Junglinster / „Warum etwas Gutes stoppen?“ – Verteilaktion gegen Lebensmittelverschwendung geht weiter
Ein Projekt gegen Lebensmittelverschwendung wurde Anfang Februar unter anderem in Junglinster für beendet erklärt. Nun allerdings werden dort wieder kostenlose Nahrungsmittel verteilt – unter anderen Namen, aber immer noch von denselben ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern.
Gut erhaltene Nahrungsmittel vor dem Mülleimer retten und dafür sorgen, dass diese noch gegessen werden – das war eines der Hauptziele der sogenannten „Distribution Days“, die in Befort, Dahlem/Garnich, Düdelingen, Junglinster und Schengen organisiert wurden. Anfang Februar verkündete der gemeinnützige Verein „Foodsharing Luxembourg“ dann das Aus der nationalen Verteilaktion von Lebensmitteln. Unter anderem in Junglinster wird diese nun aber weitergeführt. Von einer anderen Vereinigung, aber mit der Beteiligung von denselben freiwilligen Helferinnen und Helfern.
„Seit zehn Jahren bin ich im Foodsharing aktiv und für mich war klar, dass wir weitermachen. Denn warum sollte man etwas Gutes stoppen? Dafür ist das Thema einfach zu wichtig“, erklärt dazu Annick Feipel. Sie war die Hauptverantwortliche der „Distribution Days“ in Junglinster und hat sich nun zusammen mit rund 30 anderen aktiven Freiwilligen der gemeinnützigen Organisation „Ôpen“ angeschlossen. Diese wurde im September 2022 gegründet und hat die Räumlichkeiten eines ehemaligen Blumenladens in Junglinster in eine Art Gemeinschaftsstätte für Bürgerinnen und Bürger verwandelt.
Massenhaft Brezeln
Und dort werden bei „Ôpen Food“ jetzt wieder wöchentlich Backwaren, Milchprodukte sowie Obst und Gemüse an die Menschen weitergegeben – immer mittwochs von 18 bis 19 Uhr. Ehrenamtliche holen die Produkte zuvor bei Supermärkten ab, die diese aus verschiedenen Gründen nicht mehr verkaufen, z.B. weil Gemüse nicht die richtige Form oder der Joghurt ein Mindesthaltbarkeitsdatum vom gleichen Tag hat. Auch saisonbedingt werden laut Annick Feipel oft noch genießbare Lebensmittel aus den Regalen genommen. „Wenn Ostern beispielsweise vorbei ist, haben die Supermärkte noch massenweise Schokoladeneier über und wissen nicht, wohin damit. Nach ‚Bretzelsonndeg‘ haben wir auch haufenweise Brezeln abgeholt.“
Immer noch werden am Ende des Tages viele Lebensmittel so weggeworfen – oder eben von Annick Feipel und anderen Freiwilligen abgeholt. Die engagierte Frau lässt deshalb auch ein Argument nicht gelten, das „Foodsharing Luxembourg“ bei der Beendigung der landesweiten „Distribution Days“ als Erklärung genannt hatte. Nämlich dass die Läden inzwischen nicht mehr ausreichend abzugeben hätten. „Wir bekommen jede Woche noch viel zusammen. Zwar haben sich einige Supermärkte Gedanken gemacht – und es landet etwas weniger in der Tonne – dennoch bleibt am Ende immer noch viel übrig.“
Doch auch die rund um Lebensmittel geltenden Auflagen hatte „Foodsharing Luxembourg“ als Grund für den Stopp der Aktion genannt. Die große Herausforderung für Projekte dieser Art – die oftmals von Freiwilligen organisiert werden – ist, dass diese in Luxemburg ähnlich wie Betriebe eingestuft werden. Und deshalb die Rückverfolgung der Lebensmittel sicherstellen müssen. Also angeben müssen, wo die verteilte Ware herkommt und zu welchem Lot diese gehört. Annick Feipel weiß um die Tücken der Gesetzgebung. Sie ist allerdings überzeugt, dass sich mit ausreichend Zeit gemeinsam mit der „Santé“ Lösungen finden lassen.
Positiv gestimmt
„Das Thema ist hierzulande weniger verbreitet als zum Beispiel in Deutschland. Aber die Gesundheitsbehörde ist zum Dialog bereit und deshalb wollen wir gemeinsam schauen, wie wir das Problem angehen können“, erklärt Annick Feipel. Und verweist darauf, dass in Garnich nun in Form einer App eine Problemlösung gefunden wurde. Dank dieser lassen sich die verschiedenen Informationen zu den verteilten Lebensmitteln einfacher festhalten. Nicht nur in Junglinster, sondern eben auch in Garnich sowie in Befort geht die Aktion gegen Lebensmittelverschwendung weiter.
Kostenlose Nahrungsmittel abholen kann dabei, wer will – unabhängig der finanziellen sowie sozialen Lebenssituation. „Der Background der Menschen spielt für uns keine Rolle. Ebenso wenig der Kontostand. Uns geht es um das Antigaspi-Thema und die Sensibilisierung.“ Und so soll auch die pädagogische Dimension des Projektes wachsen. Kindergruppen könnten dann zu „Ôpen Food“ eingeladen werden, um sich die Menge an eigentlich für die Tonne bestimmte Lebensmitteln anzusehen. Und, erklärt Annick Feipel: „Wir wollen auch Workshops organisieren, in denen wir gemeinsam kochen und schauen, wie Reste verwertet werden können.“ Und so scheint eines sicher: Ebenso wie Lebensmittelverschwendung noch nicht als beendet gilt, ist es auch mit der Verteilaktion noch nicht vorbei.
Der Verein hinter der Aktion
Die neue Vereinigung „Ôpen“ will in Junglinster einen Ort für Bürgerinnen und Bürger schaffen, an dem sie sich begegnen und die Welt von morgen formen können. Gemeinsam werden die Räumlichkeiten eines einstigen Blumenladens zu einem sogenannten „tiers-lieu“ umgestaltet. Auf 200 Quadratmetern werden so unter anderem ein Café und ausreichend Raum für verschiedene Workshops entstehen. Für die Präsidentin des Vereins, Perrine Pouget, war es von Anfang an klar, dass das Thema „Foodsharing“ Teil des Projektes werden sollte: „Wie der Zufall es so wollte, wurde für die Verteilaktion ein geeigneter Ort gesucht. Für uns war es gar keine Frage, dass das zu unseren Werten passt“, erklärt Perrine Pouget. Finanzielle Unterstützung gibt es für „Ôpen“ von der Gemeinde und der „Œuvre nationale de secours Grande-Duchesse Charlotte“. Am 22. Mai sollen die Räumlichkeiten offiziell eingeweiht werden. Mehr Informationen zum gesamten Projekt gibt es bei einer Versammlung am 23. April sowie in den sozialen Medien unter „Ôpen (Ôpen maison citoyenne)“.
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