Leichtathletik / Von Rekord zu Rekord: Vera Hoffmann hat nach zwei schwierigen Jahren wieder Spaß am Laufen
Vera Hoffmann läuft in der Hallensaison 2022/23 von Rekord zu Rekord. Über drei Distanzen hat sie in diesem Winter schon neue nationale Bestmarken aufgestellt und damit die eigenen Erwartungen übertroffen. Denn nach zwei schwierigen Jahren, in denen die 26-Jährige den Spaß am Laufen verloren hatte, gab es viele Fragezeichen.
Dass Rekorde da sind, um gebrochen zu werden, stellt Vera Hoffmann in der laufenden Hallensaison eindrucksvoll unter Beweis. Gleich über drei Distanzen hat sie in den letzten Monaten schon neue nationale Bestleistungen aufgestellt. Im Dezember startete Hoffmann ihre Rekordsaison mit einer neuen Bestmarke über 5.000 Meter (16:09,64). Auch über die Meile (4:32,05) war sie im Januar schneller als bisher alle anderen luxemburgischen Athletinnen vor ihr. Auf ihrer Paradestrecke, den 1.500 Metern, hat sie sogar ihren eigenen Rekord aus dem Jahr 2022 in der laufenden Saison schon zweimal unterboten – auf jetzt 4:11,03 Minuten.
Dass es so gut läuft, überrascht die 26-Jährige selbst ein bisschen. „Ich hatte mir nicht so viel von der Indoor-Saison erwartet. Natürlich erhofft man sich immer das Beste, aber so, wie die letzten anderthalb Jahre gelaufen sind, hatte ich keine großen Erwartungen“, erzählt die Celtic-Läuferin. „Es gab viele Faktoren, hinter denen ein Fragezeichen stand und die dazu geführt haben, dass ich nicht wusste, mit welchen Erwartungen ich in die Hallensaison gehen sollte.“
Bob Bertemes als Trainer
Die letzten Monate waren für die COSL-Elitekaderathletin nicht immer leicht. Im Dezember 2020 hatte sie angefangen, mit einem belgischen Trainer zu arbeiten. Die Zusammenarbeit lief allerdings nicht wie erhofft und im Juni 2022 entschied sie sich, nicht so weiterzumachen. Im Sommer trainierte sie dann zunächst während zwei Monaten mit einer neuen niederländischen Trainerin, „aber es war mir bewusst, dass dies nur ein Versuch sei, weil ich nicht richtig wusste, wie es laufen würde und welche Möglichkeiten ich hatte.“ Dann kam noch eine Verletzung dazwischen und Hoffmann hatte mittlerweile auch den Spaß an ihrer Leidenschaft, dem Laufen, verloren. „Ich habe damals infrage gestellt, inwiefern ich noch Leistungssport machen wollte, weil ich während zwei Jahren immer trainiert habe, aber Zeiten gelaufen bin, mit denen ich einfach nicht zufrieden war. Ich bekam in dieser Zeit so viel negatives Feedback vom Laufen, sodass ich mir gedacht habe: Ich muss die Freude daran erst einmal wiederfinden.“
Dabei geholfen hat eine Trainingsgruppe, die von Hoffmanns Freund und Langstreckenspezialist Bob Bertemes geleitet wird. Er ist zwar selbst noch als Läufer aktiv, hat aber gleichzeitig 2021 angefangen, andere Athleten zu trainieren. „Während ich verletzt und unzufrieden war und einen neuen Trainer suchte, hat sich in Diekirch diese Trainingsgruppe um meinen Freund aufgebaut. Über den letzten Sommer haben sich da sehr viele Leute angeschlossen und es hat sich eine tolle Gruppendynamik entwickelt“, erzählt Hoffmann: „Als ich verletzt war und alles infrage stellte, habe ich genau das gebraucht: Leute, die gerne laufen, motiviert sind und das Ganze vielleicht ein bisschen anders sehen. Sie haben alle ihre Ambitionen, aber es ist nicht wie im Leistungssport.“
Seit September 2022 trainiert Hoffmann nun in der Gruppe um Bertemes, die 15 bis 20 Läufer zählt. Hoffmann steht hier nicht im Mittelpunkt, genießt aber die Dynamik und gute Stimmung in der Gruppe. „Ich musste die Freude am Laufen wiederentdecken und dazu hat die Gruppe sehr viel beigetragen. Man geht hier gerne zum Training, auch um sich dort mit Freunden zu treffen. Die Gruppe hat mir auch den Druck, eine gewisse Leistung abliefern zu müssen, genommen. Sie ist ein Riesengrund, warum ich das Laufen wieder liebe. Deswegen war mit Bob weiter zu trainieren auch die logischste Wahl.“
Ich habe infrage gestellt, inwiefern ich noch Leistungssport machen wollte, weil ich während zwei Jahren immer trainiert habe, aber Zeiten gelaufen bin, mit denen ich einfach nicht zufrieden war
Dass die Leidenschaft fürs Laufen zurück ist, wurde dann auch schnell in Hoffmanns Zeiten sichtbar. Aufgrund der vielen neuen Faktoren, darunter auch die Verletzung kurz vor dem Aufbau, hatten „wir vor der Saison gesagt, dass alles unter 4:17 über 1.500 Meter schon gut wäre.“ Dass sie schließlich eine Zeit von 4:11,03 laufen würde, hat alle Erwartungen übertroffen.
Dass es mittlerweile so gut läuft, „gibt mir sehr viel positive Energie und Motivation. Auch das Selbstvertrauen ist stärker geworden“, sagt Hoffmann. Mit großem Selbstvertrauen startet sie nun am Sonntag auch bei den nationalen Indoor-Landesmeisterschaften in der Coque. „Von der Konkurrenz her ist es eine andere Sache, als in Amerika oder Deutschland zu laufen, trotzdem haben die nationalen Meisterschaften eine enorme Wichtigkeit für mich.“ Hoffmann wird über drei Distanzen an den Start gehen: 800 Meter, 1.500 Meter und 3.000 Meter.
Hoffnung auf ein EM-Ticket
Am Sonntag ist auch die letzte Deadline, um sich noch für die Hallen-Europameisterschaft in Istanbul (2.-5. März) zu qualifizieren. Hoffmann wäre in der Türkei gerne dabei, um ihre Hallensaison zu krönen. Sie hofft, einen Startplatz über das europäische Ranking zu ergattern. Die Qualifikationsnorm über 1.500 Meter liegt bei 4:09,00 Minuten – die Luxemburgerin ist davon nur knapp zwei Sekunden entfernt, wird diese Zeit aber am Sonntag aufgrund der fehlenden starken Konkurrenz in der Coque wohl nicht angreifen können.
Im europäischen Ranking belegt sie aktuell den 28. Platz, nur die 27 besten Athletinnen werden allerdings bei der EM startberechtigt sein. Die Qualifikation ist kompliziert. „Für das Ranking zählen maximal zwei Indoor-Rennen und durch das CMCM und Dortmund habe ich bereits zwei starke Ergebnisse. Um ein besseres Resultat bei der Landesmeisterschaft zu erzielen, müsste ich enorm schnell und ganz alleine laufen, was nicht möglich ist“, erklärt Hoffmann, die also auf die Absage von anderen Läuferinnen, die im Ranking besser platziert sind, hoffen muss: „Ich weiß, dass eine handvoll Athletinnen, die vor mir liegen, nicht laufen werden. Wir müssen jetzt schauen, ob die rechtzeitig absagen, sodass ich nachrutschen kann.“ Die Chancen, bei der EM dabei zu sein, stehen also nicht schlecht, „aber wir müssen abwarten“, sagt Hoffmann: „Wie gesagt, vor der Saison hatten wir gehofft, dass ich eine 4:17 laufen würde. Jetzt kann ich von der Indoor-EM träumen, deswegen ist es, egal wie es ausgeht, eine sehr gute Hallensaison für mich und ich bin jetzt schon zufrieden.“
Auf die aktuellen Leistungen will die 26-Jährige danach auch outdoor aufbauen. „Wenn es weiter so gut läuft und ich mich nicht verletze, kann ich durchaus mit einer Qualifikation für die Weltmeisterschaft liebäugeln. Es ist noch nichts sicher, aber ich bin sicherlich näher dran, als ich es im letzten Sommer war.“
Langfristig denkt Hoffmann aber auch darüber nach, sich auf die langen Distanzen zu spezialisieren, beispielsweise auf die 5.000 Meter – die Strecke, auf der sie im vergangenen Dezember auch einen neuen Landesrekord aufstellen konnte. „Mein Potenzial sehe ich eher bei den weiten Strecken“, sagt sie: „Von 1.500 auf 5.000 ist aber ein großer Schritt. Und aufgrund der Art und Weise, wie ich die letzten Jahre trainiert habe, wo nicht viel Fokus auf dem Gesamtvolumen lag, glaube ich, dass ich, um eine gute 5.000er zu laufen, noch mehr Trainingszeit brauche. Jetzt ist es noch ein bisschen zu früh, aber ich bin mir sicher, dass ich das nun immer wieder ausprobieren werde und dass sich das in diese Richtung entwickeln wird.“
Das Programm
Hallen-Landesmeisterschaften am Sonntag in der Coque:
13.30 Uhr: 60 m Hürden Frauen (VL) & Dreisprung Herren & Stabhochsprung Frauen; 13.42 Uhr: 60 m Hürden Herren (VL); 13.54 Uhr: 60 m Frauen (VL); 14.06 Uhr: 60 m Herren (VL); 14.25 Uhr: 800 m Frauen & Hochsprung Frauen; 14.30 Uhr: Dreisprung Frauen & Kugelstoßen Frauen; 14.35 Uhr: 800 m Herren; 14.55 Uhr: 60 m Hürden Frauen (F); 15.05 Uhr: 60 m Hürden Herren (F); 15.14 Uhr: 60 m Frauen (F); 15.22 Uhr: 60 m Herren (F); 15.26 Uhr: Weitsprung Herren; 15.40 Uhr: 1.500 m Frauen; 15.47 Uhr: 1.500 m Herren; 16.00 Uhr: 400 m Frauen; 16.12 Uhr: 400 m Herren & Stabhochsprung Herren & Hochsprung Herren; 16.20 Uhr: Kugelstoßen Herren; 16.30 Uhr: 200 m Frauen & Weitsprung Frauen; 16.42 Uhr: 200 m Herren; 17.05 Uhr: 3.000 m Frauen; 17.25 Uhr: 3.000 m Herren
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