Meischs Ankündigung / Was Eltern und Lehrer von der Auflösung der A/B-Gruppen in der Schule halten
Ab dem 29. Juni soll das aufwendig organisierte Splitting in der Grundschule und im „Secondaire“ der Vergangenheit angehören. Dies hatte Bildungsminister Claude Meisch am Freitag angekündigt. Dabei wurden jedoch die entsprechenden Gesetzesprojekte, die das Splitting und den gesteigerten Personalbedarf explizit vorsehen, zwei Tage davor vom Parlament verabschiedet. Wie soll das nun zusammenpassen? Was halten Eltern und Lehrer von der neuen Ankündigung? Ein Bericht.
Zwei Tage vor der Ankündigung des Bildungsministers Claude Meisch zur Auflösung des Splittings wurden im Parlament mehrere Gesetzesprojekte verabschiedet. Das war am Mittwoch. Darunter befanden sich zwei Projekte, die genau das regeln sollen, was zwei Tage später durch Meischs Ankündigung wieder gekippt wurde. Das war Freitag.
Es sind die Projekte 7588 und 7579. Das erstere erlaubt es Studenten, einen Arbeitsvertrag abzuschließen, der länger als zwei Monate dauert. Dies ermöglicht es, Personal in den Empfangseinrichtungen der Grundschulen aufzustocken. Projekt 7579 stellt die legale Basis für das Splitting auf. Darin wird beschrieben, dass die Schüler eine Woche über die andere zur Schule gehen. Zudem sieht es vor, den Grundschulen mehr Lehrpersonal zur Verfügung zu stellen.
Ohne Splitting braucht man allerdings weder ein Gesetz darüber noch eine derart große Aufstockung an Personal. Meisch sagt, dass das Personal auch weiterhin gebraucht wird. Es soll die fest angestellten Kräfte dabei unterstützen, Schüler, die durch Lockdown und Home-Schooling Defizite erlitten haben, gezielter zu fördern.
Thierry André, Grundschullehrer einer 5. Klasse und Mitglied im Schulkomitee von Beles-Post, sieht die aktuelle Situation recht gelassen. „Seit der Rentrée läuft eigentlich alles ganz gut. Die Kinder haben sich gefreut, wieder in die Schule zu kommen. Sie waren begeistert. Wir hatten in unserer Schule keine traumatisierten Kinder, so wie es manche Leute im Vorfeld der Rentrée befürchtet hatten.“ Das Tragen von Atemschutzmasken habe sie demnach nicht traumatisiert. Zwar könne er nicht leugnen, dass dies eine ungewohnte Situation für die Kinder sei. „Aber die positiven Effekte überwiegen.“
Wenn man sieht, dass die Kinder unterschiedlicher Gruppen nach der Schule zusammen gespielt haben und in den Pfingstferien in der Maison relais gemischt waren, dann denke ich, dass es nicht unbedingt nötig war, die Klassen zu splittenGrundschullehrer
André ist mit dem Splitting einverstanden, unter der Bedingung, dass es die einzige Möglichkeit war, die Kinder überhaupt wieder in die Schule zu bekommen. Es sei jedenfalls besser, als die Kinder zu Hause zu lassen. Ob das Splitting notwendig war, darüber könne man diskutieren, so der Lehrer. „Wenn man sieht, dass die Kinder unterschiedlicher Gruppen nach der Schule zusammen gespielt haben und in den Pfingstferien in der Maison relais gemischt waren, dann denke ich, dass es nicht unbedingt nötig war, die Klassen zu splitten.“ Deshalb begrüßt André es, dass die Kinder ab dem 29. Juni wieder alle zusammen in die Schule kommen. „Ich habe gemerkt, dass die Kinder, die in der Übungswoche zu Hause bleiben mussten, nicht glücklich darüber waren. Sie wären lieber in die Schule gekommen.“
Es wird keine Änderung geben
„Die Auflösung der Gruppen wird von einigen Leuten skeptisch gesehen“, sagt André. „Sie befürchten einen weiteren organisatorischen Aufwand.“ Dem sei aber nicht so. André habe von der Regionaldirektion erklärt bekommen, dass es überhaupt keine Änderung geben wird. Die Schulzeiten bleiben gleich und das Personal wird beibehalten. Der einzige Unterschied ist, dass die Schüler wieder alle zusammen in die Schule kommen.
André freut sich über die Möglichkeit, nun wieder pädagogische Ausflüge mit seinen Schülern machen zu dürfen. „Das ist für die Kinder nach so einem Schuljahr sehr wichtig und übertüncht ein wenig den bitteren Nachgeschmack dieses Jahres.“ Auch könne er nun in den zwei verbleibenden Wochen verschiedene Sachen aufarbeiten, die noch fehlen würden.
Allerdings müsse man sich klarmachen, dass die Distanzregeln in den Klassenräumen bei voller Besetzung nicht einzuhalten seien. „Das ist technisch nicht machbar“, so André. „Das wurde uns auch so mitgeteilt.“ Offiziell würde man dies durch die aktuell niedrigen Infektionszahlen rechtfertigen. „Sie werden sich das sicherlich gut überlegt haben“, sagt André. Kinder müssen die Maske demnach nur tragen, wenn sie durch das Schulgebäude gehen oder sich im Schulhof befinden. Im Klassenraum gilt keine Maskenpflicht. Die übrigen Sicherheitsmaßnahmen wie Einbahnstraßen oder versetzte Pausen sollen voraussichtlich erhalten bleiben.
Weil das neue Gesetzesprojekt 7579 explizit die Aufteilung des Schulbetriebs in A- und B-Gruppen vorsieht, soll der Schulbesuch in den jeweiligen Übungswochen für Schüler, die nicht in der Maison relais eingeschrieben sind, freiwillig sein. Eltern müssen den Lehrern bis zum 25. Juni schriftlich mitteilen, ob ihre Kinder die Schule in den Übungswochen besuchen oder nicht. Dies geht aus einem Schreiben hervor, das das Bildungsministerium an Eltern und Lehrer verschickt hat. Auch Sport- und Schwimmunterricht werden – entgegen der Ankündigung Meischs auf der Pressekonferenz vergangenen Freitag – bis Ende des Schuljahres ausfallen. Allerdings können diese durch Bewegungsaktivitäten an der frischen Luft ersetzt werden, so das Schreiben.
Diane und Jeff leben auf Limpertsberg und haben zwei Kinder. Ihre Tocher ist im zweiten Jahr der „Spillschoul“, ihr Sohn in der dritten Klasse. Beide Kinder haben bislang in unterschiedlichen Wochen Unterricht. Darüber sind Diane und Jeff aber keineswegs verärgert. Sie nehmen es ganz gelassen. „Das ist in unserem Fall gar nicht dramatisch, weil die Kinder eh an zwei unterschiedlichen Schulen eingeschrieben sind“, sagt Jeff. Die Eltern müssen beide arbeiten gehen und geben die zwei Kinder morgens für den ganzen Tag ab. Da die Uhrzeiten stets die gleichen waren, habe das gut funktioniert. „Es war sogar praktischer, weil wir unseren Sohn in dem Gebäude gegenüber von unserer Straße abgeben konnten und nicht wie üblich bis zu seiner Schule laufen mussten, was weiter entfernt ist“, sagt Jeff.
Der Erzieher hat sich Mühe gegeben, das Beste aus der Situation zu machen, und hat stets versucht, mit den Kindern rauszugehenVater von zwei Kindern
Die Problematik der fehlenden Spielsachen
Diane findet lobende Worte für die Erzieher. „Sie haben ihre Sache gut gemacht. Das haben wir daran gesehen, dass es den Kindern gut geht.“ Eine der Betreuungspersonen habe sie im Vorfeld kontaktiert und erklärt, dass man dort weitestgehend auf Spielzeug verzichten müsse, da es zu aufwendig sei, dies regelmäßig zu desinfizieren. Hinzu komme, dass die Kinder theoretisch den ganzen Tag im selben Klassenzimmer verweilen sollen. „Der Erzieher hat sich Mühe gegeben, das Beste aus der Situation zu machen, und hat stets versucht, mit den Kindern rauszugehen“, so Jeff. Auf diese Wiese habe er die Problematik der fehlenden Spielsachen gut gelöst.
Diane und Jeff begrüßen es, dass das Splitting nun aufgelöst wird. Das sei ein Schritt in Richtung Normalität. Jeff sagt: „Ich denke, dass das Splitting in der Grundschule nicht unbedingt notwendig war. Im Lycée aber schon.“ Er verweist auf Studien, die gezeigt haben, dass Grundschulkinder weniger infektiös sind. „Das wussten sie damals bei der Planung zur Einführung des Splittings wohl noch nicht. Als sich dies jedoch langsam herauskristallisiert hat, war das mit dem Splitting bereits festgelegt. Da kann man der Regierung keinen Vorwurf machen“, so Jeff. Er sagt, dass die Lehrer nun leiden werden, weil ihre Organisation nun schon wieder durcheinandergeworfen werde. Diane: „Die tun uns echt leid.“ Beide finden, dass die Ankündigung sehr kurzfristig erfolgte.
Unser Mädchen wird dann wohl mit Maske eingeschult. Das ist traurig.Mutter von zwei Kindern
Mehr Sorgen machen sich die beiden Eltern allerdings über die Einschulung ihrer Tochter im September. „Unser Mädchen wird dann wohl mit Maske eingeschult. Das ist traurig“, sagt Diane. Ihr ist aufgefallen, dass bei sich einigen Kindern in der Klasse ihrer Tochter, die kein luxemburgisch zu Hause reden, ein verstärkter Akzent beim Gebrauch der luxemburgischen Sprache nach dem Lockdown bemerkbar machte. Deshalb sei es wichtig, dass die Kinder – auch jene der „Spillschoul“ – wieder in die Schule gehen. Diane meint: „Wir sind keine Familie, die ängstlich ist. Die Kinder haben die Regeln gut gelernt und so sind wir da gut durchgekommen.“
Jean-Paul (Name von der Redaktion geändert) hat ebenfalls zwei Kinder im Grundschulalter. Seine Tochter ist in der zweiten Klasse, sein Sohn in der fünften. Anfangs sollten seine beiden Kinder ebenfalls während unterschiedlichen Wochen zur Schule gehen. Doch dann wurde bei ihm sowie bei anderen Eltern, die sich im gleichen Fall befanden, nachgebessert und die Kinder konnten in derselben Woche unterrichtet werden. Die Ankündigung, dass das Splitting ab dem 29. Juni wieder aufgehoben wird, findet Jean-Paul „schräg“: „Ich verstehe es nicht wirklich.“ Er verstehe zwar die Maßnahmen, aber der Sinn dieser ständigen Umänderungen könne er nicht begreifen. „Wir hatten einen Plan, dann wurde dieser geändert und jetzt noch einmal.“
Großer Test für Rentrée im September
Er glaubt nicht, dass dies pädagogisch sinnvoll sei. Was die Infektion betrifft, sagt Jean-Paul, sei es weitgehend bekannt, dass die Sicherheitsmaßnahmen bei voller Klassenbesetzung nicht einzuhalten seien. Das zusätzlich eingestellte Lehrpersonal befinde sich zudem auch noch im Klassenzimmer. Dass dieses Personal nun nicht vor die Tür gesetzt werde, dafür hat Jean-Paul volles Verständnis. „Man hat den Betroffenen einen CDD („Contrat à durée déterminée“) ausgestellt und kann nun nicht sagen: ‚Wir brauchen euch nicht mehr‘.“
Wenn das Virus für Kinder weniger schlimm sein soll, dann verstehe ich schon, dass sie zusammen unterrichtet werden können. Ich verstehe nur nicht den ganzen Aufwand, der davor betrieben wurde, um die Kinder zu splitten.Vater von zwei Kindern
Immer wieder hat Jean-Paul in Gesprächen gehört, dass dies ein großer Test für die Rentrée im September sei. Um zu sehen, ob es funktioniert. Falls Kinder krank würden, könnten sich ja dann die Eltern in den Ferien um sie kümmern, sagt er im sarkastischen Ton. In der Tat hatte auch Claude Meisch am vergangenen Freitag von einem „Test“ gesprochen. Man wolle sich wahrscheinlich für die Rentrée im September gut vorbereiten. „Aber dann müsste man die Schüler in der Woche nach Ferienbeginn gezielt testen lassen“, sagt Jean-Paul. Das werde aber sicherlich nicht gemacht.
Dass das zusätzlich eingestellte Personal eingesetzt werden soll, um die Kinder in den letzten zwei Wochen gezielt zu fördern, findet Jean-Paul absurd. „Was will man denn in den zwei Wochen fördern?“ Und weiter: „Wenn das Virus für Kinder weniger schlimm sein soll, dann verstehe ich schon, dass sie zusammen unterrichtet werden können. Ich verstehe nur nicht den ganzen Aufwand, der davor betrieben wurde, um die Kinder zu splitten.“ Irgendwie seien die Meinungen bei den Leuten geteilt. Die einen befürchten eine zweite Welle, die anderen sagen: „Geht alle zusammen in die Schule.“
Das Ganze mache keinen Sinn. „Die Politik der Gesundheitsministerin kommt aus einem Guss, jene des Bildungsministeriums ist ein einziger Zickzackkurs.“
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Es gibt überall und immer wieder lokale Ausbrüche der Krankheit. Nicht selten sind Flächen so gross wie Luxemburg betroffen. In solchen Fällen wäre ein neuer Lockdown notwendig. Ich hoffe, unser Unterrichtsministerium bereitet eine gute Strategie vor, um eine Katastrophe wie vom vergangenen März zu vermeiden. Es könnte sein, dass die Schulen im September normal beginnen, aber schon im November teilweise oder ganz geschlossen werden müssen.