Luxemburg / Warum an Altweiber in manchen Orten bettelnde Kinder unterwegs sind
Mit Altweiber fällt am Donnerstag auch in Luxemburg der Startschuss für die Fastnacht. In einigen Regionen wird dieser Tag allerdings nicht nur von Fans von Kostümen, Masken und Co. erwartet. Denn in manchen Orten sind am fetten Donnerstag verkleidete Kinder unterwegs, um eine alte Tradition zu pflegen: Sie gehen betteln.
„Aufgepasst! Die Kinder aus der Gemeinde Ell gehen an diesem Donnerstag betteln. Am ‚fetten Donnerstag‘ ziehen sie verkleidet von Haus zu Haus“, warnt die Gemeinde Ell am Mittwoch in den sozialen Medien auf Facebook vor. Und erinnert die Menschen so daran, im Straßenverkehr besonders auf die Kleinen achtzugeben. Weiterer Tipp an die Bevölkerung: Bitte Süßigkeiten nicht vergessen!
Denn was um „Liichtmëssdag“ bei den Diskussionen rund um das sogenannte Bettelverbot eine Art Running Gag war, ist in der Gemeinde an der Grenze zu Belgien Wirklichkeit: Dort gehen Kinder an Altweiber „heeschen“. „Bei uns war es nie Tradition, am 2. Februar ‚liichten‘ zu gehen. Stattdessen sind die Kinder am fetten Donnerstag unterwegs und singen ‚Léiwer Herrgottsblieschen‘. So wie andere es an ‚Liichtmëssdag‘ tun“, erklärt Henri Rasqué, Bürgermeister der Eller Gemeinde.
Ortsabhängiger Brauch
Er ist in Colpach aufgewachsen und früher selbst von Tür zu Tür gezogen, um zu betteln. „Verkleidet fragen die Kinder dann nach Süßigkeiten oder Geld für das Sparschwein.“ Also ähnlich dem, was man vom weiter verbreiteten „Liichtmëssdag“ kennt. Wenn das in Ell und Umgegend am 2. Februar vorkommt, handelt es sich dabei meist um Familien, die aus anderen Ecken des Landes in die westlich gelegene Gemeinde gezogen sind.
Gebettelt wird laut dem Bürgermeister auch in anderen Gemeinden des Kantons Redingen. „Es ist schwer zu sagen, wo diese Tradition überall besteht. Ich habe mit älteren Menschen darüber gesprochen, aber niemand konnte mir sagen, wo diese herkommt. Sie sagen, dass das immer schon so war“, erzählt Henri Rasqué. Er hofft, dass der Brauch weiter besteht – auch wenn die Haustüren heute immer öfter verschlossen bleiben, da die Menschen bei der Arbeit und nicht zu Hause sind.
Tatsächlich ist die Tradition in einigen Gegenden zwar noch bekannt, wird aber nicht mehr gepflegt. „Hier in Useldingen wurde uns gesagt, dass die Kinder nur noch ‚liichten‘ gehen“, heißt es von der Touristinfo Wëlle Westen. Im Ösling kennt man es laut „Visit Éislek“ wohl, dass die jungen Menschen rund um Fastnacht „oprafen“ gehen, allerdings sind dort auch am 2. Februar Kinder unterwegs. Eine Person zu finden, die sich mit der Tradition auskennt, ist indes nicht einfach.
„Heeschen“ nach Lebensmitteln
Dass das Betteln Teil einer Reihe von Traditionen ist, bei denen um Gaben gebeten wird, kann die Professorin für Kulturgeschichte an der Universität Luxemburg, Sonja Kmec, aber bestätigen. Sie weist darauf hin, dass lange Zeit bei den Burgbrennen nach Eiern, Mehl oder Speck „geheischt“ wurde. Fastnachtsgebäck, (Kartoffel-)puffer oder Omelett wurden laut einer Ausgabe von 2023 von „Hémecht – Zeitschrift für Luxemburger Geschichte“ daraus gemacht. Während die Vereinsmitglieder heute durch das Dorf ziehen, um die Clubkasse aufzubessern, wurde früher eher nach Lebensmitteln gefragt. Das nicht nur beim Burgbrennen: „Op fetten Donneschdeg gin d’Kanner Speck, Er a Miel hêschen“, heißt es bereits 1931 in „Jonghemecht – Zeitschrift für Heimatliches“.
Mehr als 30 Jahre später setzt sich in einem Zeitungsartikel von 1966 Heng Rinnen mit dem „Liichten“ und dem „Heeschen“ auseinander und stellt fest: „Et schéngt dës, wéi wann d’Liichte goe méi fäin wir wéi d’Heesche goen. Well et kann een dach éischter unhuelen, datt d’Heesche goen méi ueter d’Land verbreet wor. Dat beweisen och déi vill Heeschliddercher. Fréier woren et, ounst d’Kanner, och nach arem al Leit, déi op Fetten Donneschdeg d’Dierfer geklappt hun an d’Klenschen drécke gaang si, fir e Fuesentsbrot ze fechten.“ Eindeutige Hinweise darauf, dass das „Heeschen“ seit vielen Jahren in Luxemburg Tradition ist. Unter anderem in Ell werden an Altweiber wieder Kinder dafür sorgen, dass das auch so bleibt.
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