/ Vor 125 Jahren fing alles an: Aus der Frühzeit der Industrialisierung der Luxemburger Milchwirtschaft
Wenn die Luxlait im kommenden Herbst ihr 125-jähriges Bestehen
feiert, dann ist das eigentlich nicht ganz korrekt. Der Markenname Luxlait geht erst auf das Jahr 1960 zurück. Das Gründungsdatum 1894 steht für die „Central-Molkerei“, aus der weit mehr als ein halbes Jahrhundert später die einzige industrielle Molkerei des Landes hervorgehen sollte.
Im 19. Jahrhundert gab es überall im Land, selbst in den kleinsten Dörfern, lokale Molkereien. Selbst 1948 soll es deren noch 180 gegeben haben, doch die Zahl sank schon kurze Zeit später rapide und bereits 20 Jahre später existierten – mit Ausnahme einiger winziger, auf Nischenprodukte spezialisierter Molkereien – nur noch vier.
Im Norden Luxemburgs war es die Laduno („Lait du Nord“), im Zentrum die Luxlait und im Süden konkurrierten gleich zwei größere Betriebe, die Ekabe („Emile Klensch à Bettembourg“) und die Celula („Centrale luxembourgeoise du lait“), die ebenfalls in der Eisenbahnerstadt angesiedelt war. 1978 verschwanden die Markennamen Laduno und Celula, nachdem beide Unternehmen mit der Luxlait fusionierten. Die Ekabe, die ihren Firmensitz 1973 nach Eschweiler verlegte, blieb bis 1989 autonom, wurde dann allerdings vom französischen Giganten Lactalis geschluckt, die lokale Produktion von Fertigprodukten nach und nach ganz eingestellt und nach Frankreich verlegt. Die Luxlait ist somit heute die einzige Großmolkerei des Landes, die ihre Produkte in Luxemburg herstellt.
Es begann im Oktober 1894
Die Luxlait ist aus der „Laiterie Centrale“ hervorgegangen, die im Oktober vor 125 Jahren gegründet wurde. Im Luxemburger Wort vom 24. 10. 1894 kann man folgendes lesen:
„Wie uns mitgetheilt wird, hat sich hier eine Gesellschaft gebildet, welche eine Central-Molkerei errichten wird. Der Zweck der Gesellschaft ist, täglich eine sehr gute und frische Süßrahmbutter auf den Markt zu liefern und den Bürgern der Stadt täglich gute, frische Vollmilch, sowie auch Magermilch, welche pasteurisirt worden und daher der Gesundheit durchaus zuträglich ist, zu dem möglichst billigsten Preisen abzusetzen. Die Central-Molkerei zu Luxemburg (Bahnhof) kauft jedwedes Quantum Milch von wenigstens 10 Kilogr. zu 14 Centimes das Kilogr. mit einem Fettgehalt von 3 1/2 Prozent. Am 5. November beginnt die Molkerei ihre Arbeiten. Diejenigen, welche Milch zu liefern gedenken, mögen ihre Offerten für den 1. November, wenn möglich, an das Comité der Central-Molkerei zu Luxemburg (Bahnhof) gelangen lassen. Das Ausbezahlen der abgelieferten Milch geschieht ganz genau alle 14 Tage.“
Schon weniger als ein Jahr nach Aufnahme der Produktion stellten sich die Räumlichkeiten, die die „Central-Molkerei“ bezogen hatte, als zu klein heraus und der Bau eines eigenen Gebäudes wurde beschlossen, wie man im April 1894 in derselben Zeitung lesen konnte: „Wie wir aus guter Quelle vernehmen, wird die Gesellschaft der Central-Molkerei, welche momentan in den Gebäulichkeiten der Haushaltungsschule auf dem ‚Fieldgen‘ installirt ist, im nächsten Sommer ein eigenes Gebäude errichten, und zwar auf städtischem Gebiete im Bahnhofsviertel, auf dem noch freien Terrain zwischen der Neyperg- und der Wallisstraße. Kostenanschlag und Pläne sind bereits fertiggestellt. Die Geschäfte der Central-Molkerei sind fortwährend im Aufschwung begriffen und es finden deren Produkte sowohl bei Privaten wie bei Geschäftshäusern raschen Absatz.“
Die Central-Molkerei wurde schon bald zum Hoflieferanten und bereits im Januar 1896 stattete die damalige Großherzogin Marie-Adelheid ihr einen Besuch ab. In der Obermosel Zeitung vom 10.1.1896 heißt es hierzu: „I.K. Hoheit Großherzogin Adelheid wird in den nächsten Tagen der Centralmollerei einen Besuch abstatten, Herr Staatsminister Eischen wird dieselbe begleiten. Der Großherzogliche Hof ist einer der Hauptabnehmer der Molkerei, welche außer der schmackhaften Süßrahmbutter, bedeutende Quantitäten Rahm für die Küche und Hofbäckerei und für den Morgenkaffee liefert. Die Großherzogin interessiert sich im hohen Grade für das Gedeihen der milchwirtschaftlichen Industrie im Land (…)“
„Aufstand“ der Butterhändler
Dass die Central-Molkerei und ihr Aufschwung nicht von jedem begrüßt wurden, ist verständlich. Der – für luxemburgische Verhältnisse – damals schon recht große Betrieb sorgte bei den kleineren Molkereien und den Butterhändlern für Umsatzeinbußen. So ärgern sich am 11. Februar 1897 „etliche Interessirte“ in einem Zeitungsbeitrag: „Im Kammerbericht (…) lesen wir, dass für die 12 Molkerei-Genossenschaften während 1895 Fr. 34.404.81 Subsidien ausgegeben worden sind für Erzeugung von 40.000 Kilo Butter. Es wäre aber interessant zu erfahren, wieviel dieselben verschlungen haben seit ihrem Bestehen von 1892 an, sowie wieviel Subsidien an Bauplatz und Geräthschaften oder in Natura die Privatgesellschaft Central Molkerei in Luxemburg erhalten hat. (…) Nicht allein hat diese ganze Sache viele Tausende gekostet, sondern der Schaden, welcher dadurch einer ganzen Klasse arbeitsamer Leute, den inländischen Butterhändlern, zugefügt wird, ist bedeutender und von bleibender Natur, außerdem sind die früher so gut besuchten Buttermärkte auf die Hälfte herabgesunken und hier werden ganze Ortschaften geschädigt.“
Der Siegeszug der hauptstädtischen Molkerei indes war nicht durch diese und ähnliche Proteste aufzuhalten. Die Menge an Milch wuchs mit der Zahl der zuliefernden Bauern, die Produktpalette wurde nach und nach erweitert und 1946 wurde die Gesellschaftsform von einer SA in eine Genossenschaft umgewandelt. Fortan gehörte die Molkerei den Landwirten selbst und hieß nun – bis zur Einführung des Markennamens Luxlait im Jahr 1960 – „Molkereigenossenschaft Luxembourg – Laiterie de Luxembourg“.
Am boulevard d’Avranches wurde es bald zu eng und am 10. Mai 1960 wurden die neuen Anlagen in Merl in Betrieb genommen. Spätestens nach der erwähnten Fusion im Jahr 1978 sollte es auch in Merl immer knapper werden. Schon in den 1990er-Jahren wurde mit der Planung eines neuen Standorts begonnen, doch es sollte bis 2009 dauern, bis die hochmodernen Anlagen in Roost/Bissen eingeweiht werden konnten. Dort gibt es nun ausreichend Platz, sodass weiterem Wachstum nichts im Wege steht.
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Déi aal Molkerei an der Stad, hätt nie dierfen ofgerappt ginn! Leider gëtt bei eis all ze dacks d’Kand mam Bad ausgeschott.