BGL Ligue / Warum Racing-Trainer Marco Martino zwar „positiv, aber nicht blind“ ist
Der RFCU Lëtzebuerg hat sich im vergangenen Sommer ein neues, jüngeres Gesicht verpasst. Marco Martino, der das Traineramt übernommen hat, sprach im Interview über die eigene Geschichte, den Saisonverlauf und die persönlichen Zukunftspläne an der Seitenlinie.
Tageblatt: Sie sind mit 29 Jahren der jüngste Coach der BGL Ligue und bereits im Besitz einer UEFA-A-Lizenz. Warum haben Sie sich so früh für das Traineramt entschieden?
Marco Martino: Ich war 16 und spielte selbst noch mit den Cadets, als ich zum ersten Mal bei den Bambinis eingesprungen bin, um beim Team meines Bruders, der zehn Jahre jünger ist, auszuhelfen. Von einer Trainerkarriere konnte man zwar damals nicht reden, aber es hat Spaß gemacht. Es war mir auch früh bewusst, dass ich nicht mit Anfang 20 in ein Loch fallen wollte, wenn es mit dem fußballerischen Talent nicht mehr reichen würde. Nach vier Jahren stand fest, dass es nur noch in eine Richtung gehen würde, da ich kein Freund von halben Sachen bin. Das Traineramt bietet einfach die größeren Chancen, um es als Beruf ausüben zu können. Ich denke, dass ich die nötigen Kompetenzen dafür habe, sei es von der Kommunikation, dem Verständnis oder dem Wissen her. Ich denke rund um die Uhr über Fußball nach.
Sie haben den Trainerberuf angesprochen. Wie soll Ihre Zukunft aussehen?
Ich habe bereits viel Zeit investiert. Selbst als ich mein Erasmus-Studium im Ausland etwas weiter weg absolvieren wollte, habe ich mich aufgrund des Fußballs (damals war er Co-Trainer in Strassen) für Metz entschieden. Derzeit bin ich Staatsbeamter, was mir die nötige Flexibilität gibt. Es stand von Anfang an fest, dass ich irgendwann einen Trainerposten im Ausland haben möchte. Dafür muss alles klappen. Es soll nicht negativ klingen, wenn ich das jetzt so sage, aber wie groß ist der Niveauunterschied zu einer 1. Division und dreimal Training die Woche, wenn es in der BGL Ligue viermal pro Woche sind …? Mir ist es wichtig, die richtigen Arbeitsbedingungen zu haben. Das ist das Minimum, damit es sonntags auch nach etwas Richtigem aussehen kann.
Wie sind Sie überhaupt beim Racing gelandet?
Durch Patrick Grettnich (Sportdirektor des RFCUL). Für mich ist er eine Art „El Loco“. Als ich 22 war, hat er mir in Strassen eine Chance gegeben und mich als Co-Trainer ins Team geholt. Im Sommer rief er mich an, nachdem ich schon zweimal abgesagt hatte. Ich konnte nicht mehr ablehnen, wenn ich gleichzeitig behaupte, dass ich mich weiterentwickeln will.
Wie sieht Ihre Philosophie des Fußballs aus?
Es soll ein Spektakel sein. Ich möchte, dass die Zuschauer Begeisterung empfinden und sich sagen, dass es sich lohnt, zurückzukommen. Von den Spielern erwarte ich, dass sie es genießen. Als ich im Sommer ankam, hatte man das Gefühl, für einige wäre der Fußball ein Zwang. Sie sprachen von „müssen“. Das sehe ich anders. Meiner Meinung nach muss man Spaß haben, um Leistung zu bringen. Das Minimum, das ich verlange, ist, dass die Spieler sich als Team und Einheit benehmen, nicht als elf einzelne Fußballspieler. Das sind auch die Erwartungen des Vereins. Klar, es gibt schlechte Tage, an denen es nicht läuft.
Wie fällt Ihr Fazit der ersten neun Spiele aus?
Wenn man streng ist und als Zeitungsleser nur die Ergebnisse am Montag sieht, sagt man sich, es sei nicht gut. Wir sind Drittletzte, das ist nicht gut genug. Als Trainer behaupte ich aber, dass wir in jedem Spiel leistungsfähig waren. Allerdings – und das ist kein Geheimnis – gab es im Sommer diesen Umbruch. Es haben 20 Spieler den Klub verlassen, ein Dutzend Leute mussten integriert werden. Ich finde, dass wir es nach der Länderspielpause geschafft haben, unser Gesicht zu zeigen.
Nur eine Mannschaft hat weniger Tore geschossen. Liegt es daran, dass die Mannschaft sich nicht die nötigen Möglichkeiten herausspielt oder geht sie schlecht mit den Chancen um?
Beim Racing fehlen uns die Optionen auf den Flügeln, um in einem 4-2-3-1- oder 4-3-3-System zu spielen. Heißt also, dass wir mit zwei Stürmern antreten. Man muss aber nicht unbedingt die meisten Tore schießen, um zu gewinnen. Ich würde nicht behaupten, dass wir in der Offensive ein Problem haben. In den vergangenen vier Spielen sah man schon, dass es in die richtige Richtung ging.
Werden Sie im Winter also gezielt nach Flügelspielern schauen?
Das wird wohl nicht der Fall sein, da wir dann schon vier bräuchten, um doppelt besetzt zu sein. Das Risiko wäre zu groß. Zudem ist es ganz schwer, solche Profile im Winter zu finden.
Muss in der aktuellen Lage auf den Tisch gehauen werden?
Ich bin ein ganz positiver Mensch, aber auch nicht blind. Es wird nichts schöngeredet. Gleichzeitig gibt es keinen Grund zur Aufregung. Die Teams liegen in der Tabelle noch alle eng beieinander, mit zwei Siegen ist man wieder oben dabei. Mit Gemecker kann niemand etwas anfangen. Zudem war unsere Leistung auf dem Platz ja nicht grenzwertig, sondern kampfbetont. Unser Ziel bleibt der Klassenerhalt.
Am Wochenende ist Niederkorn beim Racing zu Gast. Was erwartet Sie – nach den zwei Heimsiegen – diesmal im heimischen Stadion?
Wenn der Fußball sich an die Tabelle hält, dann verlieren wir am Sonntag. Aber so überlege ich nicht. Die Teams von Jeff Strasser sind immer extrem diszipliniert. Wir können trotzdem ohne Angst antreten.
Noch eine letzte Frage zur familiären Situation: Was bedeutet es, den Cousin als Assistenten im Trainerteam zu haben?
Mein früherer Co-Trainer hatte mir bereits mitgeteilt, dass er kürzertreten wolle. Ich habe zwar gesucht, aber niemanden gefunden, der so denkt wie ich. Wenn es dann die Möglichkeit gab, hat es wieder anderswo nicht gepasst. Schlussendlich habe ich ihn angerufen und ihm auch klar gesagt, es wäre mir bewusst, dass er kein einfacher Mensch sei (lacht). Wir sind hart zueinander. Zu diesem Zeitpunkt gingen wir beide davon aus, dass wir in Kehlen arbeiten würden – allerdings rief mich eine halbe Stunde nach diesem Telefonat Patrick Grettnich an … Ich habe „Mas“ dann danach noch mal angerufen. Er dachte, ich würde ihn auf den Arm nehmen. Ich weiß, dass er loyal ist und wir gemeinsam als Einheit auftreten können. Das ist nicht überall der Fall.
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