Bündnis in der Krise / „We love to travel“ und „Voyages Emile Weber“ schließen sich zusammen
Die beiden luxemburgischen Unternehmen „Sales-Lentz Group“ und „Voyages Emile Weber“ haben zusammen ein neues Reisebüro mit dem Namen „Travel Group Luxembourg“ gegründet. Das Tageblatt hat sich mit den Führungskräften der beiden Firmen, Marc Sales und Fernand Heinisch, über die Krise, die Vorteile einer Zusammenarbeit und die Zukunft der Reisebranche unterhalten.
Egal ob mit Cocktail in der Hand am Strand oder mit Skiern in der Schneelandschaft: Der letzte Urlaub ist bei vielen Luxemburgern schon eine Weile her. Das geht auch an den luxemburgischen Reisebüros nicht spurlos vorbei. Um dieser zusätzlichen finanziellen Last entgegenzuwirken und das Reiseangebot auszubauen, haben sich „Sales-Lentz Group“ (SLG) und „Voyages Emile Weber“ zusammengesetzt und einen neuen Reisedienstleister, die „Travel Group Luxembourg“ (TGL), gegründet. Das schrieben die Unternehmen vergangene Woche in einer Pressemitteilung. Die neue Firma vereine die beiden touristischen Reisebüroketten „We love to travel“, die der SLG angehört, und „Voyages Emile Weber“.
Im Tageblatt-Gespräch betonen Marc Sales, Gesellschafter von SLG, und Fernand Heinisch, Teilhaber von „Voyages Emile Weber“, dass die beiden Marken weiterhin getrennt existieren und die neue Zusammenarbeit nur das Reisegeschäft betrifft. „Die Mitarbeiter sind dieselben – da verändert sich also nicht sehr viel für die Kunden“, sagt Sales. SLG und „Voyages Emile Weber“ seien jeweils zu 50 Prozent Aktionär von TGL. Diese Firma sei wiederum Inhaber der zwei Reisebüroabteilungen „We love to travel“ und „Voyages Emile Weber“. „Man kann es mit der Gastronomie vergleichen: Wir haben zwei Restaurants, aber eine Küche“, erklärt Sales. Mit diesem Zusammenschluss vereinen sich laut Pressemitteilung 34 Agenturen mit über 130 Mitarbeitern.
Laut Fernand Heinisch erhielten die Angestellten der beiden Firmen die Nachricht vergangene Woche. Die Zusammenschließung habe ihnen eine neue Zukunftsperspektive gegeben. „Als wir die neue Firma angekündigt haben, haben wir viel positives Feedback von unseren Angestellten bekommen“, sagt Heinisch. Marc Sales redet von „allgemeiner Erleichterung“ bei den Mitarbeitern.
Eine Branche in der Krise
Grund für das Aufatmen der Angestellten: die unsichere Situation der Pandemie. Beide Unternehmen haben die Krise bis jetzt überlebt. Trotzdem hat die Epidemie der Reisebranche laut Marc Sales richtig wehgetan – und kostet auch sehr viel Geld. „Wir sind brutaler getroffen worden als zum Beispiel der Horeca-Sektor“, sagt Sales. Die Öffentlichkeit würde dies allerdings nicht so mitbekommen. „Wir haben nicht dieselbe Lobby und können nicht so Druck machen wie die Gastronomie“, so Sales.
„Glücklicherweise haben die beiden Familien in der Vergangenheit hervorragend gearbeitet und hatten deswegen die nötigen Reserven“, sagt Sales. Bis jetzt sei niemand wegen des Coronavirus entlassen worden. „Wenn die Krise aber noch zwei bis drei Jahre anhält, dann sieht das anders aus“, sagt Heinisch. Aus der neuen Zusammenarbeit würden auch keine Entlassungen entstehen.
SLG und „Voyages Emile Weber“ sind sich laut Heinisch schon 2019 näher gekommen. „Vor der Krise fanden erste Gespräche für eine mögliche Zusammenarbeit statt“, so Heinisch. Die Pandemie habe den Prozess dann beschleunigt: Die beiden Unternehmen mussten während der Krise im Luxemburger Verband der Reiseveranstalter (ULAV) „viel intensiver“ zusammenarbeiten. „Da haben sich diese Gespräche dann weiterentwickelt“, sagt Sales. Die Probleme der Epidemie wollen Marc Sales und Fernand Heinisch mit der neuen Firma „Travel Group Luxembourg“ hinter sich lassen. „Die Altlasten der Vergangenheit bleiben in den Familienbetrieben – wir starten neu“, sagt Sales.
Eine Zusammenarbeit mit vielen Vorteilen
Obwohl die Corona-Krise den Zusammenschluss der Reiseagenturen beschleunigt habe, gebe es laut Sales auch noch andere Gründe für das neue Unternehmen. Ziel sei es, alles, was hinter dem Reisebüro steckt – Marketing, Kommunikation, Buchhaltung – zusammenzulegen. „Wenn beide Firmen ein Callcenter aufbauen, dann können wir das jetzt gemeinsam machen und so die Kosten drücken“, sagt Sales.
Durch das neue Bündnis sei es jetzt auch möglich, attraktivere Angebote von den Geschäftspartnern zu kriegen. „Wir brauchen einfach mehr Kaufkraft, damit wir bessere Konditionen mit unseren Partnern aushandeln können – heutzutage läuft leider alles über das Volumen, das ein Unternehmen generiert“, sagt Sales. Die größten Konkurrenten sind laut Heinisch deswegen auch die Online-Buchungsplattformen und die Tour-Veranstalter. „Die anderen Reisebüros sind eigentlich keine direkte Konkurrenz“, sagt Heinisch.
Ein weiterer Vorteil der Zusammenarbeit seien die vereinten finanziellen Ressourcen von SLG und „Voyages Emile Weber“. „Wir können jetzt gemeinsam groß investieren, anstatt dass jeder seine eigene Suppe kocht“, so Sales. „Frei nach dem Motto: Zusammen sind wir stärker“, fügt Heinisch hinzu. Jetzt sei der Moment, in die Zukunft zu investieren, um der Branche und den dazugehörigen Jobs eine Überlebenschance zu geben.
Mit dem Blick über die Grenze
„Mit unserem neuen Bündnis wollen wir in der Großregion präsenter sein“, sagt Sales. Auch hier spiele die größere Quantität wieder eine Rolle: Bei einem größeren Zielpublikum könne TGL dann ein ganzes Schiff oder ein Flugzeug buchen. „Das ist in dem kleinen lokalen Markt hier in Luxemburg schwieriger“, so Sales. Im Gespräch mit den beiden wird auch klar, dass die TGL einen eigenen Veranstalter bekommen wird. „Wir werden unsere eigenen Produkte in Nischen haben“, sagt Sales.
Das heiße nicht, dass sie einer „LuxairTours“ Konkurrenz machen wollen. „Wir werden wirklich gezielte Produkte anbieten, die keine Massenprodukte sind – das können ökologische, Gruppen- oder Solidaritätsreisen sein“, so Sales weiter. Früher sei jeder zu Hotspots gereist – große Städte wie Barcelona und Venedig – aber die Menschen würden mittlerweile etwas anderes suchen.
Die beiden Gesellschafter prognostizieren, dass die Erwartungen an ein Reisebüro nach der Krise ganz anders sein werden als vor Corona. „Beratung und Service wird noch weiter im Vordergrund stehen“, sagt Heinisch. „Wir sind keine Buchungsmaschinen und wir haben nicht vor, den Online-Buchungsplattformen Konkurrenz zu machen“, fügt sich Sales ein. Deswegen wolle TGL die Erreichbarkeit ihrer Angestellten unter anderem mit längeren Öffnungszeiten verbessern. „Wir wollen mehr für unsere Kunden da sein – und auch über andere Wege wie Chats und Videoberatung“, sagt Heinisch. Natürlich bleibe das klassische Reisebüro das Hauptaugenmerk von „We love to travel“ und „Voyages Emile Weber“, aber die Online-Präsenz werde sich auch verbessern. „Diese Punkte standen schon alle auf der To-do-Liste, aber die Corona-Krise hat das eben beschleunigt“, erklärt Heinisch.
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