Amiperas-Generalsekretärin / Warum Edmée Anen nicht in eine Schublade passt
Ein Gespräch mit Edmée Anen sollte es werden. Keines über die Amiperas, deren Generalsekretärin sie seit 50 Jahren ist. Am Ende ist klar: Das eine geht nicht ohne das andere. Porträt einer Frau, die sich in vielen Bereichen engagiert und dabei stets ein offenes Ohr für die Belange älterer Menschen hat.
Edmée Anen passt in keine Schublade. Wohl auch deshalb mag sie ihr Alter nicht preisgeben. „Das führt nur zu Gerede.“ Und dass man sie dann einordnen würde, was, so scheint es, ihr nicht behagt. Sie wirkt lebhaft, aufgeschlossen und trägt ein Amulett mit dem Yin-und-Yang-Symbol. Geraucht habe sie nie. „Mal ein Gläschen getrunken, weil jemand aus der Familie Winzer war.“
Edmée Anen, in Düdelingen geboren, zweimal verheiratet, geschieden, zwei Kinder, fünf Enkelkinder, passt in vielen Hinsichten nicht in gängige Vorstellungen. Ihr Büro liegt in Bonneweg, in einem Haus, das der Bauwut im Viertel bislang die Stirn geboten hat. Auch das passt zu Edmée Anen. Das Haus gehört der Amiperas, jener Organisation, die sich seit rund 60 Jahren für die Interessen, Rechte und Integration der älteren Menschen in unserer Gesellschaft einsetzt. Anen ist seit mehr als 50 Jahren mit dabei – als Generalsekretärin und Mitglied des Verwaltungsrates – bis heute.
Es muss schon viel kommen, damit sie, wie jüngst, einer hartnäckigen Bronchitis geschuldet, das Bett hüten und ihrem Arbeitsplatz fernbleiben muss. Antibiotika habe sie keine genommen: „Die vertrage ich nicht, ich setze liebe auf sanftere Medizin. Die hilft auch, dauert halt nur ein bisschen länger.“
Mit der Stadt Düdelingen ist Anen eng verbunden. Dort wurde sie geboren, dort lebt sie heute noch. In der Südgemeinde besuchte sie auch die Grundschule. „Mit dem Tretroller bin ich als kleines Kind durch die ganze Stadt gefahren, meiner Mutter standen die Haare zu Berge.“
Nach der Grundschule ging sie nach Diekirch ins Internat. Nach dem Passage-Examen (früher am Ende der 4e) nahm sie eine Stelle im Arbeitsministerium an: „Das war aber nicht das Richtige.“ Deshalb beschloss sie, ihr Abitur nachzuholen. „In Abendkursen, keine einfache Aufgabe.“ Anschließend schrieb sie sich an der Universität Trier ein. Mit einem Master in Politik und Soziologie kehrte sie zurück und wechselte quasi direkt von der Schulbank zur 1963 gegründeten Amiperas. Dort wurde sie als Generalsekretärin „eingestellt“. Ehrenamtlich. „Ich war damals bereits verheiratet.“ Sie brauchte also nicht erwerbstätig zu arbeiten, gibt sie zu verstehen. „Außerdem hatte die Amiperas kein Geld.“
Dann kam die Scheidung. Ihr Mann habe sie verlassen und sei ins Ausland gezogen, erzählt sie und wirkt nachdenklich. Noch heute würde sie sich um die Familienangehörigen ihres Ex-Mannes kümmern. Rosig sei die finanzielle Lage damals nicht gewesen. „Die Amiperas zahlte mir einen kleinen Lohn, viel war es nicht, aber da ich mit meiner Mutter zusammenwohnte, kamen wir mit ihrer Pension über die Runden.“
Heute bezieht Edmée Anen eine Rente. Davon lebt sie. Zwei Wohnungen in ihrem Haus hat sie vermietet. Aber ein Mieter vergesse, die Nebenkosten zu zahlen, und der andere habe das Appartement in schlechtem Zustand zurückgelassen. „Ich habe kein Glück mit Geld“, sagt sie wie zu sich selbst, um kurz danach vehement hinzuzufügen: „Ich lasse mich nicht unterkriegen!“
Ihr Leben als bewegt und nicht immer einfach zu bezeichnen, ist alles andere als eine Übertreibung. „Ich habe einiges erlebt, habe aber immer gedacht, dass, wenn es schlecht geht, es auch wieder mal besser gehen werde.“
Rechtsextreme Tendenzen
Politisch sei sie nach wie vor sehr interessiert: „Ich wundere mich über das, was in der Politik geschieht.“ Die ganzen rechtsextremen Tendenzen, in Deutschland, aber auch in Luxemburg stimmen sie nachdenklich, besonders jetzt im Hinblick auf die Europawahlen. Es erschrecke sie, wie uninformiert manche Leute seien.
Mit 18 Jahren sei sie kurze Zeit Mitglied der CSV gewesen. Danach wechselte sie zur LSAP, für die sie auch mal im Düdelinger Gemeinderat gesessen hat. Mitglied der Partei ist sie immer noch. Sie ist auch Mitglied der Arbeiterkammer und der OGBL-Rentnerabteilung.
Es ist eine Sache, im Alter rüstig zu sein und Geld zu haben. Dann ist vieles in Ordnung. Aber es gibt viele, die wenig Geld, die kleine Renten haben. Um die muss sich stärker gesorgt werden.Amiperas-Generalsekretärin
Als Generalsekretärin der Amiperas ist sie zurzeit damit beschäftigt, einen neuen Präsidenten zu suchen. „Ein Präsident ist wichtig, damit ich bei größeren Entscheidungen abgesichert bin.“ Der Präsident solle aber auch helfen, die Interessen der Amiperas zu vertreten, vor allem wenn es um finanzielle Unterstützung geht: „Daran mangelt es sehr, wir können nicht mehr alle Aktivitäten abdecken!“
Edmée Anen ist auch Mitglied der 1962 gegründeten European Federation of Older Persons (Eurag), die ihren Sitz in Luxemburg hat. Von 1997 bis 2005 war sie Eurag-Präsidentin. In dieser Funktion sei sie viel in der Welt herumgekommen. Sie habe viele Reden gehalten, „alle aufbewahrt“, und interessante Menschen kennengelernt. Die Amiperas ist immer noch Mitglied von Eurag, kann aber nicht mehr wirklich teilnehmen, weil es vom Ministerium kein Geld mehr für diese Aktivitäten gebe, sagt Anen. „Aber wir werden uns einsetzen und, wenn es sein muss, streiten, mit Minister Max Hahn.“
Warum dieses Engagement für ältere Menschen? „Ich bin jung da hineingeraten, habe schnell gemerkt, dass viele Sachen nicht funktionieren und dass ältere Menschen diskriminiert werden, und das bis heute. Manchmal denke ich, es wäre Politikern lieber, wenn ältere Menschen nicht mehr da wären, dann müssten keine Pensionen bezahlt werden. Es ist ein Skandal, wie teilweise noch heute mit älteren Menschen umgegangen wird. Respekt muss sein, nicht vorrangig des Alters wegen, sondern einfach Respekt vorm Menschen.“ Diesen Respekt vermisst sie älteren Menschen gegenüber: „Ältere Menschen sollen mehr mitentscheiden können, statt bevormundet oder von oben herab behandelt zu werden“, sagt sie und fügt hinzu: „Ich würde niemanden ins Altersheim geben.“
Natürlich habe sich einiges zum Guten verändert. „Aber es ist eine Sache, im Alter rüstig zu sein und Geld zu haben. Dann ist vieles in Ordnung. Aber es gibt viele, die wenig Geld, die kleine Renten haben. Um die muss sich stärker gesorgt werden.“ Viel Verbesserungspotenzial bestünde zum Beispiel bei Steuerfragen, vor allem aber bei der Unterstützung älterer Menschen, damit sie länger am sozialen Leben teilnehmen könnten.
„Haarsträubende Zustände“
Was macht Edmée Anen sonst noch? „Vieles!“ Zum Beispiel ist sie aktives Gründungsmitglied der „Femmes en détresse“, seit fast 35 Jahren bei „Omega 90“, sie ist außerdem Sekretärin bei der „Amicale des enrôlés de force Dudelange“ und das sind nur einige ihrer Aktivitäten.
Fotografie ist eines ihrer Hobbys. „Viele Fotos bei Amiperas-Veranstaltungen habe ich selber gemacht“, sagt sie und fachsimpelt mit dem Fotografen über Fotoapparate. Verreisen tut sie auch gerne: „Das ist aus familiären Gründen nicht immer möglich, manchmal mache ich aber etwas für meine Gesundheit und gehe für eine Entgiftungskur in eine alternative Klinik.“
Lesen tut sie leidenschaftlich. Zeitungen und Bücher. „Hauptsächlich aber über Themen, die Leute vielleicht weniger interessieren.“ Zum Beispiel „Einweihung von Elisabeth Haich“, ein Buch über Mystik, Karma und Reinkarnation: „Eine sehr interessante Erklärung, warum der Mensch auf der Welt ist.“ Natürlich lese sie auch Bücher über das Alter und wissenschaftliche Publikationen: „Wenn ich müder bin, dann greife ich zum Krimi, zum Beispiel von Agatha Christie.“ Zwei Bücher hat sie geschrieben: „Altern, das neue Abenteuer“, gemeinsam mit Mars Di Bartolomeo und Lucien Lux. Und im Alleingang: „Unser Platz in der Gesellschaft, im Spannungsfeld von Jung und Alt.“
Unser Gespräch bringt uns immer wieder zur Amiperas. Dort sei sie immer noch viel in den einzelnen Sektionen der Vereinigung unterwegs, sagt sie: „Auch wenn es immer weniger Sektionen gibt, weil auch dort die mangelnde Bereitschaft für das Ehrenamt ihre Spuren hinterlässt.“ Bei all ihren Aktivitäten behält Edmée Anen stets ein offenes Ohr für die Belange älterer Menschen: „Mir wird viel erzählt, wo was nicht klappt. Das ist oft haarsträubend und unserer Gesellschaft nicht würdig.“
Wenn man Edmée Anen reden hört, dann versteht man, warum sie nicht aufhören will oder kann. Zu viel bleibt zu tun. Berühren sollte das jeden, denn älter werden wird jeder – früher oder später.
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