Medienfreiheit / Was steht im neuen Informationszugangsrecht für Journalisten?
Luxemburg kriegt endlich ein Informationszugangsrecht. Ein Blick in den vorliegenden Text verrät jedoch: Die Freude der Journalisten nach der Ankündigung ist eventuell verfrüht.
Luc Frieden hatte auf einer letzten Pressekonferenz vor der Sommerpause angekündigt, dass die Regierung ein Gesetzesprojekt für ein Informationszugangsrecht in der Chamber vorgelegt hat. Das bedeutet, dass öffentliche Verwaltungen und Behörden die von professionellen Journalisten angefragten Informationen preisgeben müssen. Damit gibt die Regierung einer langjährigen Forderung des Luxemburger Presserates und Journalistenverbandes ALJP nach. Roger Infalt, Generalsekretär des Luxemburger Presserates, meinte gegenüber Radio 100,7, dass das Gesetz ein „ganz wichtiger Schritt“ sei.
Doch ein Vergleich mit dem Ausland zeigt, dass erst die Praxis zeigen wird, inwiefern das Gesetz eine tatsächliche Verbesserung zum „Circulaire Bettel 2“ darstellt. Denn die Liste an gesetzlich festgeschriebenen Ausnahmen, laut denen Journalisten der Zugriff auf eine Information verwehrt werden kann, ist lang. Mit insgesamt zehn Ausnahmeregelungen gibt es im Luxemburger Gesetzestext doppelt so viele Ausnahmen wie beispielsweise bei vielen deutschen Landesgesetzen.
Reichlich Ausnahmen
Demnach sind von der Auskunftspflicht Dokumente und Informationen ausgeschlossen, die:
1. die Außenbeziehungen, die Sicherheit des Großherzogtums Luxemburg oder die öffentliche Ordnung betreffen;
2. die Sicherheit von Personen oder die Achtung des Privatlebens betreffen;
3. den Verlauf von Verfahren vor gerichtlichen, außergerichtlichen oder disziplinarischen Instanzen oder von Vorgängen betreffen oder solchen Verfahren vorausgehen;
4. die Verhütung, Ermittlung oder Verfolgung von strafbaren Handlungen betreffen;
5. die Rechte des geistigen Eigentums verletzen;
6. ein gesetzlich geschütztes Geheimnis oder eine gesetzlich geschützte Vertraulichkeit enthalten;
7. die Kontroll-, Inspektions- und Regulierungsaufgaben der in Absatz 1 genannten Stellen betreffen;
8. die Vertraulichkeit von Geschäfts- und Betriebsinformationen, die den in Absatz 1 genannten Stellen betreffen;
9. die Fähigkeit der in Absatz 1 genannten Stellen, ihre Wirtschafts-, Finanz-, Steuer- und Handelspolitik zu betreiben beeinträchtigen, wenn die Veröffentlichung von Dokumenten die entsprechenden Entscheidungsprozesse behindern könnte;
10. die Vertraulichkeit der Beratungen der Regierung betreffen.
Zum Vergleich: In den beiden benachbarten Bundesländern Saarland und Rheinland-Pfalz etwa gibt es genau vier Ausnahmen. In Rheinland-Pfalz kann eine Auskunft dann verweigert werden, wenn „durch sie die sachgerechte Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte, Vorschriften über Geheimhaltung entgegenstehen, ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet“. Im Saarland gilt eine fast wortgleiche Gesetzeslage.
Damit nicht jedes Dokument aufgrund dieser Bestimmungen komplett verwehrt werden kann, kann die Verwaltung die von Sperrklauseln betroffenen Passagen schwärzen. Doch auch hier gilt: „Der Zugang wird jedoch verweigert, wenn die geschwärzte Fassung des angeforderten Dokuments irreführend oder bedeutungslos ist oder wenn die Bereitstellung der restlichen Teile des Dokuments eine offensichtlich unzumutbare Belastung für die Organisation darstellen würde.“ Das Problem: Die Entscheidung, ob das restliche Dokument irrelevant oder irreführend ist, wird nicht etwa den Journalisten überlassen, sondern den Beamten der staatlichen Verwaltungen.
Mit dem Gesetzesentwurf wird auch die Berufsbezeichnung des Journalisten auf gesetzlicher Ebene neu definiert sowie die Pressehilfe für die verschiedenen Medienhäuser angepasst.
Lange Vorgeschichte
Der Luxemburger Journalistenverband fordert seit Jahren einen Informationszugang für Journalisten. 2016 erschien dann der „Circulaire Bettel“, der die Rechte und Pflichten von Staatsbediensteten im Umgang mit der Presse regelt. Demnach mussten Staatsbeamte den Pressestellen der öffentlichen Verwaltungen alle nötigen Informationen zur Verfügung stellen, damit diese eine Antwort an die anfragenden Journalisten formulieren können. Sie waren jedoch nicht gesetzlich dazu verpflichtet. Der Beamte selbst durfte Informationen nur dann weiterleiten, wenn der Minister oder Ressortchef sein Einverständnis gegeben hatte. Zudem durften keine „Informationen mit rein internem Charakter“ oder als geheim klassifizierte Informationen weitergegeben werden.
Im Juni 2022 wurde der „Circulaire Bettel“ durch den „Circulaire Bettel 2“ ergänzt. In diesem wurde festgehalten, dass die Beamten dazu verpflichtet waren, Informationsanfragen innerhalb von 24 Stunden zu bearbeiten, entweder durch Zusendung der angeforderten Informationen oder durch Zusendung einer Empfangsbestätigung mit Angabe der geschätzten Zeit, die für die Bereitstellung der Informationen benötigt wird. Auch bestand fortan eine Verpflichtung, eine rechtliche Begründung anzugeben, wenn die angeforderte Information nicht bereitgestellt werden konnte. Zudem musste jede öffentliche Verwaltung eine E-Mail-Adresse einrichten, an die Presseanfragen gerichtet werden können und auf die mindestens zwei Staatsbedienstete Zugriff haben müssen. Auch wurde mit der „Circulaire Bettel 2“ die Einführung eines gut sichtbaren Banners auf den Webseiten, der die Namen und Telefonnummern der Presseagenten sowie die allgemeine E-Mail-Adresse enthält, beschlossen.
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