürs Patronat.
Die Maßnahmen zielten dann vor allem auch auf eines ab: Bauunternehmen und Immobilienentwickler durch die Krise zu führen und Arbeitsplätze abzusichern. Ganz nach dem Leitmotiv: Geht es den Betrieben gut, geht es den Menschen gut. Das scheint im Bereich Wohnen aber zu kurz gegriffen, denn dabei wird ein Akteur vergessen: der Käufer, der momentan ein enormes Risiko beim Kauf einer Neubauwohnung eingeht. Der Durchschnittsbürger muss sich hoch verschulden, um sich ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung zuzulegen. Er hat also eigentlich bloß diesen einen Versuch.
Wenn dann das Risiko besteht, dass sich der Bau unverhältnismäßig in die Länge zieht oder das Projekt gar nie wirklich realisiert wird, dann kommt er schnell in eine finanzielle Notlage. Neben dem Kredit für den Neubau bezahlt er noch Miete oder muss einen Überbrückungskredit zurückzahlen. So erging es auch einem Geschäftsmann, der seine Geschichte vergangene Woche dem Tageblatt erzählte und immer wieder fragte, wo der Staat sei, um den Käufern unter die Arme zu greifen. Er hatte 2021 eine Neubauwohnung gekauft, die zu dem Zeitpunkt zu 85 Prozent fertiggestellt war und auch heute quasi noch ist. Drei Jahre, in denen er und seine Familie Kredite zurückzahlen für Wohnungen, die sie nicht nutzen können. Da helfen auch steuerliche Vergünstigungen nicht mehr aus, wenn der Wohnungskauf zur existenziellen Bedrohung wird.
Jean-Paul Scheuren, Präsident der Immobilienkammer, sprach in einem Artikel auf reporter.lu von einem Vertrauensverlust der Käufer in die Immobilienbranche und sagte, dass es die Aufgabe des ganzen Sektors sei, dieses Vertrauen wiederherzustellen. Dazu gehöre auch, seriöse Anbieter klar von „schwarzen Schafen“ abzugrenzen. Das würde nicht bloß die Käufer beruhigen, sondern auch all jenen Firmen zugutekommen, die tagtäglich hart arbeiten, um diese Krise zu überstehen. Sollte dieses Vertrauen nicht wiederhergestellt werden, sind die staatlichen Hilfen umsonst gewesen.
- Boden und Aroma: Welche Rolle spielt der Untergrund unseres Weinberges? - 8. Januar 2025.
- Kommunikationsfiasko 2024: Lehren für Politik und Institutionen - 31. Dezember 2024.
- Die Liberalisierung der Öffnungszeiten zeigt, wie die Regierung das Luxemburger Sozialmodell aushöhlt - 18. Dezember 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos