D’Miseler Land brennt / „Ween drénkt dann haut nach eng Drëpp?“
Der größte Feind des Menschen ist und bleibt der Alkohol. Dem „Buch der Bücher“ konnten wir aber den, im wahrsten Sinne des Wortes, geistreichen Spruch entnehmen: „Du sollst deine Feinde lieben!“ Mit diesem Zitat möchten wir dennoch die geneigte Leserschaft keineswegs zum übermäßigen Alkoholkonsum animieren, vielmehr jedoch auf den geistvollen Genuss eines edlen Brandes verweisen, wenn man z.B. in geselliger Runde eine ausladende Tafel genossen hat und man dem Verdauungstrakt abschließend etwas „Gutes“ zuführen möchte.
Wir wollten bei der diesjährigen Edition einmal der Frage aus unserem Titel nachgehen, also ob, salopp gesagt, „Schnaps trinken“ eigentlich noch dem heutigen Zeitgeist entspricht. Wir haben hierzu Überraschendes in Erfahrung bringen können. Wir waren u.a. zu Gast bei Camille Duhr von der Distillerie Diedenacker in Niederdonven. In vielen Metiers gibt es ja, nennen wir sie einmal „Besessene“ oder „Verrückte“ – und das meinen wir keineswegs despektierlich – die sich mit Passion und Herzblut einer Sache hingeben. Was z.B. Laurent Kox in der Weinbranche darstellt, gilt für Camille Duhr in der Welt der Edelbrände. Bei ihm wird nichts unversucht gelassen, Neues zu kreieren. So hat er u.a. bereits 2005 als erster Luxemburger einen Whisky destilliert und wartet in diesem Jahr erstmals mit einem zehnjährigen Erzeugnis auf, einem Single Malt aus reiner Gerstenmaische. Seine edelsten Brände baut er in Barrique-Eichenfäassern aus, die er von Winzerkollegen kauft. Zu seinen Premium-Produkten gehören aber auch ein Gin, ein Quetsch und eine Mirabelle aus der exklusiven Produktreihe „Gëlle Fra“.
Alles hat seine Zeit
Apropos Gin! Hier gibt oder gab es doch jetzt über Jahre hinweg einen regelrechten Hype, gerade bei der jüngeren Generation. Hält das immer noch an, möchten wir gerne in Erfahrung bringen.
„Der große Boom ist schon abgeebbt“, weiß Camille Duhr. „Der Konsum ist leicht rückläufig. Der Einbruch kam nach der Corona-Krise. Vor ein paar Jahren gab es rund 40 verschiedene Gins hier im Land. Das hat abgenommen, nachdem der Kunde sich auf seinen Favoriten festgelegt hatte und die Zeit des Probierens vorbei war. Das ergab dann einen kleinen Dämpfer, hat sich aber jetzt stabil eingependelt.“
Aber Camille dreht schon wieder an einem neuen Rad. In etwa zwei Jahren bringt er sein neuestes Experiment auf den Genussmarkt: einen Rum. „Ich war in Berlin auf einer ‚Rum-Convention‘. In Berlin trinkt nahezu niemand mehr Gin. Rum ist das neue In-Getränk“, lässt er uns wissen. Und damit das Ganze auch das zum Genuss erforderliche Feeling erzeugt, hat er Zuckerrohr in Brasilien gekauft und sich Rum-Fässer aus Barbados besorgt. So viel zum Thema „Besessenheit“.
Die Klientel bei Diedenacker hat sich allerdings sehr verjüngt, erfahren wir weiter. Vielfalt in der Produktpalette ist offensichtlich gefragt. Zu Camilles Sortiment gehören da u.a. Edelbrände aus Schlehen, Holunder, Himbeere oder der „Hondsaarsch“, ein Destillat aus Mispeln.
Traditionelle Brände wieder gefragt
In der Moselmetropole Grevenmacher besuchen wir die Distillerie Streng. Pol Streng und seine Schwester Martine führen den Betrieb in der bereits vierten Generation. Im Hof duftet es nach Flammkuchen, „Kniddelen“ und frisch gebackenem Kuchen. Pol war einer der Vorreiter in Sachen „Gin“ im Großherzogtum. Auch er bestätigt, dass der Hype ein Ende gefunden hat, die treue Kundschaft aber immer noch da ist und man auch die Rezepturen im Laufe der Jahre immer wieder verfeinert hat. Bei ihm zu Gast ist Steve Pigeon von „Cigar Humidor Luxembourg“. Im Raum, in der die Brenneranlage steht, ist eine Raucherlounge eingerichtet, hier kann man sich an exklusiven Zigarren versuchen. Pol und Steve haben einen Gin mit Zigarrennoten kreiert. Das Produkt fand reißenden Absatz bei Zigarrenenthusiasten und kommt demnächst in einer Neuauflage auf den Markt. „Ansonsten blieb bei uns im Hause nicht viel Zeit zum Experimentieren“, erklärt Pol. „Wir verzeichnen allerdings eine gestiegene Nachfrage nach traditionellen ‚Drëppen‘ wie Quetsch, Mirabell oder Williams“, erklärt er weiter.
Wer also auf der Suche nach einem edlen Destillat ist, wird in den heimischen Brennereien auf jeden Fall fündig. Halten wir noch gerne fest, dass es vor rund 100 Jahren unglaubliche 2.000 Brennereien im Großherzogtum gab, so zu erfahren von Josy Zenner, seines Zeichens Präsident der „Asbl d’Brenner am Miseler Land“. In den 80er Jahren waren es deren noch etwa 150, heute bleiben noch rund 40.
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