Europäische Kulturhauptstadt / Von wegen nicht grün – Organisatoren von „Esch2022“ wollen Südregion nachhaltig aufwerten
„Esch2022“ rückt näher. Beim Pressetag am vergangenen Donnerstag stellten die Verantwortlichen nicht nur das Kulturprogramm für das kommende Jahr vor, sondern sprachen auch über die Projekte, die den Tourismus und die nachhaltige Entwicklung in der Südregion Luxemburgs fördern sollen.
Die Stadt Esch/Alzette darf sich kommendes Jahr mit dem schmeichelhaften Titel der Europäischen Kulturhauptstadt schmücken. Beteiligt am kulturellen Mammutprojekt von „Esch2022“ sind aber nicht nur die lebhafte Metropole im Süden Luxemburgs, sondern auch elf umliegende Kommunen sowie – jenseits der französischen Grenze – acht französische Gemeinden der „Communauté de communes du Pays Haut Val d’Alzette“ (CCPHVA). Unter dem Motto „Remix Culture“ soll in den teilnehmenden Ortschaften die Vielfalt der europäischen Kultur gefeiert werden – doch bei der Vorstellung des Kulturprogramms am vergangenen Donnerstag machten die Verantwortlichen deutlich, dass kommendes Jahr nicht nur der kulturelle Aspekt von „Esch2022“ eine wichtige Rolle spielen soll. Mit den Begriffen „Tourismus“ und „nachhaltige Entwicklung“ stellten die Organisatoren von „Esch2022“ zwei Schlagwörter in den Mittelpunkt, die das kulturelle Großereignis als tragende Pfeiler flankieren sollen.
„In 120 Tagen ist es so weit, dann fällt der Startschuss für die Europäische Kulturhauptstadt ,Esch2022‘ und es bleibt noch so viel zu tun“, sagt Thierry Kruchten, Verantwortlicher von „Esch2022“ für Tourismus, Mobilität und nachhaltige Entwicklung. „Viele Menschen verbinden den Süden immer noch mit der Stahlindustrie und einem urbanen Raum ohne viel Grün.“ Gegen diese Sichtweise versuchten die Mitarbeiter von „Esch2022“ vorzugehen. Es gehe darum, „Anreize für Touristen zu schaffen, um die Region zu entdecken“ und „Potenziale zu aktivieren“, sagt Kruchten. Er verwies bei der Informationsveranstaltung auf die „Tourismusstrategie“, die das Team von „Esch2022“ im vergangenen Juni öffentlich vorstellte (das Tageblatt berichtete). Das Ziel dieser Strategie sei es, Esch/Alzette und Umgebung in den Fokus der nationalen Aufmerksamkeit zu rücken. Wie das gelingt? Unter anderem durch die Konzipierung „touristischer Produkte“ wie eine virtuelle Bustour, die Einwohner wie Besucher dazu einlädt, das industriell geprägte Gelände historisch zu erkunden.
Als touristische Highlights wurden aber vor allem die „Minett Cycle Tour“ und der „Minett-Trail“ ausgewiesen. Ersterer ist ein rund 150 Kilometer langer touristischer Fahrradweg, der eigens für „Esch2022“ geschaffen wurde, und letzterer ein Wanderweg von 90 Kilometer. Er führt durch die Gemeinden des Biosphärenreservats und wird mit dem Aufbau von Herbergen – sogenannten „Kabaisercher“ – zusätzlich aufgewertet. Dass die Bauprojekte im Rahmen von „Esch2022“ allgemein von dem Gedanken sozialer Kohäsion und (ökologischer) Resilienz getragen würden, betonte Pierre Hurt, Direktor des „Ordre des architectes et des ingénieurs-conseils“ (OAI).
Die Kulturhauptstadt – international und doch lokal
Auf den „grenzüberschreitenden“ Charakter von „Esch2022“ ging Claude Turmes („déi gréng“) ein. Der Minister für Raumentwicklung verwies dabei auf das stadtplanerische Instrument der „Internationalen Bauaustellung“ (IBA). Das IBA wurde Anfang 2020 ins Leben gerufen, um hinsichtlich der Raumplanung auf die spezifischen Bedürfnisse des französisch-luxemburgischen Ballungsraums Alzette/Belval und die Herausforderungen des Klimawandels zu antworten.
Um Ökologie und Umweltfragen ging es dann auch in der nachfolgenden Podiumsdiskussion. Mathieu Gillieron, Koordinationsbeauftragter für nachhaltige Entwicklung und Klimapolitik bei „Esch2022“, stellte das Projekt „Elo“ vor. Als Initiative versucht „Elo“, ein Netzwerk von Künstlern, Projektleitern und Organisationen zu schaffen, das ermöglicht, die Veranstaltungen im Rahmen von „Esch2022“ so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten. Teilthemen seien verantwortlicher Tourismus, Ernährung, lokale Ökonomie, Abfallwirtschaft, Mobilität und Kommunikation. Dabei würden „einfache und konkrete Lösungen“ anvisiert werden, erklärt Gillieron. Und nicht nur das: Man wolle gegenüber den Besuchern transparent sein. So würde ihnen zum Beispiel genau mitgeteilt werden, woher die Lebensmittel stammten, die sie auf den Veranstaltungen verzehrten. „Mindestens 50 Prozent der Lebensmittel werden in einem Radius von 100 Kilometer von dem Veranstaltungsort entfernt produziert“, sagt Gillieron. Darüber hinaus stammten mindestens 20 Prozent der Produkte aus biologischem Anbau.
Die Verschwendung von Essen zu reduzieren sei ein Anliegen der Organisatoren von „Esch2022“, unterstreicht Gillieron. Dafür brauche es aber zusätzliche Bemühungen, wie zum Beispiel „Food sharing“-Kampagnen. Diese operierten unter anderem mit „Frigos solidaires“, also öffentlich zugänglichen Kühlschränken, aus denen sich Hungrige frei bedienen könnten. Das Projekt „Elo“ steht im Einklang mit der Nachhaltigkeitscharta von „Esch2022“. Diese wurde Ende vergangenes Jahres bei einem Pressefrühstück präsentiert.
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