Reaktionen / Was die sechs luxemburgischen EU-Parlamentarier zur Wahl von der Leyens sagen
Die luxemburgischen EU-Parlamentarier sind bei der Wahl der neuen EU-Kommissionspräsidentin der Linie ihrer Faktionen gefolgt: Fünf von ihnen stimmten demnach für Ursula von der Leyen, es gab eine Gegenstimme. Im Plenum stimmten 401 Abgeordnete für die Deutsche, 284 stimmten gegen sie. Wer wie von den luxemburgischen EP-Abgeordneten gestimmt hat, und vor allem warum, erklärten sie uns nach der Abstimmung.
Dass sie ihrer Kandidatin zustimmen würden, erklärt sich von selbst: Isabel Wiseler-Lima und Christophe Hansen gehören als Abgeordnete der Europäischen Volkspartei (EVP) der gleichen Parteienfamilie an wie die Kommissionspräsidentin. „Es ist beruhigend, zu wissen, dass eine Mehrheit gefunden wurde“, meinte Christophe Hansen nach der Bekanntgabe des Ergebnisses. Es habe sich herausgestellt, dass nun auch die Grünen zum Block der Unterstützer zählten, was sich bereits bei den Wahlen zu den EP-Vizepräsidenten abgezeichnet habe, so der CSV-Politiker weiter. Von der Leyen habe eine „stabile Rede“ gehalten, „ohne zu viel anzuecken“. Ihm seien vor allem ihre Aussagen zur Wettbewerbsfähigkeit der EU „ganz wichtig“ gewesen, aber auch, dass es mit dem „Green Deal“ weitergehen soll, erklärte Christophe Hansen, der weiter damit rechnet, dass er der künftigen neuen Kommission von Ursula von der Leyen angehören wird.
„Ich bin absolut überzeugt von unserer Präsidentin“, sagte Isabel Wiseler-Lima, die sich zufrieden darüber zeigte, dass eine Mehrheit Verantwortungsbewusstsein bewiesen habe, „auch wenn sie nicht zu 100 Prozent“ zu von der Leyen stünden. Die EVP-Politikerin verwies auf die Reaktionen im Plenum während der Rede der Kommissionspräsidentin und stellte fest, dass bei den Fraktionen am rechten Rand „kein einziges Mal applaudiert wurde“. „Sie hat nichts mit diesen Leuten zu tun“, meinte Isabel Wiseler-Lima in Bezug auf Vorwürfe, die Kommissionspräsidentin könnte sich um Stimmen von den Rechtspopulisten bemühen. Sie sei „abolut zuversichtlich“ gewesen, dass von der Leyen eine ausreichende Mehrheit erhalte. „Das ist eine Bestätigung, de mehr als verdient ist“, so die CSV-Politikerin.
Das war die erste Etappe
Die Diskussion mit Ursula von der Leyen in seiner Fraktion sei „ganz positiv“ verlaufen und er habe vieles davon in ihrer Rede vor dem Plenum wiedergefunden, fand Marc Angel. Die Kommissionspräsidentin habe „Kompromissbereitschaft gezeigt“ und sei etwa auf die Forderung der Sozialdemokraten, einen Kommissar für die Wohnungspolitik einzusetzen, eingegangen. Von der Leyen begründet dies damit, dass wenn Europäer Probleme hätten, Europa handeln müsse. „Das war ein Satz, der mir gut gefallen hat“, sagte der LSAP-Politiker. Der jedoch auch darauf hinwies, dass dies nur die erste Etappe sei. Seine S&D-Fraktion werde nun „ganz wachsam“ bei den anstehenden Anhörungen der einzelnen Kommissionsanwärter sein, die im Herbst anstehen werden. „Ganz positiv“ bewertet Marc Angel noch den Umstand, „dass auch die Grünen mit an Bord sind“.
Er hatte sich drei „Prüfsteine“ zurechtgelegt, so Charles Goerens: Kommt es zu einer Reform der EU-Verträge, wie steht es mit dem Bürokratieabbau und gibt es eine Strategie für die Erweiterung? Seine Zustimmung galt demnach nur dieser ersten Etappe. Denn im Herbst will der Politiker der liberalen Renew-Fraktion bei der Anhörung der angehenden EU-Kommissare überprüfen, ob die Zusagen der Kommissionspräsidentin noch weiterhin Bestand haben. „Diesen Test müssen sie bestehen“, so Charles Goerens weiter, der demnach mit seinem Votum der Kommissionspräsidentin lediglich „einen Vertrauensvorschuss“ gegeben haben will. Zudem müsse hinsichtlich des Urteils des Europäischen Gerichtshofes über die mangelnde Offenlegung von Informationen über die Beschaffung von Corona-Impfstoffen durch von der Leyen bis zum Herbst noch Klarheit geschaffen werden, forderte der Renew-Politiker.
Tilly Metz: „Es wäre knapp geworden“
„Sie hat uns ernst genommen“, fand die Grünen-Politikerin Tilly Metz. Sie wolle, dass der Green Deal weitergeführt und sozial gerecht gestaltet wird. Dafür brauche es eine starke Stimme der Grünen. Sie habe es daher „quasi als Pflicht empfunden“, Ursula von der Leyen zu unterstützen. „Allerdings nicht um egal welchen Preis“, betont Tilly Metz, die in den vor der Abstimmung im EP veröffentlichten politischen Leitlinien der EU-Kommissionspräsidentin „viele grüne Ideen“ wiedergefunden habe. Die Grünen-Politikerin hielt von der Leyen zudem zugute, dass sie „nicht nach rechts abgedriftet“ sei. „Wenn wir Grünen nicht mehrheitlich für sie gestimmt hätten, wäre es knapp geworden“, meint Tilly Metz allerdings auch, die nun auf „gescheite Allianzen mit Progressiven“ setzt, um etwas in Bewegung zu setzen.
Der ADR-Politiker Fernand Kartheiser hat seinerseits gegen Ursula von der Leyen gestimmt. Ihm gefielen ihre Auslassungen über Russland nicht, mit denen sich Europa isoliere. „Ganz föderalistisch“ seien ihre Pläne zum Ausbau von Europol, da die europäische Polizeibehörde nun auch operationelle Befugnisse erhalten soll. „Ganz schlecht für die europäische Wirtschaft“ findet Fernand Kartheiser zudem das Festhalten der EU-Kommissionschefin am Green Deal. „Komplett absurd“ sei es, einen Kommissar für die Wohnungspolitik einzusetzen. Das sei eine nationale Kompetenz und würde gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen, so der ADR-Politiker weiter. „Das Schlimmste“ seien aber die Vorschläge von der Leyens gegen ausländische Einmischung in die EU durch Falschmeldungen und andere Manipulationen. Nachweislich werden diese in großem Ausmaß hauptsächlich durch russische und chinesische Akteure in Europa verbreitet. Fernand Kartheiser sieht durch von der Leyens Vorschläge die Meinungsfreiheit in der EU in Gefahr.
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