Editorial / Was zu tun bleibt: Abseits von Corona bleiben Aufgaben
Corona bestimmt nun den Alltag seit Wochen, seit Monaten, auch die politische Aktualität scheint praktisch nur noch aus dem Covid-19-Virus, seiner Bekämpfung und seinen Auswirkungen zu bestehen. Doch die Regierung, inzwischen übrigens kaum noch als „Gambia“ oder „Gambia II“ bezeichnet, wurde 2018 eigentlich nicht gewählt, um als Kämpferin in sanitärer Not zu glänzen, so wichtig dies auch zurzeit ist.
Nutzen wir also die tristen Herbsttage zu einer kleinen Zwischenbilanz und einem Ausblick auf noch zu erledigende Arbeiten von Blau-Rot-Grün.
Die größte und wichtigste Herausforderung ist dabei zweifellos das Vorgehen gegen die wachsende soziale Ungleichheit im Land. Ganz gleich, welche Parameter man hier zurate zieht – einer der aussagekräftigsten ist hierbei wohl der Gini-Koeffizient, den das Statistikamt noch unlängst bemühte –, verdeutlichen diese, dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinanderklafft als zu Beginn der Legislatur, Tendenz anhaltend.
Diese Entwicklung gefährdet nicht nur den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sie lässt die benachteiligten Menschen im Land ein wachsendes Gefühl von erlittener Ungerechtigkeit spüren, das in starkem Gegensatz zu Regierungszielen steht, die eigentlich Glück und Zufriedenheit, Chancengleichheit und Gerechtigkeit heißen müssten. Es gibt manch kurzfristige Möglichkeiten, hier zu handeln, ob eine weitere Erhöhung des Mindestlohns oder die Auszahlung längst geschuldeter und versprochener Anpassungen von Sozial- und Familienleistungen. Mittel- bis langfristig muss die angekündigte Steuerreform, die ab 2022 in Kraft treten soll, dem unsäglichen Zustand, dass Kapital weitaus weniger besteuert wird als Arbeit, ein Ende bereiten, die hohen Gehälter müssen stärker, die kleinen weniger besteuert werden und der Mittelstandsbuckel muss verschwinden. Dies ist auch nach hohen Corona-Kosten weiterhin möglich. Leider scheint sich eine der Regierungsparteien, die DP, nicht an die Themen Vermögens- und Erbschaftssteuer heranzutrauen, obwohl mit großzügigen Freibeträgen die Normalverdiener und sparsamen Haushalte keine Einbußen erleiden müssten.
Mit der wachsenden sozialen Ungerechtigkeit hängt auch das zweite wichtige Thema eng zusammen: Die Wohnungsnot wird zum unerträglichen Menetekel des Großherzogtums. Eigenheime sind für Normalverdiener kaum mehr zu bezahlen, Mieten steigen in schwindelerregende Höhen. Die bisherigen, eher zaghaften Maßnahmen der Regierung wirken hier ebenso wenig wie jene ihrer Vorgängerinnen. Die Lage spitzt sich zu, die Preisspirale dreht immer schneller, erste Kundgebungen lassen erahnen, wie viel politischer Sprengstoff in der Problematik steckt.
Die gesetzliche Steuerung des Wohnungsmarktes, die mutige und drastischere Schritte braucht, gelingt ebenso wenig wie bislang die Umsetzung der Rifkin-Vorschläge zu einer nachhaltig und qualitativ wachsenden Wirtschaft; das trotz hoher Investitionen in Schienen- und Straßeninfrastruktur kaum abnehmende Verkehrschaos ist ein klares Indiz hierfür.
Schließlich tut die Regierung sich offensichtlich schwer mit einem Versprechen, das zwar nicht das wichtigste im Wahlkampf war, aber eine Lage entschärfen könnte, die so nicht gesund ist. Die Legalisierung von Cannabis steht immer noch im Raum und aktuell ist lediglich von (zu erwartenden) juristischen Problemen zu hören.
Corona sollte nicht weiter als Blockade-Argument genutzt werden, zielführende politische Arbeit muss auch im Home-Office möglich sein.
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Corona darf nicht Alibifunktion sein , im Chaos der aktuellen Situation durch Hintertüren politische Entscheidungen zu bugsieren , demokratisch politische Diskussionen augenblicklich nicht möglich ,der Bürger der Leidtragende. sein wird.Die Corona Bekämpfung sollte im Fokus stehen , die restlichen , politischen Entscheidungen auf die lange Bank geschoben.Neben Corona scheint in Europa das Virus des islamistischen Terror umzugreifen. Die Regierung täte gut daran., hier präventiv zu wirken , um hier nicht auch noch überrascht zu werden.Wichtigere „ Blockadeargumente“ kann es nicht geben als die Sicherheit der Bevölkerung.