Hausdurchsuchung im Rathaus / Weiswampach kommt einfach nicht zur Ruhe
In der Weiswampacher Gemeinde geht es weiter hoch her. Nach einem Referendum, dessen Resultat den Bürgermeister und sein Gefolge kaltließ, dem Rücktritt des Zweiten Schöffen und einem verbalen Übergriff während einer Gemeinderatssitzung wurden nun sogar die Gemeindebüros durchsucht und mehrere Dokumente beschlagnahmt. Dies im Rahmen von juristischen Voruntersuchungen wegen Vorwürfen von illegaler Vorteilnahme und Verstößen gegen das Bautenreglement.
Bürgermeister Henri Rinnen steht wieder einmal im Mittelpunkt der Kritik der „Biergerinitiativ Gemeng Wäiswampich“. Wie das Luxemburger Wort am 6. März berichtete, geht es im neuen Dossier um ein Mietwohnungsprojekt. Genauer gesagt handelt es sich dabei um eine von Rinnen erteilte Baugenehmigung für vier Wohnblöcke auf einer einzigen Parzelle mit dem Namen „Om Knupp“.
Diese Genehmigung sei „illegal“, so die Bürgerinitiative. Der Bürgermeister habe ihrer Meinung nach sowohl gegen das Gemeindeentwicklungsgesetz als auch gegen die Vorschriften des allgemeinen Bebauungsplans der Gemeinde Weiswampach verstoßen. Darüber habe man das Innenministerium Ende vergangenen Monats in Kenntnis gesetzt. Die Baugenehmigung sei seit 2018 dreimal um jeweils ein Jahr verlängert worden, das Gesetz sehe aber maximal zwei Verlängerungen vor. Zudem verstoße die Baugenehmigung für insgesamt 40 Mietwohnungen gegen den allgemeinen Bebauungsplan, der auf der erwähnten Parzelle maximal 20 Wohneinheiten vorsehe. Probleme habe die Bürgerinitiative in diesem Fall auch mit der Tiefe des Kellergeschosses und der Giebelhöhe, die im Widerspruch mit dem Bebauungsplan stehen würden.
Beschlagnahmung von Dokumenten
Am vergangenen Freitag rückten auf Anordnung der Staatsanwaltschaft ermittelnde Beamte im Rathaus in Weiswampach an und beschlagnahmten im Laufe einer Hausdurchsuchung mehrere Dokumente. Wie der Sprecher der Luxemburger Justiz, Henri Eippers, der Presse gegenüber zu verstehen gab, sei diese Hausdurchsuchung im Rahmen einer juristischen Voruntersuchung durchgeführt worden. Dabei gehe es um den Vorwurf gegen den Bürgermeister wegen illegaler Vorteilnahme und des Verstoßes gegen das Bautenreglement.
Bürgermeister Rinnen scheint das kaltzulassen. Aufgrund der immer wieder geäußerten Vorwürfe der Bürgerinitiative und der Opposition im Gemeinderat sei er über diese Hausdurchsuchung nicht sonderlich überrascht, so der Gemeindevater gegenüber der Presse. Zu verschiedenen nun wieder geäußerten Anschuldigungen habe er bereits Ende 2019 gegenüber dem Innenministerium Stellung bezogen. Sie seien, laut Rinnen, als geringfügig eingestuft worden.
Andere sichergestellte Dokumente stünden im Zusammenhang mit einer von Oppositionsrat Vincent Geiben an das Umweltministerium eingereichten Klage. In diesem Dossier geht es um die Baugenehmigung für eine Gemeindehalle in der Nähe der Kläranlage in Weiswampach. Ob es nun zu juristischen Folgen kommen wird oder nicht, müssen die polizeilichen Ermittlungen ergeben. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.
„Fun Park“ sorgt für Ärger
Der Streit zwischen Bürgermeister Rinnen und der Bürgerinitiative bricht im Sommer vergangenen Jahres aus. Da machte Weiswampach plötzlich heftig von sich reden. Die Nachricht von den Plänen eines Privatinvestors sorgte für Freude bei den einen und für Entsetzen bei den anderen Bürgern dieser Gemeinde. 50 Millionen Euro möchte die belgische Gruppe Lamy in eine groß angelegte Ferienanlage mit „Fun Park“ investieren. Die hierfür erforderlichen 35 Hektar Land rund um den Weiswampacher See sollen dem Investor per Erbpachtvertrag zur Verfügung gestellt werden. Die jährliche Pacht beläuft sich auf 25.000 Euro.
Dieser Preis für satte 35 Hektar Land sei einfach nur lächerlich, so die „Biergerinitiativ Gemeng Wäiswampich“ vergangenen Sommer in einem Schreiben. Doch dies sei nicht der einzige Kritikpunkt. Die geplante Ferienanlage sei völlig überdimensioniert, würde überhaupt nicht ins Landschaftsbild passen und sei ökologisch gesehen keinesfalls annehmbar. Einen weiteren faden Beigeschmack erhielt das Ganze dadurch, dass Bürgermeister Henri Rinnen und Schöffe Norbert Morn das Projekt, Referendum hin oder her, auf Teufel komm raus durchziehen wollten. Die Planungen seien bereits so weit fortgeschritten, dass man nicht mehr zurückrudern könne. Und ein Referendum sei ja auch nicht bindend …
Das erwähnte Referendum fand am 8. September 2019 statt. Rund 60 Prozent der Urnengänger sprachen sich gegen das Ferienresort aus. „Wir hatten mit dem für uns positiven Resultat dieser Volksbefragung im Vorfeld gerechnet“, so Paul Holweck, Architekt und Präsident der erwähnten Bürgerinitiative, im September 2019 gegenüber dem Tageblatt. „Weder die hohe Anzahl derer, die gegen das Projekt gestimmt haben, noch die abweisende Aussage von Bürgermeister Rinnen haben uns überrascht. Rinnen hatte sogar bereits vor dem Referendum angekündigt, dass ihn das Resultat dieser Volksbefragung, die ja nicht bindend sei, kaltlassen wird.“
Rücktritt des Zweiten Schöffen
In der Schöffenratssitzung zwei Tage nach dem Referendum wollte der Zweite Schöffe Michel Deckenbrunnen, der die Konvention mit der „Groupe Lamy“ nicht mitunterschrieben hatte, wissen, wie es sich denn nun nach dem Referendum mit dem Projekt hält. Er hatte die Frage sogar zweimal gestellt, erhielt aber keine Antwort vom Bürgermeister.
Tags darauf zog Deckenbrunnen die Notbremse. Er demissionierte sowohl aus dem Schöffen- als auch aus dem Gemeinderat. „Ich kann mich mit der Arbeitsweise unserer Gemeindeführung überhaupt nicht mehr identifizieren“, so Deckenbrunnen damals gegenüber dem Tageblatt. „Transparenz und Dialog sind Fremdwörter, schriftliche oder mündliche Fragen an den Bürgermeister werden von diesem abgeschmettert, ,normale‘ Diskussionen sind unmöglich, Entscheidungen werden zum Teil ohne Rücksprache mit dem Schöffen- und Ratskollegium getroffen … Es macht weder Sinn noch Spaß, auf diese Art und Weise weiterzuarbeiten.“
Die Gründe, die ihn zu diesem Schritt geführt hätten, seien mannigfaltig. Das Projekt des Ferienresorts, das der Bürgermeister allein mit der Unterschrift seines Ersten Schöffen Morn durchziehen wolle, und das Resultat des Referendums, das Rinnen absolut kaltlasse, seien die Tropfen gewesen, die das Fass zum Überlaufen gebracht hätten.
Erinnern wir auch daran, dass nach den vergangenen Kommunalwahlen Rinnen und Deckenbrunnen ein Splitting-Abkommen getroffen hatten, dass Letzterer aufgrund der Wahlresultate im Jahr 2020 das Amt des Bürgermeisters von Rinnen übernehmen soll. „In der dritten Gemeinderatssitzung nach diesen Wahlen war ich bei einem Punkt nicht mit Bürgermeister Rinnen einverstanden, was ihn sofort zu der Aussage bewegte, er werde das Splitting-Abkommen nicht respektieren …“, so Michel Deckenbrunnen.
Polizei rückte an
Am 2. Oktober vergangenen Jahres wurde dann ein weiteres Kapitel der Geschichte geschrieben. Als Bürgermeister Henri Rinnen in der öffentlichen Gemeinderatssitzung das Resultat einer vorher in einer Geheimsitzung stattgefundenen Abstimmung bekannt gab, während der Jos Vesque mit fünf von acht Stimmen zum neuen Zweiten Schöffen gewählt wurde, wollte Oppositionsrat Vincent Geiben wissen, warum seine fünf Punkte, die er laut Gesetz rechtzeitig eingereicht hätte, nicht auf der Tagesordnung berücksichtigt wurden.
Bürgermeister Henri Rinnen gab kurzerhand zu verstehen, dass diese Punkte vom Schöffenrat, nach einer juristischen Prüfung, verworfen wurden und daher nicht zur Debatte stehen würden. Daraufhin entfachte ein heftiges Wortgefecht, das damit endete, dass Rinnen seinen Kontrahenten kurzerhand aus dem Sitzungssaal verwies.
Da Geiben aber dieser Aufforderung des Bürgermeisters nicht nachkam, unterbrach Letzterer die Sitzung und rief die Polizei zu Hilfe. Fast gleichzeitig mit dem Eintreffen der beiden Polizisten entschied sich der Bürgermeister, nach einem Telefonat mit dem Innenministerium, einzig und allein eine der fünf Fragen von Rat Geiben am Ende der Sitzung zu behandeln.
Bürgerinitiative gibt nicht auf
„Dieses Vorgehen des Bürgermeisters bringt uns dazu, zahlreiche Baugenehmigungen aus den letzten Jahren genauer unter die Lupe zu nehmen. Dazu gehören auch die Kommodo-Genehmigungen, etwa für Gebäude mit Tiefgaragen. In 20 Fällen haben wir nun bei der Gemeinde um Einsicht in diese Genehmigungen gebeten“, so der Präsident der „Biergerinitiativ Gemeng Wäiswampich“, Paul Holweck, im Oktober 2019.
Die Grabenkämpfe gehen weiter. Sowohl die Opposition im Gemeinderat als auch die Bürgerinitiative erhoben immer wieder Vorwürfe gegen die Gemeindeführung wegen mutmaßlich illegaler Baugenehmigungen und Gesetzesverstößen. Ende 2019 schaltete sich dann auch das Innenministerium ein, das seinerseits die Staatsanwaltschaft in Diekirch um eine Untersuchung gebeten hatte. Grund: „Eine gewisse Anzahl von Verstößen gegen das Bautenreglement“.
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Hochmut kommt vor dem Fall, gilt auch für Henri Rinnen.