Rechte von Trans*-Personen in Luxemburg / „Was wir fordern, ist im Ausland gang und gäbe“
Gerne wird darauf hingewiesen, Luxemburg sei in Sachen LGBT+-Rechte ein Vorbild – „da mehrere politische Amtsträger offen zu ihrer Homosexualität stehen“, heißt es öfters. Dass dies nicht der Fall ist, wurde vor kurzem bei zwei Veranstaltungen, die sich mit dem Thema befassen, erneut unterstrichen. Die gute Nachricht: Es gibt Schritte, die laut den Organisatoren und Betroffenen in die richtige Richtung gehen, darunter ein nationaler Aktionsplan für die Rechte von Trans*-Personen. Die schlechte: Es gibt noch viel zu tun, vor allem in der breiten Gesellschaft.
„Luxemburg ist in seiner Mentalität immer noch sehr binär“ – dieser Satz fiel gleich zu Beginn der „Discussion autour de la transidentité au travail“, die vor kurzem mit der Unterstützung des Ministeriums für Familie, Integration und die Großregion stattgefunden hat und sich mit den Rechten von Trans*-Personen am Arbeitsplatz befasste. „Manche behaupten fälschlicherweise, es handele sich bei der Transidentität um eine Modeerscheinung. Doch es hat schon immer existiert“, erklärte eine der Organisatorinnen und wies auf die Unterschiede zwischen Gender und körperlichen Geschlechtsmerkmalen hin. So könne beispielsweise jemand ein Mann sein, jedoch bei der Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen bekommen haben.
Trans*-Personen sind in der Arbeitswelt strukturellen Problemen ausgesetzt, die Nichtbetroffene schwer nachvollziehen können. Ziel der Diskussionsrunde war, Lösungsvorschläge auszuarbeiten, um einen sicheren und inklusiven Raum für alle zu erschaffen. Eine Diskussionsrunde, die doch recht klein blieb, obwohl sie aus aktuellem Anlass ins Internet verlagert wurde: Neben den Organisatoren fanden sich ein halbes Dutzend Interessierte ein, darunter ein Mitarbeiter der Post bzw. der CFL.
Täglich grüßt die Bürokratie
Bei der Transition – dem Prozess, mit dem Betroffene ihre Lebensumstände anpassen, damit diese dem eigenen Geschlecht entsprechen – stoßen Trans*-Personen auf bürokratische und rechtliche Hürden. Eine Diskussionsteilnehmerin erwähnte einen Vorfall, bei dem eine Person einen Brief nicht abholen konnte, weil auf ihrem Ausweis ein weiblicher Name, auf ihrer Anschrift aber ein männlicher stand. Eine weitere Anwesende, selber eine Transfrau, wies darauf hin, dass Namensänderungen an manchen Orten recht einfach seien, doch bei Verträgen werde es schwierig. Sie konnte hier jedoch auch auf positive Erfahrungen zurückblicken: Ein ehemaliger Arbeitgeber musste aus juristischen Gründen die Gehaltsabrechnung unter dem Geburtsnamen der Betroffenen verzeichnen, übergab sie aber in einem Briefumschlag, auf dem der jetzige Name der Arbeitnehmerin geschrieben war. „Das sind einfache Schritte, die aber sehr viel für uns bedeuten“, sagte die Diskussionsteilnehmerin.
Neben der juristischen, physischen und medizinischen gibt es aber noch eine soziale Transition
Den Vornamen am Arbeitsplatz ändern – das ist sehr viel mehr als nur eine Formalität, wie weitere Wortmeldungen verdeutlichten. Es betrifft Aspekte des Arbeitsalltags, beispielsweise Visitenkarten, Namensschilder an der Tür oder Kleidung, Pronomen, die ein Arbeitnehmer benutzt, die E-Mail-Adresse usw. Ein Vorschlag lautete hier, Namensänderungen innerhalb von Unternehmen zu vereinfachen, beispielsweise durch ein entsprechendes Formular.
„Neben der juristischen, physischen und medizinischen Transition gibt es aber noch einen weiteren Bereich: den sozialen“, warf eine Teilnehmerin an der Diskussion ein und wies auf die Notwendigkeit hin, die breite Bevölkerung für die Rechte und Erfahrungen von Trans*-Personen zu sensibilisieren. Hier bestehe nach wie vor viel Handlungsbedarf. Vor allem die Erwartungen, Vorurteile und Stigmen gegenüber von Trans*-Personen seien für Betroffene belastend und hätten Auswirkungen auf die mentale Gesundheit, ergänzte eine andere Anwesende.
Familienministerium will Plattform schaffen
Deswegen lauten die Schlagworte: informieren, hinzulernen und den Betroffenen mit Respekt entgegentreten. Um diesen Prozess voranzutreiben, hat das Familienministerium einen nationalen Aktionsplan angekündigt, der sich auf die Rechte von Trans*-Personen bezieht. „Es wird ein ’guide’ ausgearbeitet, um sowohl den betroffenen Arbeitnehmern als auch den Unternehmen in diesen Belangen zur Seite zu stehen“, erklärte eine Vertreterin des Ministeriums. „Wir bereiten derzeit eine Sensibilisierungskampagne in Zusammenarbeit mit ’Rosa Lëtzebuerg’ und der ’Intersex & Transgender Luxembourg Asbl’ vor. Kernstück wird eine Internetplattform sein, deren Abschluss im kommenden Frühjahr vorgesehen ist und die als Anlaufstelle für Trans*-Personen dienen soll. Auch Weiterbildungen, insbesondere für Verwaltungen und Gemeindedienste, sind vorgesehen.“
Die Ankündigung einer Plattform für Trans*-Personen wurde positiv aufgenommen. Eine solche Internetseite existiert bereits in Belgien, wie eine Diskussionsteilnehmerin hinwies: Auf transgenderinfo.be finden Betroffene alle möglichen Informationen, von der Gesundheit über Schule bis hin zum Sportbereich. Insgesamt habe sie als Transfrau in Luxemburg gute Erfahrungen gemacht, sagte die Anwesende, die vor mehreren Jahren von Belgien nach Luxemburg gezogen ist und ihre Transition vor mehr als 20 Jahren vollzogen hat, doch es gebe immer wieder Probleme mit der Krankenkasse. Auch den Mangel an Informationen für Trans*-Personen in Luxemburg kritisierte die Teilnehmerin: Hier seien Betroffene auf sich alleine gestellt.
Diskussionsrunde an der Uni.lu
Dieser Aspekt des Mangels an Anlaufstellen und Unterstützung wurde bei einer Diskussionsrunde, organisiert von der „Uni.lu LGBT+ Students’ Association“ und „JIF Luxembourg“, erneut hervorgehoben. Die Studentenvereinigung wurde im Oktober 2019 gegründet und richtet sich in erster Linie an Studierende der Universität Luxemburg, aber auch an Interessierte, die ihre Forderungen unterstützen. Am Dienstag hat das erste offene Treffen stattgefunden, das sich auch an Außenstehende richtete.
Die „LGBT+ Students’ Association“ setzt sich allgemein für die Belange und Rechte von LGBT+-Personen auf dem Campus ein. Ziel ist die Schaffung eines sicheren, inklusiven Raumes für alle Studierenden und Mitarbeiter der Universität. Konkret fordert die Vereinigung die Einführung der Nutzung eines „preferred name“, der sich wie weiter oben erwähnt vom Geburtsnamen unterscheiden kann, sowie die Einrichtung genderneutraler Sanitärräume. „Diese Maßnahmen sind vielerorts im Ausland gang und gäbe“, sagt eine anwesende Studentin. Die Vereinigung habe bereits mit der Universitätsverwaltung über diese Themen gesprochen. Ein Austausch, der positiv sei, doch die Umsetzung der Maßnahmen dauere lange.
Eine Vertreterin des „Centre Cigale“, das sich für LGBT+–Rechte einsetzt, kündigte an, dass das Zentrum im kommenden Jahr Workshops in Schulen und Jugendhäusern organisieren wird. Auch das LEQGF („Laboratoire d’études queer, sur le genre et les féminismes“), ebenfalls bei der Diskussionsrunde vertreten, setzt sich dafür ein, Wissen zu diesen Themenbereichen zu vermitteln.
People say ‚I understand’ and think this finishes the discussion
Beim Thema Transgender handelt es sich keineswegs um eine „Modeerscheinung“, so der Tenor der beiden Veranstaltungen. „Es sind keine Einzelfälle. Betroffene fühlen sich isoliert“, so eine Wortmeldung. „Häufig sagen Menschen ‚Ich verstehe’ und denken, das Gespräch, sei dadurch beendet. Doch sie tun es nicht. Sie erleben nicht das, was wir erleben.“
Ob am Arbeitsplatz oder auf dem Campus, Beispiele wie die Möglichkeit, die eigene E-Mail-Adresse zu ändern, oder das Einrichten genderneutraler Sanitärräume bedeuten für Trans*-Personen enorm viel. Sie würden auch zeigen, dass „Inklusion“ und „Diversity“ nicht nur Schlagwörter sind und stattdessen einen sicheren Rahmen für Betroffene bilden. Doch der Weg ist noch weit. Bestrebungen wie der nationale Aktionsplan des Familienministeriums oder die Veranstaltungen des „Centre Cigale“ sollen den Stein ins Rollen bringen.
Kontakt
Uni.lu LGBT+ Students’ Association: facebook.com/uni.lu.lgbtplus/
JIF Luxembourg: facebook.com/JIFLuxembourg/
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