Spanien / Wachsende Wut auf Mallorca wegen Flut von Ferienwohnungen
Der Sommer geht auf Mallorca zu Ende, aber die Probleme mit dem Übertourismus bleiben – und sie verschärfen sich sogar: Denn statt weniger Touristen kommen immer mehr Urlauber. Von Januar bis Ende August registrierte die beliebteste Ferieninsel Europas mit zehn Millionen Besuchern erneut einen Gästeanstieg von nahezu zehn Prozent gegenüber 2023.
Die Folge: Die sozialen Spannungen steigen weiter und es tauchen an Hausfassaden immer mehr tourismusfeindliche Sprüche auf. Die Bürgerbewegungen, die seit Monaten gegen den ausufernden Massentourismus protestieren und einen Wachstumsstopp fordern, werfen den Inselpolitikern Untätigkeit vor – und sie rüsten sich für einen heißen Herbst mit neuen Demonstrationen.
Nun gehen auch noch die Hoteliers auf die Barrikaden, die der konservativen Inselchefin Marga Prohens vorwerfen, die Probleme auf Mallorca nicht zu lösen, sondern zu verschlimmern. Die großen Hotelverbände FEHM, Ashome und Fehif erzürnt der Plan, dass 30.000 illegale Wohnhäuser, die in der Vergangenheit auf ländlichem und nicht bebaubarem Grund errichtet wurden, per Federstrich legalisiert werden sollen. Und noch mehr: In den Schwarzbauten, die von der Amnestie profitieren, soll eine Ferienvermietung möglich sein.
Die Hotelvereinigungen der Balearischen Inseln sind entsetzt. Und sie drückten in einer gemeinsamen Erklärung ihre „totale Ablehnung“ aus. Das Vorhaben laufe allen Bemühungen entgegen, den Tourismus auf Mallorca und den kleineren Nachbarinseln Ibiza, Menorca und Formentera wieder in verträgliche Grenzen zu lenken und die weitere Umwandlung von dringend benötigtem Wohnraum in Ferienunterkünfte zu bremsen, kritisieren die Verbände.
Das Thema birgt politischen Sprengstoff. Denn die anhaltenden Proteste auf Mallorca und den übrigen balearischen Inselparadiesen werden vor allem durch die explosionsartige Ausbreitung von Ferienapartments angeheizt, die über Airbnb und andere Plattformen vertrieben werden. Die dramatische Konsequenz: Es gibt immer weniger normale Mietwohnungen für die Einheimischen, weil sich mit der Vermietung an Touristen sehr viel mehr Geld verdienen lässt.
Auch viele ausländische Investoren mischen bei diesem Feriengeschäft mit, was den Druck auf Mallorcas Immobilienmarkt zusätzlich erhöht. Rund ein Drittel aller Wohnungen und Häuser auf der Mittelmeerinsel werden von wohlhabenden Ausländern erworben. Deswegen gehört zu den Forderungen der Protestbewegung, den Immobilienerwerb durch fremdländische Interessenten zu erschweren.
1.000 Euro Miete, 1.200 Euro Bruttolohn
„Mallorca ist nicht zu verkaufen!“, lautet eine der zentralen Parolen auf den Anti-Tourismus-Demonstrationen. Allein in Mallorcas Inselhauptstadt Palma gab es diesen Sommer zwei große Kundgebungen mit Zehntausenden Teilnehmern. Andere wiederkehrende Protestsprüche sind „Stoppt die Spekulation!“ und „Euer Luxus ist unser Elend!“.
Ein bezahlbares Dach über dem Kopf auf Mallorca zu finden, das ist heute das größte soziale Problem der nahezu einer Million Inselbewohner. Nirgendwo in Spanien, auch nicht in den Metropolen Madrid und Barcelona, sind die Miet- und Kaufpreise für Wohnraum höher als auf der Ferieninsel.
Schon ein kleines Studio mit 30 Quadratmetern kann 1.000 Euro und eine bescheidene Zweizimmerwohnung 2.000 Euro kosten. Und das bei sehr niedrigen Durchschnittslöhnen, die bei vielen Angestellten im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie im Handel kaum 1.200 Euro brutto übersteigen. Angesichts der schweren Wohnungskrise müssen inzwischen immer mehr Menschen in Pkws, Wohnwagen oder Zelten schlafen.
Das sind die zwei Seiten der touristischen Erfolgsgeschichte Mallorcas: Die Einnahmen der Ferienindustrie klettern auf Rekordhöhe und zugleich wächst die Wohnungsarmut der Bevölkerung.
„Flüge für 19 Euro. Mietwohnungen für 1.900 Euro“, stand auf einem Protestplakat, mit dem die junge Mallorquinerin Laura Barceló in diesem Sommer vor einer Werbetafel für Billigflüge protestierte. „Die Balearen sind überfüllt“, prangte auf ihrem Protestschild. Und daneben der Appell an die Urlauber: „Wenn ihr uns helfen wollt, dann kommt vorerst nicht.“
Höchst lukrative illegale Unterkünfte
Lauras Protestaktion ging in den sozialen Netzwerken viral, konnte allerdings auch nicht verhindern, dass Mallorca 2024 schon wieder auf eine neue Touristen-Höchstmarke zusteuert. Bis Ende des Jahres könnten es mehr als 13 Millionen Feriengäste auf der Insel werden, davon mehr als ein Drittel aus dem deutschsprachigen Raum – ein neuer Rekord, der aber angesichts wachsender Probleme immer weniger Menschen auf Mallorca freut.
Die Hoteliers weisen darauf hin, dass ihr Bettenangebot auf der Insel in den letzten zehn Jahren nur geringfügig gestiegen ist und heute bei etwas mehr als 300.000 liegt. Die Hotelbesitzer setzen zunehmend auf Qualität statt Quantität: Sie wandeln immer mehr einfache Herbergen in Vier- oder Fünf-Sterne-Häuser um.
Derweil hat sich die Zahl der Touristenplätze in privaten Unterkünften vervielfacht: Offiziell, das heißt mit Behördenlizenz, sind es rund 100.000 Privatbetten auf Mallorca. Zählt man die unzähligen illegalen Unterkünfte hinzu, dürften es mindestens doppelt so viele sein. Die schwarzen Schafe haben wenig zu befürchten – auch deswegen, weil sogar Politiker, hohe Behördenmitarbeiter und Bürgermeister beim illegalen und höchst lukrativen Ferienvermietungsgeschäft mitmischen.
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