Corona-Krise / Wann können wir wieder gemeinsam musizieren? Luxemburgs Musikvereine blicken in eine unsichere Zukunft
Während der Corona-Krise stand in Luxemburg auch das Vereinsleben still. Nun dürfen die Aktivitäten langsam wieder aufgenommen werden. Zumindest theoretisch. Für die meisten Musikvereine herrscht weiter Ausnahmezustand. Die Corona-Krise stellt die Organisationen vor große finanzielle, logistische und menschliche Herausforderungen. Die Präsidenten der „Harmonie municipale Esch-sur-Alzette“ (HMEsch) und der „Harmonie municipale de Dudelange“ (HMD) erzählen von abgesagten Proben, fehlenden Einnahmen und einer unsicheren Zukunft.
Während sich in Luxemburg die Bars und Restaurant wieder füllen und sogar Kinos und das Casino in Luxemburg wieder geöffnet sind, herrscht in fast allen Probesälen der Musikvereine erdrückende Stille. „Es ist eine schwierige Situation“, sagt André Even. Er ist seit Januar 2019 Präsident der HMEsch und führt seinen Verein nun durch die Corona-Krise.
„Am 12. März haben wir das letzte Mal gemeinsam geprobt. Dann kam der Ausnahmezustand“, erzählt Even. Der Probesaal wurde geschlossen, größere Menschengruppen waren tabu und es galt, die Devise „Mir bleiwen doheem“ zu befolgen. Für den Escher Musikverein ein Schock: Das am 27. und 28. März stattfindende Gala-Konzert, eines der Highlights des Jahres, auf das die Musiker gemeinsam hinarbeiten, musste abgesagt werden.
Auch in Düdelingen kam das Leben des Musikvereins im März abrupt zum Stillstand. „Von 100 auf 0“, beschreibt es Präsident Eric Ewald. „Wir haben uns sofort an alle Vorschriften gehalten.“ Alle Aktivitäten lagen auf Eis. Dabei ist der Frühsommer für Musikvereine in den Gemeinden meist eine besonders emsige Zeit. Das Escher Orchester beispielsweise sollte dieses Jahr zum 50. Mal beim Picadilly-Fest auftreten, während die Düdelinger traditionell Mitte Juni das „Summerstage“-Konzert im Park Le’h organisieren. All dies fiel nun, wie viele andere Veranstaltungen, dem Virus zum Opfer.
Keng „Kiermes am Duerf“
Am finanziell schmerzlichsten ist bei beiden Vereinen der Ausfall der Kollekte beim traditionellen „Hämmelsmarsch“. „In Esch ist die Pfingstkirmes sowieso ins Wasser gefallen. Da war an ‚Hämmelsmarsch‘ gar nicht zu denken“, sagt Even. Er hofft, falls es zu Engpässen kommen würde, auf die Unterstützung der Gemeinde. „Wenn wir bisher etwas brauchten, haben wir bei der Gemeinde Esch immer offene Türen gefunden“, lobt Even. Natürlich verstehe man, dass zunächst anderen geholfen werden muss, wie etwa den Betrieben, aber „man darf die Kultur nicht vergessen“.
In Düdelingen ist man noch unsicher, ob man in zwei Wochen den Hammeln den Marsch blasen wird. „Wir denken gerade darüber nach, wie wir das organisieren können“, sagt Ewald. „Wir werden zuerst bei unseren Musikern nachfragen, ob sie überhaupt willens sind, da mitzumachen. Wenn wir genug zusammenkriegen, dann könnte das klappen.“ Natürlich werde man dabei die Abstandsregeln beachten, betont der Düdelinger Präsident. Ob man, wie sonst üblich, an den Türen klingeln wird, um einen kleinen Beitrag einzusammeln, ist ebenfalls noch nicht geklärt. Man wolle weder die Gesundheit der eigenen Mitglieder noch die der anderen Bürger der Gemeinde riskieren. „Vielleicht fragen wir auch mal bei der Kirche nach, ob sie uns ihre Klingelbeutel mit den langen Stöcken ausleihen könnten“, sagt Ewald.
Bitte Abstand halten
Von regelmäßigen Proben und der Normalität sind die Musikvereine aber noch weit entfernt. Das Kulturministerium hat erst letzte Woche über den Dachverband UGDA den Chören und Orchestern in Luxemburg eine Liste mit zehn Ratschlägen zukommen lassen (siehe Kasten). Wie viele davon sich wirklich umsetzen lassen und welche davon eine Wiederaufnahme des Betriebs verhindern, muss sich noch zeigen.
Ein kleines Rechenbeispiel: Bei der Probe sollen die Musiker einen Abstand von 2 Meter zueinander halten. Da dieser Abstand auch nach vorne und hinten einzuhalten ist, nimmt eine Person eine Fläche von ungefähr 12 Quadratmetern ein. Zehn Musiker bräuchten also schon 120 Quadratmeter. Bei einer gut besuchten Probe kommen bei größeren Musikvereinen teilweise mehr als 60 Musikanten zusammen. Was einer Fläche von mindestens 720 Quadratmetern, annähernd drei Tennisplätzen, entspricht.
Proben unter dem Sternenhimmel
So groß sind die Probesäle der Escher und Düdelinger Musikvereine nicht. „Wir könnten, wenn überhaupt, dann nur Registerproben abhalten“, erklärt Even. Das sind Proben, bei denen die jeweiligen Instrumentengruppen separat ihre Teile üben. „Die können aber die gemeinsamen Proben nicht ersetzen.“ Alle anderen Vorschläge, wie Masken zu tragen oder das Kondenswasser aus den Blasinstrumenten aufzufangen, wären „ein kleines Übel, wenn wir nur wieder zusammen musizieren könnten“. Doch das Ansteckungsrisiko ist den Eschern derzeit einfach noch zu hoch. „Es reicht, wenn ein positiver Fall dabei auftaucht, und wir sind gleich alle in Quarantäne. Samt unseren Familien“, sagt Even und weist darauf hin, dass manche der Musiker auch zur „erfahrenen“ Generation über 65 Jahren gehören. Sie sollten laut Kulturministerium besser nicht an den Proben teilnehmen. „Es gibt noch zu viele offene Fragen“, fasst Even zusammen. Man wolle deswegen erst mal noch abwarten.
Auch in Düdelingen ist man von der Wiederaufnahme der Proben noch weit entfernt. „Das Kulturzentrum ‚opderschmelz’, wo sich unser Probesaal befindet, ist derzeit sowieso noch geschlossen“, sagt Ewald. „Wir haben eine Weile mit dem Gedanken gespielt, draußen zu proben. Es gibt vor dem Zentrum eine Fläche, die sich anbietet. Doch am Ende war uns das zu viel Aufwand.“ Nicht nur hätte der Verein die Pulte und Stühle sowie die Perkussionsinstrumente für jede Probe wieder auf- und abrichten müssen, sondern man hätte sich von der Gemeinde auch Extra-Genehmigungen ausstellen lassen müssen. „Wir sind ja nicht gerade leise. Die Nachbarn wären bestimmt nicht froh gewesen, wenn wir einmal die Woche am Abend ab 7 Uhr bis um 9 oder 10 Uhr geprobt hätten“, gibt Ewald zu bedenken.
Trotz Corona versuchen die Musikvereine, die Motivation der Mitglieder hochzuhalten. „Man vermisst das gemeinsame Vereinsleben“, gibt der Escher Präsident zu. „Aber wir haben uns mehrmals über Teams und andere Meeting-Programme gesehen.“ Das wäre für die Moral wichtig gewesen. Jetzt überlegt man, ob man nicht, wie andere Musikvereine in Luxemburg, ein gemeinsames Video dreht. Jeder könnte zu Hause seinen Teil aufnehmen und dann schneidet man die einzelnen Videos zu einem zusammen. Auch in Düdelingen vermisst man das Vereinsleben. „Mit einigen habe ich engen Kontakt, von anderen habe ich leider seit März kaum etwas gehört“, sagt Ewald. Er habe aber vor einigen Tagen einen Brief an die Mitglieder seines Vereins geschickt, in dem er sie bittet, die Motivation nicht zu verlieren. „Wir wollen nicht nach der Krise mit zehn Musikern weniger da stehen“, so der Düdelinger Präsident.
Was passiert 2021?
Beide Vereine hoffen, im September, nach den Sommerferien, spätestens wieder mit den gemeinsamen Proben zu beginnen, da für beide 2021 ein besonderes Jahr ist. Die HMEsch wird ihr 150-jähriges Bestehen feiern. „Die Feierlichkeiten sollen eigentlich im November mit einem großen Konzert beginnen“, sagt Even. „Wir machen uns große Sorgen, dass das alles nicht so klappen wird, wie wir uns das vorgestellt haben. Es gibt einfach noch so viel Ungewissheit.“
Das Gefühl teilen die Düdelinger. Ihr Verein ist ein paar Jährchen jünger und wird 2021 125 Jahre alt. „Wir hatten uns vorgenommen, jeden Monat eine musikalische Aktivität anzubieten, und uns viele Sponsoren zusammengesucht“, erzählt Ewald. Jetzt herrscht die Sorge, dass manche von ihnen wegen der finanziellen Konsequenzen der Krise abspringen werden. Zum Glück unterstützt die Gemeinde den Verein im kommenden Jahr mit einem besonderen Zuschuss. „Dafür sind wir auch sehr dankbar“, beteuert der Präsident. „Aber das wird ein Tanz auf einem dünnen Seil, das durch die Krise noch dünner geworden ist.“
Die zehn Ratschläge des Kulturministeriums
1. Alle Musiker oder Sänger, die mögliche Corona-Symptome zeigen, sollen der Probe fernbleiben. Es wäre vielleicht sinnvoll, einen kurzen Fragebogen zu erarbeiten, der vor einer Probe ausgefüllt werden soll. Systematisches Fiebermessen vor einer Probe wird nicht empfohlen, da dies kein zuverlässiges Indiz ist.
2. Besonders gefährdeten Personen wird dringend angeraten, nicht an einer Probe teilzunehmen.
3. Die Hände sollen zu Beginn der Probe desinfiziert werden.
4. Proben sollen bevorzugt an der frischen Luft stattfinden. Dort ist das Infektionsrisiko geringer, weil Tröpfchen und Aerosols sich schneller verflüchtigen.
5. Wenn drinnen geprobt wird, soll ein großer Raum mit guter Durchlüftung gewählt werden.
6. Alle 15 Minuten sollen kurze Pausen stattfinden, damit der Raum gelüftet werden kann.
7. Zu jedem Zeitpunkt sollen die Vereinsmitglieder einen Abstand von 2 Meter zueinander wahren.
8. Musiker und Sänger sollen, selbst beim Singen, eine Maske tragen. Wer das während des Musizierens nicht tun kann, soll die Maske wieder absetzen, wenn er nicht aktiv singt oder spielt.
9. Das sich in den Instrumenten ansammelnde Kondenswasser soll sauber entsorgt werden und das Instrument desinfiziert werden.
10. Musiker sollen vermeiden, sich ein Instrument zu teilen.
Musikinstrumente desinfizieren – Nicht so einfach, wie man denkt
Das Kulturministerium rät den Musikanten unter anderem, ihre Instrumente zu desinfizieren. Doch das ist bei einigen eine Sache für den Profi. Denn wird ein Instrument falsch behandelt, kann es bleibenden Schaden davontragen.
Am einfachsten ist es wohl bei den Schlaginstrumenten, wie dem Schlagzeug, Bongos, Xylofon oder der Trommel. Ihre Oberflächen werden meist mit Schlägel bespielt und sind, wenn die Musiker Mundschutz tragen, den potenziellen Viren kaum ausgesetzt. Wer sie desinfizieren möchte, kann auf einfaches, mit Wasser verdünntes Desinfektionsmittel zurückgreifen. Nur bei Naturfellen sollte man auf aggressive Reiniger verzichten und stattdessen auf besondere Pflegemittel oder Wasser mit Seife zurückgreifen. Der Alkohol in den Desinfektionsmitteln könnte die Felle verfärben.
Bei der Desinfektion von Zupfinstrumenten wie etwa Gitarren sollte man sich vorher beim Profi informieren, welche Mittel sich eignen. Denn der verwendete Lack kann durch zu aggressive, auf Alkohol basierende Desinfektionsmittel beschädigt werden. Streichinstrumente wie Geigen oder Cellos haben mit dem gleichen Problem zu kämpfen. Nur Hals, Kinnhalter und das Griffbrett, auf dem die Seiten liegen, sind in der Regel aus nicht-lackiertem Holz. Da der verwendete Lack teilweise auch zur Akustik der Instrumente beiträgt, könnten Schäden daran nicht nur optisch schlecht aussehen und die Schutzschicht zerstören, sondern auch den Klang beeinträchtigen.
Weniger problematisch sind kleinere Blechblasinstrumente wie Trompeten oder Zugposaunen. Sie können zu Hause in ihre Einzelteile zerlegt werden und in einer Wanne mit dem passenden Reinigungsmittel eingeweicht werden. Nach einer Weile kann der Musiker sein Instrument wieder herausholen, reinigen, durchspülen, abtrocknen und zusammensetzen. Bei größeren Blechbläsern wie etwa der Tuba ist das Desinfizieren wegen ihres Umfangs schon schwieriger und meistens auch nur vom Profi machbar.
Holzblasinstrumente wie Flöten, Saxofone oder Klarinetten haben es in Coronazeiten wohl am schwersten. Wegen ihrer Zusammensetzung aus Holz, Kork und Metall müssen sie mit unterschiedlichen Produkten und Techniken gereinigt werden. In Wasser und Reinigungsmittel einweichen etwa würde das Instrument stark beschädigen. Wer sein Holzblasinstrument also gründlich desinfizieren möchte, sollte sich am besten an einen Fachmann wenden.
Während der Probe sein komplettes Instrument regelmäßig zu desinfizieren, ist bei Blasinstrumenten also überhaupt nicht möglich. Dennoch können Musiker auf Mundstückreiniger zurückgreifen, um wenigstens den Schnabel oder das Mundstück regelmäßig zu reinigen.
Wer sein Instrument zum Desinfizieren und Reinigen oder zur Revision bringt, muss übrigens aktuell mit deutlich längeren Wartezeiten rechnen, bis er es wiedersieht. Verschiedene Instrumentenbauer in Luxemburg setzen Instrumente bis zu drei Tage „in Quarantäne“ – vor und nach einer Revision.
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Das beste kommt zum Schluss, ob in der Philharmonie oder Jam´s a la Rocas Bar. Aber hoffentlich doch bald, fast alles ist durch ausser Spielplätze und Musik. Unverständlich! Die Eltern mit ihren Kids haben längst neue Treffpunkte, wenn auch ohne Schaukeln.
Chapeau Madame Oé!
Ausféierlechen Artikel! Gutt och datt d’Rotschléi vun UGDA a Kulturministère détailléiert opgezielt sinn!
Als Diddelénger soen ech eiser HMD: Kommt den Hämmelsmarsch spillen! Mär pechen eng Envelope mam Drénkgeld un d’Bréifboîte!
@RM Clemens
„Als Diddelénger soen ech eiser HMD: Kommt den Hämmelsmarsch spillen! Mär pechen eng Envelope mam Drénkgeld un d’Bréifboîte!“
A wéi zerwéiert Der d’Drëppen? 😁