Equality Officer / Warum Luxemburgs Wissenschaft bei der Gleichstellung hintenansteht
Wenn es um Gleichstellung geht, dann hapert es noch in Luxemburgs Wissenschaftsbetrieb. Das geht aus den Zahlen deutlich hervor. Yves Greis hat sich mit der Gleichstellungsbeauftragten der Uni, Skerdilajda Zanaj, über ihre Aufgaben und ihre Herausforderungen unterhalten.
An der Universität Luxemburg wird man niemanden finden, der offen gegen die Gleichstellung ist – niemand, der sagen würde, dass Frauen weniger qualifiziert sind als Männer. Und dennoch gehört Luxemburg zu den Schlusslichtern in Europa, wenn es um die Umsetzung der Gleichstellung im akademischen Bereich geht. Das erzählt die Gleichstellungsbeauftragte Skerdilajda Zanaj (offizieller Titel: „Gender Equality Officer“).
Ein Blick auf die Zahlen soll illustrieren, worum es geht. Von den 267 „Profs“ an der Uni sind gerade einmal 67 Frauen. Von den 654 Doktorand:Innen sind gerade einmal 259 Frauen (rund 40%). In den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) ist das Verhältnis noch viel unausgewogener.
Es ist ein allgemeines Phänomen, dass gleich viele (wenn nicht mehr) Frauen als Männer ein Bachelor-Studium machen. Je höher der akademische Grad, desto weniger Frauen finden sich in den Hörsälen. Dafür gibt es sogar einen Term, sagt Skerdilajda Zanaj: Leaky Pipeline (dt.: undichte Rohrleitung). Mit den Händen macht sie eine Pyramidenform, um anzudeuten, dass die Zahl der Frauen nach oben hin kleiner wird. Das ist keinesfalls nur in Luxemburg so.
Ein solches Verhältnis wie in Luxemburg ist aber keineswegs normal an europäischen Universitäten. Laut einer Untersuchung der Europäischen Kommission lag der Anteil der Doktorandinnen 2016 in der EU zwischen rund 40 und 60 Prozent. In Slowenien waren es 61,3 Prozent, in Zypern 60 Prozent und in Ungarn 55 Prozent. Luxemburg belegte mit seinen 40,2 Prozent den letzten Platz in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Selbst im Bildungsbereich, der in den meisten europäischen Ländern haushoch von Frauen dominiert wird, sind, laut dem Kommissionsbericht, in Luxemburg nur 40 Prozent der Doktorand:Innen weiblich.
Woran liegt das? „Diese Zahlen sind sehr stabil“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte im Gespräch. Das Verhältnis sei seit der Entstehung der Uni fast unverändert. Die eine einfache Erklärung gebe es dafür nicht, sagt sie. Aber sie kann eine Reihe von Einflussfaktoren auflisten. Solche, die direkt mit der Uni zusammenhängen, und solche, die von außen kommen. Zum einen habe die Universität historisch versucht, sehr ambitioniert und wettbewerbsorientiert zu sein, erklärt sie. Das hat kaum Raum gelassen, um anderen Gesichtspunkten eine Bedeutung zuzumessen.
Dabei hat eigentlich niemand etwas gegen Gleichberechtigung. „Ich sehe keine explizite Agenda gegen Gender. Was ich jedoch oft sehe ist ein mangelndes Bewusstsein für unsere eigenen Befangenheiten, die jeder von uns hat“, sagt sie. Gemeint sind etwa Affinitäten, die uns selber nicht immer bewusst sind. Etwa, wenn jemand sein Leben lang nur mit Männern gearbeitet hat und deshalb wie selbstverständlich einen männlichen Kandidaten auswählt.
Hinzu komme, dass sich Frauen und Männer anders im Wettbewerb verhalten. Eine gängige These ist, dass Männer eher dick auftragen, während Frauen, obwohl sie gut qualifiziert sind, viel weniger selbstsicher sind. „Dazu gibt es Forschungen“, erklärt Zanaj.
Und es gibt sogar Probleme, die mit den Räumlichkeiten der Uni zu tun haben. Die Gleichstellungsbeauftragte spricht ein besonderes Problem an, das Forscherinnen betrifft, die im Labor arbeiten. Werden sie schwanger, dann sei eine Arbeit im Labor, wegen des besonderen Schutzes, der Mutter und Kind zuteilwird, oft nicht mehr möglich, erklärt sie. Die Uni verfüge über großräumige Labore, in denen mehrere Forschende gleichzeitig ihrer Arbeit nachgehen. Hantiert einer von ihnen mit einem Stoff, mit dem die Schwangere nicht in Kontakt kommen darf, ist das Labor für sie tabu. „Die Labore wurden gebaut, ohne darauf Rücksicht zu nehmen.“ In Deutschland und in anderen Ländern seien die Labore hingegen darauf vorbereitet, dass Schwangere gefahrlos weiter forschen können.
Weggeschnappt
Daneben nennt die Gleichstellungsbeauftragte den rigorosen Einstellungsprozess der Universität. Der Uni würden gute Wissenschaftlerinnen vor der Nase weggeschnappt, erklärt sie. Dieses Phänomen trifft natürlich auch auf Männer zu. Da das Angebot an Kandidatinnen aber kleiner ist als das Angebot an Kandidaten, trifft es auf sie besonders zu. „Wenn es drei Monate braucht, um einer Kandidatin ein Angebot zu machen, dann hat sie bereits ein anderes Angebot angenommen“, so Zanaj.
Ein anderes Problem liegt nicht an der Universität, sondern am Gesetzgeber: die befristeten Verträge. Diese sind in der Wissenschaft üblich – auch in Luxemburg. Das luxemburgische Arbeitsgesetz sieht vor, dass befristete Arbeitsverträge nur in besonderen Ausnahmefällen und nur für eine begrenzte Zeit abgeschlossen werden dürfen. Die Wissenschaft gilt als eine solche Ausnahme, bei der kein unbefristeter Arbeitsvertrag geschlossen werden muss. Hier liegt die maximale Dauer bei fünf Jahren (60 Monaten), anstatt der üblichen zwei Jahre. „Ich bin Ökonomin und ich beschäftige mich mit Arbeitsökonomie. Ich verstehe die Gründe dafür sehr gut“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte. „Aber wenn Sie PhD-Studentin sind und zwei Schwangerschaften haben, dann sind diese fünf Jahre bald aufgebraucht. Und was machen Sie dann? Dann können Sie Ihre Forschung nicht weiterführen.“
Doch was macht eigentlich die Gleichstellungsbeauftragte der Uni? Die Stelle gab es an der Hochschule schon vorher, erklärt Skerdilajda Zanaj. Doch durch die Novelle des Gesetzes von 2018 wurde ihr Wirkungsbereich und ihre Verantwortlichkeit genauer umrissen. Seitdem hat sie die Position inne. Besetzt wird die Position vom Rektor der Universität.
Die Gleichstellungsbeauftragte ist an der Uni ein Mitglied im Universitätsrat. Allerdings hat sie kein Stimmrecht. Dieses Gremium „unterstützt das Rektorat bei der Erarbeitung des mehrjährigen Entwicklungsplans und berät über die pädagogischen und wissenschaftlichen Angelegenheiten der Universität“. Der Rat erarbeitet für die Führungsetage der Universität Gutachten, in die auch die Bedenken und Anregungen der Gleichstellungsbeauftragten mit einfließen. „Meine Arbeit ist es, schwarz auf weiß niederzuschreiben, warum eine Entscheidung problematisch sein könnte. Und dann ist es am ,Conseil de gouvernance‘ und am Rektorat, sich darum zu kümmern.“ Skerdilajda Zanaj versichert, dass ihren Positionen dort Gehör geschenkt wird. „Ich erinnere mich nicht an einen einzigen Einwand von mir in einem Gutachten, der nicht berücksichtigt worden ist“, sagt sie.
Ihre Aufgabe sieht sie nun darin, zu sensibilisieren. Dazu gehöre auch, die genderbezogenen Statistiken der Uni zu veröffentlichen. Ein Genderaudit wurde bereits gemacht und die Resultate veröffentlicht. Daneben werden nun auch in den unterschiedlichen Bereichen der Uni Lerninhalte in Verbindung mit Gleichstellung und Gender angeboten.
Daneben steht die Gleichstellungsbeauftragte den Menschen an der Universität bei allen Problemen, die es Rund um die Gleichberechtigung geht, zur Seite. Hier überschneiden sich ihre Aufgaben mit der Personaldelegation. In einigen Dossiers arbeiten sie deshalb zusammen. „Natürlich ist der Aufgabenbereich der Delegation viel breiter, weil sie sich nicht nur um Gender kümmert. Aber wenn es um Gender geht, dann bin ich beteiligt.“
Die Gleichstellungsbeauftragte kann auch über positive Neuerungen berichten: Im Mai 2021 hat die Universität eine „Gleichstellungspolitik“ verabschiedet. Dies ist ein wichtiges Projekt der Gleichstellungsbeauftragten, das einen Rahmen für die Gleichstellungsbemühungen der Universität bietet. Eine weitere positive Entwicklung, die die Universität im Jahr 2022 einführen wird, ist, dass die Formulare der Universität nicht mehr nur „männlich“ und „weiblich“ als Antwortmöglichkeiten zulassen, damit Personen, die sich weder dem einen noch dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen, besser erfasst werden können.
In Zukunft müsse der Einstellungsprozess dynamischer werden, damit nicht andere Arbeitgeber der Uni die besten (weiblichen) Talente vor der Nase wegschnappen. Letzten Endes müsste man Studierende besser „mentoren“ und darauf hinarbeiten, dass mehr Frauen im Universitätsbetrieb bleiben, sodass die Pipeline nicht mehr ganz so „leaky“ ist.
/Innen und kein Ende. Der Mond /die Möndin. Es fängt an peinlich zu werden. Sogar bei TV sieht man nur noch Komissar/Innen und der alte Rex wurde zur Rex/in. Seit wir /Innen in der Politik haben hat sich nicht viel geändert,oder? AKK,Merkel,Schmit,Leyen(von der),Semedo,etc. Was wollt ihr denn verdammt nochmal? Verschlimmbesserung? Jetzt zieht die deutsche Grünkern-Ministerin Baerbock durch die Welt und verbreitet Fettnäpfchen in die der Scholz hineintreten darf. Jesses.
@HTK OK Boomer