Parlament / Vor der Sommerpause steht die Bildung im Fokus
Am letzten Tag der öffentlichen Sitzung im Parlament vor der Sommerpause standen neben dem neuen Covid-Gesetz mehrere Texte aus dem Bereich der Bildung zur Abstimmung. Das umstrittene Gesetzesprojekt über die Direktionsposten an den Instituten Script, IFEN und CGIE erhielt in einer stark modifizierten Form grünes Licht.
Ein Gesetzesprojekt auf der Tagesordnung hatte in den vergangenen Monaten für viel Diskussionsstoff gesorgt. In der Folge waren viele Anpassungen daran vorgenommen worden. Der umstrittenste Punkt war jener über die Direktionsposten für die drei Institute des Bildungsministeriums: IFEN („Institut de formation de l’Education nationale“), Script („Service de coordination de la recherche et de l’innovation pédagogiques et technologiques“) und CGIE („Centre de gestion informatique de l’éducation“). Daneben soll das Projekt die Aufgaben des CGIE auf den neuesten Stand bringen sowie den Einsatz spezialisierter Lehrkräfte für die digitalen Kompetenzen regeln.
Am 2. Februar hatten Bildungsminister Claude Meisch (DP) und die Gewerkschaft der Staatsbeamten CGFP nach heftigen Diskussionen um die Regelung der Direktionsposten eine Einigung erzielt und ein Abkommen unterschrieben. Daraufhin wurden viele Änderungen in dem Text vorgenommen. Berichterstatter Claude Lamberty (DP) sieht diese Anpassungen als Basis dafür, dem Text nun endlich grünes Licht geben zu können.
Momentan können Posten für die Direktoren des CGIE sowie die Direktoren und Vizedirektoren des Script und IFEN nur an Staatsbeamten vergeben, die mindestens seit fünf Jahren in der „carrière supérieure“ des öffentlichen Dienstes gearbeitet haben. Laut Lamberty gab es in der Vergangenheit Probleme, genügend Kandidaten für diese Posten zu finden. Die Lösung bestand darin, dass der Zugang für diese Posten für alle Staatsbeamten geöffnet werden sollte, die einerseits einen für den angestrebten Posten relevanten Masterabschluss haben und andererseits der Karriere A im Bereich „Enseignement“ oder der „Administration générale“ angehören oder wenigstens fünf Jahre angehört haben. „Ziel dieser Änderung im aktuellen Gesetz ist es, die Anzahl qualifizierter Kandidaten für diese relevanten Führungspositionen zu erhöhen“, sagt der DP-Abgeordnete.
Lob für Meischs Abkehr von der Privatisierung
Die Abgeordnete Martine Hansen (CSV) begrüßte, dass Claude Meisch auf seinem Weg der Privatisierung zurückgerudert ist. Denn dies sei keine „Braderie“ des Staatsdienstes. Hansen stellte die Frage nach den Direktionsposten in den drei bis vier Lyzeen, deren Stellen ebenfalls privatisiert werden sollten. „Wir sind weiterhin gegen so etwas“, sagte sie. Zur Aufgabe des CGIE, den Schulen Informatikmaterial zur Verfügung zu stellen, sagte Hansen, dass die CSV ein „Amendement“ eingereicht habe, um dies ebenfalls auf die Grundschulen auszuweiten. Jedoch sei dieses „Amendement“ verworfen worden.
Zu den 15 spezialisierten Lehrern, von denen jeweils einer pro Region in den Schulen eingesetzt werden soll, um den Lehrkräften in Sachen digitale Kompetenzen unter die Arme zu greifen, führte Hansen ihre Bedenken aus. „Wir ziehen immer mehr Personal ‚um Terrain’ ab. Wir sollten erst mal dafür sorgen, dass dort genügend Leute sind.“
Auch Francine Closener (LSAP) begrüßte das Abkommen zwischen Meisch und CGFP. Den Einsatz der spezialisierten Lehrer nannte sie einen Mehrwert für den Unterricht. Closener betonte, dass es wichtig sei, dass diese Lehrer nur zweimal pro Monat im Script seien und die restliche Zeit in den Schulen „um Terrain“. Djuna Bernard („déi gréng“) betonte, dass die digitalen Kompetenzen auf transversale Art ihren Platz in den Schulen finden sollten. Fred Keup (ADR) hatten vor allem die geforderten sprachlichen Kompetenzen für die Direktionsposten in der ursprünglichen Version des Textes gestört. Das Resultat der darauffolgenden Diskussionen bezeichnete er als begrüßenswert.
Mehr „made in Luxembourg“ statt Apple und Microsoft
Myriam Cecchetti („déi Lénk“) kritisierte, dass es keine konkrete Strategie für den Digitalisierungsprozess gebe und forderte eine öffentliche Debatte darüber. Auch störte sich die Abgeordnete der Linken daran, dass der Minister auf das Material der großen Konzerne wie Apple oder Microsoft setze. Sven Clement (Piratenpartei) sagte, dass die digitale Welt nicht vor der Schule haltmache. „Zur Digitalisierung gehört auch Medienerziehung und Mediendidaktik“. Die Piraten unterstützen das neue Schulfach „Coding“. Clement bedauerte, wie es schon Martine Hansen angeführt hatte, dass der Aufgabenbereich der CGIE nicht auf die Grundschulen ausgeweitet werden konnte. Auch der Piratenpartei-Abgeordnete störte sich, wie es Cecchetti bereits kritisiert hatte, an dem Festhalten des Ministers an den großen Konzernen. Clement wünschte sich eine „Open Source“-Plattform für mehr Datenschutz und eine neue Cloud „made in Luxembourg“.
Meisch zeigte sich überrascht, wie viel Diskussionen er mit diesem Gesetzesprojekt ausgelöst hatte, insbesondere mit der Besetzung der Direktionsposten. „Ich bin froh, dass wir den Konfliktpunkt beigelegt haben“, sagte er. Zu den spezialisierten Lehrern sagte er, dass 15 Fachleute zum Überbringen der digitalen Kompetenzen in den Schulen nicht zu viele seien. Schließlich würden sie „um Terrain“ konkret beim Unterricht helfen. Der Gesetzestext wurde mit 37 Ja-Stimmen und 23 Enthaltungen angenommen.
Am Donnerstag wurde zudem über das Gesetzesprojekt zur Anpassung der Maximaldauer von Finanzbeihilfen für Studenten abgestimmt. Berichterstatter André Bauler (DP) erläuterte die negativen Auswirkungen, die das Coronavirus auf das Studium vieler Studenten hat. Die nun zur Abstimmung stehende Verlängerung dieser Beihilfen könne den Studierenden dabei helfen, dies besser abzufedern, sagte Bauler. Besonders jene, die von zu Hause weniger gut betucht seien, würden nun riskieren, durch ein zusätzliches Semester oder Jahr in finanzielle Schwierigkeiten zu gelangen. Das Projekt sieht vor, die Mitte 2020 gestimmten Maßnahmen nochmals auszuweiten. Einstimmig nahmen die Abgeordneten den Text an.
Vertretungslehrer, ECG und Europaschule in Mersch
In der letzten Sitzung vor der Sommerpause stimmten die Abgeordneten zudem für eine zweite Verlängerung des Gesetzes, das den Pool der Vertretungslehrer regelt. Dieses Gesetz war im Frühjahr 2020 eingeführt worden, um dem Personalmangel aufgrund des Wegfalls von vulnerablen und schwangeren Lehrkräften vorzubeugen, wie Berichterstatter Gilles Baum (DP) erläuterte. Um bei der „Rentrée“ im Herbst vorbereitet zu sein, möchte der DP-Abgeordnete diesen Text bis zum 31. Dezember verlängern lassen. Der Text sieht vor, dass Vertretungslehrer das vierwöchige obligatorische Praktikum erlassen bekommen.
Ein weiteres Gesetzesprojekt soll den Betrieb und die Organisation der „Ecole de commerce et de gestion – School of Business and Mangement“ (ECG) regeln sowie die Integration der Privatschule „Ecole privée Grandjean“ mitsamt Personal in die ECG. Damit wird eine private Schule verstaatlicht. Trotz Nein-Stimmen der ADR und Enthaltungen von „déi Lénk“ wurde der Text angenommen. Einstimmig entschieden sich die Abgeordneten für die Validierung des Gesetzesprojektes über die Ausbildung der Grundschullehrer. Pandemie-bedingt sei es laut Berichterstatter Gilles Baum schwierig für angehende Grundschullehrer, nach dem „examen-concours“ die obligatorischen drei Vorgaben zu erfüllen: die Erste-Hilfe-Prüfung, das Schwimmzertifikat sowie die Vorgabe, 80 Stunden außerhalb der Ausbildung mit Kindern gearbeitet zu haben.
Stattgegeben haben die Abgeordneten auch den Text zur Gründung einer öffentlichen Europaschule in Mersch. Die „Ecole internationale Anne Beffort“ ist laut Berichterstatter Claude Lamberty die fünfte öffentliche Europaschule in Luxemburg. Neben dem traditionellen Schulprogramm sollen auch Sektionen der internationalen Ausbildung angeboten werden. Das Merscher Lyzeum wird seine Türen zur „Rentrée“ im September öffnen.
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