Editorial / Von Dynamik und Statik: Xavier Bettels Europa- und Außenpolitik braucht neue Akzente
Außenminister Xavier Bettel wird am Dienstag seine Rede zur Luxemburger Europa- und Außenpolitik in der Chamber halten. Ein Blick in die jüngste Vergangenheit zeigt: Die war nicht unbedingt von großen Erfolgen gekrönt.
Dazu muss man den Blick nicht mal Richtung Ukraine oder gar nach Israel und Palästina richten, um zu dieser Schlussfolgerung zu kommen. Ein Blick auf die Moseltalbrücke oder das Schengener Viadukt reicht, um zu sehen: Das außen- und europapolitische Gebaren Luxemburgs scheint unseren Nachbarländern recht egal zu sein. Die deutschen Grenzkontrollen könnten bis Mitte März 2025 zumindest kurz vor dem 30-jährigen Jubiläum des Schengen-Raumes wieder Geschichte sein. Die französischen Behörden hingegen legen wenig Wert auf dieses symbolische Datum und werden ihre Grenzkontrollen vorerst bis Anfang April laufen lassen.
Sicherheitsfanatiker begrüßen die Grenzkontrollen, für den Großteil der Grenzgänger ist es einfach nur ein unnötiges Ärgernis. Dabei scheinen die Kontrollen auch nur begrenzt Erfolge vorweisen zu können: Während die deutsche Bundespolizei an der Luxemburger Grenze 32 Zurückweisungen bejubelt, sind nur zwei dieser 32 Personen auch wieder in Luxemburg angekommen. Das verstehe, wer wolle. Es ist aber ein Symbolbild dessen, wie Europa im 21. Jahrhundert im Alltag gelebt und erlebt wird. Kein Wunder, dass immer mehr Bürger rechtspopulistischen Parolen verfallen und ein in der Geschichte der Menschheit einmaliges Friedensprojekt Europäische Union nur noch als unnötiges Bürokratiemonster wahrnehmen. Darüber können wegfallende Roaming-Gebühren im Ausland nur noch bedingt hinwegtrösten.
Die europäischen Populisten, die die Erosion der europäischen Verträge mit Genugtuung vorantreiben, haben mit der Wahl Donald Trumps enormen Auftrieb erhalten. Und bejubeln einen amerikanischen Präsidenten, der mit einer strengen Tarifpolitik die europäische Wirtschaft – man lese: die einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union – schwächen will. Ideologie geht halt vor den Interessen der eigenen Wählerschaft, auch wenn diese das nicht wahrhaben will.
Und auch Außenminister Bettels derzeitiges Vorzeigeprojekt, die Anerkennung Palästinas, scheint derzeit nicht wirklich von Erfolg gekrönt zu sein. Zwar betont Bettel immer wieder, dass es eine gewisse „Dynamik“ zwischen mehreren Ländern benötige, damit die Anerkennung Palästinas kein symbolischer Akt bleibe. Derzeit scheint das Projekt aber weniger dynamisch als statisch zu sein. Bettel spielt dann auch nicht in die Karten, dass es sich niemand mit der neuen Trump-Regierung verscherzen will, die ein bisher treuer Unterstützer des rechtsextremen Kurses der Netanjahu-Regierung ist. Und am Status quo im Nahen Osten wird sich ohne die Unterstützung der USA ohnehin nichts ändern. Auch dann nicht, wenn die EU, inklusive Deutschland, von ihrem bisherigen Kurs abrücken würde.
Luxemburgs Nachbarländer haben keine stabilen Regierungen, die europäische Idee ist mehr denn je in Gefahr und jahrzehntelange verlässliche Partner drohen mit einer Kursumkehr, während sich die Diktatoren dieser Welt über alle völkerrechtlichen Konventionen hinwegsetzen. In einer Welt, in der alle Zeichen auf Konfrontation stehen, ist Luxemburgs Chefdiplomat mehr denn je gefragt. Dazu braucht es keine „Dynamik“, sondern einen konkreten Plan.
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