/ Vorbild? Eher nicht! Über Sportler und ihre Rollen
Kockelscheuer, Samstag gegen 17.45 Uhr. Bei den BGL BNP Paribas Luxembourg Open findet gerade das Halbfinale zwischen der Deutschen Julia Goerges und der Kasachin Jelena Rybakina statt. Neben Andrea Petkovic gehört Goerges zu den unbestrittenen Publikumslieblingen beim größten luxemburgischen Tennisturnier. Ein Titel, den sie nicht unbedingt verdient hat, wenn man einen genaueren Blick auf die Weltranglisten-28. wirft.
Eine Szene sticht besonders hervor: Vor einem Aufschlag reicht ein Balljunge der Deutschen ein Handtuch. Goerges wischt sich den Schweiß von der Stirn und wirft dem Jungen das Tuch vor die Füße, anstatt es ihm zurückzureichen. Jeder halbwegs normal erzogene Mensch weiß, dass ein solches Verhalten unterste Schublade ist. Einem Tennisstar wird danach weiterhin zugejubelt. Wohl auch, weil das Publikum dieses kleine, aber doch vielsagende Detail nicht gesehen hat.
Im Prinzip sollen Sportler Vorbilder für die Jugend sein. 2017 ergab eine Studie der Deutschen Sporthilfe und der Deutschen Sporthochschule Köln, dass 85,6 Prozent der Bevölkerung des Nachbarlandes Sportler in Sachen Leistungswille als Vorbild sehen. Kann aber ein Sportler ein Vorbild für das Leben sein? Das Beispiel Goerges verdeutlicht, dass dies nicht der Fall ist. Und auch allgemein muss man sich die Frage stellen, ob es Sinn hat, dass Menschen, die nur temporär eine Sportart ausüben oder Aufgabe erfüllen, als Modell für ein Leben gelten können. Mittlerweile gibt es zwar viele Athleten, die ihre Zeit nach der aktiven Karriere akribisch vorbereiten.
Es gibt aber immer wieder Beispiele, die zeigen, dass nach dem Höhepunkt im Sport der Absturz kommen kann. Viele Sportler wollen die Vorbildfunktion nicht annehmen und werden in diese reingedrängt. Eine ganze Reihe von Top-Athleten dienen auch nicht als Vorbild. Doping, Steuerbetrug und andere Delikte sind in dieser Szene nicht selten. Vor allem junge Sportler, die früh mit viel Geld in Berührung kommen, können diese Erwartungen eigentlich nicht erfüllen. Viele Athleten werden dazu gezwungen, ein Doppelleben zu führen, damit der Schein gewahrt werden kann und sie als tadellose Bürger präsentiert werden können, mit denen im optimalen Fall auch noch ein Produkt perfekt verkauft werden kann.
Um zum Fall Goerges zurückzukommen: Warum sollte ein Sportler eigentlich ein besseres Benehmen haben als Otto Normalverbraucher? Bedingt durch die Rahmenbedingungen können sich das Betragen und der Charakter mit zunehmender Zeit sogar verschlechtern. Tennisspielern stehen bei einem Turnier Freiwillige zur Seite, die den Ball holen, das Tuch zum Abwischen reichen und für die Getränke sorgen. Dass die Protagonisten sich bei einem solchen Umfeld schnell als etwas Besonderes vorkommen, liegt geradezu in der Natur des Menschen. Diese Beispiele zeigen, dass Topsportler zwar in puncto Leistungswille oder Disziplin durchaus als Vorbild gelten können, aber nicht, wenn es darum geht, als jugendlicher Nicht-Athlet seinen Weg für das spätere Leben zu finden.
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Charakter-IQ-und Erziehungssache. Steffi Graf wäre das sicher nicht passiert,während bei einem John McEnroe ein gewisser Sicherheitsabstand immer ratsam war.
Niemand verlangt von einem Spitzensportler einen akademischen Titel, sondern Höchstleistung in seiner Sportart. Ein gutes Benehmen und eine vorbildliche Lebensführung gehören aber einfach dazu, denn sie stehen im Rampenlicht und haben eine Vorbildfunktion für die Jugendlichen. Dessen sollten sich diese Herrschaften bewusst sein. Aber sind sie nicht ein Spiegelbild unserer Gesellschaft mit all ihren Facetten?
Als Spitzensportler ist man meistens nur Mittel zum Zweck. Man hat während einigen Jahren ein sattes Einkommen, man verschafft anderen aber noch wesentlich höhere Gewinne. Kein Grund sich als Crème de la crème zu sehen, im Gegenteil.
@ MarcL. Trotz allem, Hut an vor den Leistungen der Spitzensportler. Was die an Entbehrungen, Disziplin, Willen und Schmerzen auf sich nehmen müssen um ihr Ziel zu erreichen, können sich die Wenigsten vorstellen. Vor dem Bildschirm, mit einer Flasche Bier im Sessel, hat man gut reden! Wenn man selbst sportlich nichts zustande bringt, sollte man wenigstens mit seiner Meinung und seinem Urteil etwas vorsichtiger sein.
Wo steht geschrieben, dass Sportler die besseren Menschen sind? Habe lange selbst Leistungssport getrieben und bin vielen guten oder weniger guten Athleten begegnet. Die wenigsten von ihnen waren, rein menschlich gesehen, Vorbilder. Die meisten waren Egozentiker.
So the so called „haters“ are not only active in Twitter and Instagram, but also write articles in seemingly decent editions and are paid for this (by whom?). Is an ability to pour dirt your only asset, Dan Elvinger? As for me and many others, Julia Goerges is will ever remain an example of sportiveness and fair play, and also of beauty and harmony.
Habe das Gegenteil bei einigen Spielerinnen beobachtet. Halep, Stosur, Suarez Navarro. Es ist möglich, Mensch zu bleiben!!
Nur den wirklich Dummen steigt ihre Popularität zu Kopfe.