Editorial / „Wat dat kascht!“: Ist unsere Teststrategie so mies wie ihr Ruf?
Monatelanges Monitoring, anspruchsvolle Analysen, endlich Ergebnisse: Forscher der Covid-19-Taskforce haben Daten des Large Scale Testing (LST) gezielt untersucht – doch niemanden juckt’s. Warum eigentlich? Mindestens drei Erkenntnisse könnten politischen Nutzen haben und Lenkungseffekte entwickeln.
Da wäre zunächst der Horeca-Sektor. Besonders im Gastronomiebereich ließen sich die Menschen kaum testen – gehören aber wegen ihrer vielen Kontakte zur Hochrisikogruppe. Die Interpretation der Forscher: Ein selbstständiger Gastwirt kann es sich z.B. nicht leisten, mehrere Tage auszufallen und Umsatzverluste zu verbuchen. Es brauche politische Anreize, Leute zur Testteilnahme zu motivieren. Die Reaktion des zuständigen Ministers Lex Delles und des Branchenverbands Horesca: die Politik des Drei-Affen-Prinzips. Davon habe man noch nicht gehört, man könne es sich einfach nicht erklären. Eine unheimliche Begegnung der dritten Art: die Realität.
Mindestens genauso interessant: die Einschätzung zur „Deckel drauf“-Politik der Gemeinden. Die wichtigste Erkenntnis: Wer transparent ist, scheint von seinen Einwohnern belohnt zu werden. Im Originalfachjargon: „Es gab eine deutliche Wechselwirkung zwischen der Publikation von stark betroffenen Regionen und dem Large Scale Testing.“ Die Teilnahme an den Tests steigt also, wenn Menschen wissen, dass sie in einer Corona-Hochburg leben. Kommunale Transparenz könnte somit die Effizienz der Pandemiebekämpfung verbessern. Dass sich die Begeisterung der Bürgermeister in Grenzen hält, ist ein offenes Geheimnis. Während der Gemeindeverband Syvicol weiterhin Stigmatisierung befürchtet, fordert lediglich Schifflingens Bürgermeister Paul Weimerskirch offizielle Zahlen pro Gemeinde. Ob No-Go oder volle Transparenz: Offenheit ist vermutlich die effizientere Sensibilisierung als die x-te Wir-sind-so-geil-Kampagne.
Ähnlich heikle, aber differenzierte Ergebnisse zeigen sich beim Blick auf den Bausektor: Das Virus grassierte dort stärker als erwartet. Während die Idee, Arbeiter bevorzugt zu impfen, auf wenig Gegenliebe stößt, werden aber nun dunkle Kapitel von der breiten Öffentlichkeit diskutiert: Die größten Gefahrenquellen für Bauarbeiter sind in Luxemburg nicht die Baustellen, sondern Sammeltransporte in der „Camionnette“, Arbeitspausen im dichten Bauwagen und eine oft menschenunwürdige Unterbringung auf engstem Raum. All dies versteckt sich hinter den kalten, abstrakt wirkenden Ergebnissen zur potenziellen Hochrisikogruppe Bauarbeiter. Was ebenfalls nicht aus den Zahlen hervorgeht: Um sich testen zu lassen, muss man erst mal zur Teststation gelangen. Wer jedoch bereits morgens dicht an dicht zur Arbeit fahren muss, ist nicht unbedingt stolzer Autobesitzer.
Insofern ist die Analyse der Forscher ein später, aber notwendiger Weckruf. Mögliche Lösungen, um die Rückkehr zu einem normalen Leben zu beschleunigen, könnten jenseits der schleppenden Impfstrategie lauten: volle Datentransparenz, sozial Benachteiligte auffangen (z.B. mehr mobile Testeinheiten im Horeca- und Bausektor) und die hässlichen Seiten unseres Landes nicht mehr schönreden. Dann lohnen sich auch die geplanten 43 bis 64 Millionen Euro für die nächste Testphase.
- Der Schattenboxer Xavier Bettel - 14. Juli 2022.
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Testen ist mir eigendlich egal. Der Kostenpunkt auch. Ob mies will und kann ich nicht mit Sicherheit beurteilen. Doch liebe Regierung, das Impfen schleppt. Impfen ist wichtiger als testen.
Es wird sich mit der Zeit rausstellen, dass das LST zu einem großen Teil weggeschmissenes Geld war, da wir in der Tat viel zu wenige Konsequenzen draus gezogen haben. Die Ministerin konnte halt sagen: wir tun ja viel. Wie so oft haben wir zu viel Geld ausgegeben für extrem magere Ergebnisse.
Beispiel:
Tote (Gesamt bis heute)
Deutschland: 90 pro 100.000 Einwohner
Luxemburg: 100 pro 100.000 Einwohner
COVID Tests (Gesamt bis heute)
Deutschland: 55.000 Tests pro 100.000 Einwohner
Luxemburg: 325.000 Tests pro 100.000 (= 6x mehr als Deutschland)
Und Deutschland hat keinen super Job gemacht.
Exzellenter Kommentar .. für Befindlichkeiten von Gemeindevätern oder nur halb-transparente Kommunikation dürfte im Jahr 2 der Pandemie kein Platz mehr sein.Fakten und Tatsachen müssen endlich offen diskutiert werden – und dann danach konsequent handeln!
jo gudde Kommentar DS
ech hun de Mueren am Radio héieren, dat zu Nidderkuer am Altenheim, eng 60 Läit sech mam Virus ugestach hun, anscheinend waren së sëch impfen gaangen
dat ass zwar komech, ëch hat geduecht, wann een sëch impfe géing lossen, da géif een viirdru getest gin
dat ass alt erëm passéiert, well d`Organisatioun esou gud ass
Alles am Grëff
super
„Besonders im Gastronomiebereich ließen sich die Menschen kaum testen.“
Wann een am Frankräich wunnt, wéi di meeschten an dem Business an 80% vun enger Lëtzebuerger Pai heem geschéckt kritt, firwat soll een sech dann op eng Rees an d’Ausland maache fir sech testen ze loossen?
Da léiwer fësche goen.
Das offizielle Ziel des LST war laut „Sante“ anfänglich die Vermeidung einer zweiten Welle. Das allein schon schien schon recht vermessen. Das Ziel wurde ja auch verfehlt wie mittlerweile jeder weiß. Das LST hatte hauptsächlich als Konsequenz dass wir auf den roten Listen der anderen Länder landeten hauptsächlich derjenigen die so wenig wie möglich testeten. Wer viel testet der findet auch viel. Die rezente Publikation der Auswertung des LST ist „moutarde apres diner“ und nützt uns gar nichts außer einigen Wissenschaftlern die sich im Lancet profilieren konnten. Schlussfolgerung: Das LST war ein teures Gadget. Einen direkten Vorteil für die Bevölkerung ist eher nicht sichtbar. Im Gegenteil wir stehen eher noch schlechter da als andere Länder ohne Massentests.
Een Test sérologique mat Resultat „“douteux““ ohni di geringsten Reckfro oder Widerhuelen vum Test, ass d’Info fir an den ronnen Eemer ! Ech fannen daat net serieux !
@Peter G. Wann hei am Land 6 x méi getest gëtt wei an Däitschland a mir 10 Doudeger méi hunn op 100.000 Awunner, bedeit dat ouni Test-Strategie (an ouni konsequent Mesuren no de Resultater dovun…) hätte mer nach vill méi schlecht Resultater ouni déi vill Tester. Resumé: Net einfach.
@Patrick W.
Hätten wir 6x weniger getestet, hätten wir über 150 Millionen EUR gespart. Dieser Haufen Geld hätte viel besser, intelligenter eingesetzt werden können, sei es in den Schulen, in Altersheimen, in Restaurants, im Baubereich, etc. Unsere Ministerin sagte selbst, sie hätte „de Kapp am Guidon“. Etwas Weitsicht wäre absolut notwendig gewesen, auch für die Impfstrategie.
Sie hätten ohne Test-Strategie und den daraus folgenden Einschränkungen, noch ““mehr“ Menschen die an u. mit Corona verstorben wären.
Sie ist noch mieser als ihr Ruf! Meine Frau wurde seit März 2020 noch insgesamt 4X davon 1X Bluttest, ich nur 1 X im März 2020 eingeladen. (75 und 73 Jahre alt)