Editorial / Warum wir Reinigungskräften würdige Arbeitsbedingungen schuldig sind
Die Missstände in Luxemburgs Reinigungsbranche sind vielzählig. Die Verhandlungen für einen neuen Kollektivvertrag, der die Probleme beheben könnte, verlaufen schleppend. Dabei hat die Krise die Wichtigkeit dieser Berufe umso deutlicher gemacht – nicht nur für unser aller Wohlbefinden, sondern für unser aller Gesundheit.
Eine neue Studie des „Luxembourg Institute of Socio-Economic Research“ (Liser) hat ergeben, dass der Reinigungssektor im vergangenen Jahrzehnt ein beträchtliches Wachstum erfahren hat. Gründe dafür sind die Auslagerung der Reinigungsarbeiten durch Unternehmen, die Tertiärisierung der Wirtschaft und die Stärkung von Gesundheitsschutz- und Sicherheitsnormen. Die Zahl der Unternehmen in dieser Branche hat sich seitdem verdoppelt. Der Umsatz konnte sich im selben Maße steigern.
Trotzdem verdienen die Angestellten im Reinigungssektor hierzulande am wenigsten. Die Hälfte der 11.200 in Luxemburg beschäftigten Putzkräfte haben im März 2019 unter 12,60 Euro Bruttobasisstundenlohn verdient. Das sind sieben Euro weniger als bei der Gesamtzahl der Arbeitnehmer hierzulande.
Das soziodemografische Profil der hauptberuflich im Reinigungssektor Angestellten ist laut Liser-Studie wie folgt: Es sind überwiegend Frauen (83%), Personen mit portugiesischer Staatsangehörigkeit (53%) und mit mindestens einem unterhaltsberechtigten Kind (55%). Sie wohnen häufiger im Kanton Esch (31%) sowie in den französischen Départements Moselle (19%) und Meurthe-et-Moselle (12%).
Was besonders auffällt, ist die allgemeine Arbeitsplatzunsicherheit jener Frauen, die sich in den meisten Fällen um mindestens ein Kind kümmern müssen. 87% der Beschäftigten verfügten im März 2019 über einen befristeten Arbeitsvertrag, der oft von besonders kurzer Dauer ist. Auch Teilzeitarbeit ist die Norm – obwohl über die Hälfte der Betroffenen lieber Vollzeit arbeiten würden.
Über ihre Probleme schweigen die Reinigungskräfte meistens. Als Konsequenz wird auch in der Öffentlichkeit nicht darüber gesprochen. Vielen Beschäftigten der Branche ist noch nicht einmal bewusst, dass sie ausgebeutet werden. Sie kennen es nicht anders. Es ist an der Zeit, ihnen ihre Rechte aufzuzeigen und sie darüber aufzuklären, dass es eben nicht normal ist, dass Überstunden nicht bezahlt werden. Dass es nicht normal ist, in den Schulferien „Congé sans solde“ nehmen zu müssen und damit nicht mehr in Rentenkasse und Sozialversicherung einzuzahlen. Dass es nicht normal ist, ständig eine Kündigung fürchten zu müssen.
Um in Zukunft würdige Bedingungen zu garantieren, sollte die „Fédération des entreprises de nettoyage“ die Forderungen der Gewerkschaften unbedingt in den neuen Kollektivvertrag aufnehmen. An finanziellen Mitteln fehlt es den Unternehmen angesichts des Wachstums in den vergangenen zehn Jahre nicht. Die Corona-Pandemie sollte den Druck, die Forderungen anzunehmen, nur noch erhöhen und den Verhandlungsprozess beschleunigen. Reinigungskräfte tragen einen großen Teil zur Funktionstüchtigkeit unserer Gesellschaft bei. Sie kümmern sich täglich um jeden Einzelnen von uns. Wir schulden es ihnen, dass sich auch um sie gekümmert wird.
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Und sie stehen oft unter gehörigem Zeitdruck, wenn sie ihre Arbeit vernünftig machen wollen.
Um die Preise niedrig zu halten, und vor der Konkurrenz zu bestehen, werden Putzzeiten veranschlagt, die nicht ausreichen, um ein Lokal ordentlich zu reinigen, z.B. eine halbe Stunde pro Tag bei einem Kunden, wo eigentlich eine Stunde nötig wäre.
Op där aner Seit sin ech vu kenger eenzeger Botzfirma esou op d’Aa gedréckt gin wéi vun enger net-staatlecher Entreprise, déi öffentlech bis elo eigentlech just durch falsch Rechnungen opgefall ass, awer nie durch Arbechtseifer a scho guernet durch Qualitéit vum Service.
Jeder Arbeitnehmer, ohne Ausnahme, hat ein Recht auf (menschen)würdige Arbeitsbedingungen. Und jeder Arbeiter, der Strassenfeger oder die Putzfrau, der Bauarbeiter oder die Leute von der Müllabfuhr, verdienen unseren Respekt.