Editorial / Warum brauchen Luxemburgs Parteien ein Abkommen für gute Manieren?
Welch Sieg für Demokratie, Anstand und Moral: Die Luxemburger Parteien haben am Montag ein Abkommen unterzeichnet, in dem sie sich verpflichten, einen „fairen und sachlichen Wahlkampf“ zu führen. Ein schönes Zeichen, leben wir doch in Zeiten von Facebook, Fake News und Populismus.
Was steht im Klartext drin, im tollen Fair-und-sachlich-Abkommen? Kandidaten dürfen andere Kandidaten nicht auf Facebook und Twitter anpöbeln. Sie vermeiden Schmierkampagnen und die wissentliche Verbreitung von Desinformation. Sie stören nicht die Wahlkampfevents der anderen – und engagieren auch keine Trupps, die das für sie „erledigen“. Sie hauen nicht die Plakate der anderen kaputt oder kritzeln schwarze Zähne drauf. Sie distanzieren sich von Parteianhängern, die andere diskriminieren oder sonst wie beleidigen.
Wenn auch Ihre linke Augenbraue beim Lesen dieser Zeilen langsam immer höher in Richtung Stirn gewandert ist: Das könnte daran liegen, dass Sie in der Ära vor Facebook, Youtube, Donald Trump, Qanon, Russia Today und anderen Meinungsbeschleunigern oder rechtspopulistischen Projekten (die es, wie wir alle wissen, sehr wohl auch in Luxemburg gibt) politisch sozialisiert wurden. Ja, es gab sie, jene Zeiten, in denen man einfach nur als kompletter Vollidiot bezeichnet wurde, wenn man einem Gegenkandidaten vorgeworfen hatte, dass er das Blut gefolterter Kinder trinken würde. Heutzutage wird man damit Präsident.
Zugegeben: Populismus und Schmierkampagnen gibt es nicht erst seit gestern und Wahlkämpfe waren auch schon vor der Erfindung des Hasskommentars keine Auseinandersetzungen, die mit Sachlichkeit glänzten. Aber wer seine Likes bei Tiktok, Insta und Facebook unter Gewaltenteilung und Pluralismus gesetzt hat, der muss angesichts jener Grundsätze, die sich die Parteien da aufgestellt haben, schon schlucken. Ist das nötig? Sind das die Regeln für den Wettbewerb um Sitze in den Parlamenten eines souveränen, demokratischen, liberalen Nationalstaats in der Europäischen Union? Oder für die Wahl des Schulsprechers vom Boris-Johnson-Lyzeum?
Dass ein Abkommen nötig ist – auch und gerade wenn es nur moralische Selbstverpflichtung ist –, um den Wahlkämpfern von „persönlichen Beleidigungen“ oder der „Beschädigung von Material anderer Parteien“ abzuraten, spricht nicht gerade für die politische Kultur unserer Zeit. Im Gegenteil: Es ist mehr Zeugnis der als Gegenentwurf zur Verrohung der politischen Auseinandersetzung auf der Mikroebene, die in den vergangenen Jahren immer polarisierter, brutaler und irrationaler wurde.
Ist das Luxemburger Wahlkampfabkommen notwendig? Leider ja. Wird es irgendeine noch so kleine Wirkung entfalten? Mit Sicherheit nicht. Das Tageblatt wird in den kommenden Monaten jedenfalls ein Auge darauf haben, welche politischen Parteien sich wie sehr an die selbstgesetzten Regeln halten – und welche nicht.
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Gute Manieren = gute Kinderstube und meistens auch den nötigen IQ dazu.
Gin mat desem Accord net och Wo’uerechten verstoppt ?
Mam ADR ass dat a Must.
Gewësse Leit aus der LSAP géif et gutt kommen de Mond ze halen.
Wéinst der ADR, wat soss.