Grenzkontrollen / Weiter Stau-Frust auf der Trier-Autobahn – Bis jetzt keine Fußball-Gewalttäter
Nadelöhr Trier-Autobahn: Autofahrer beschweren sich über die Grenzkontrollen der deutschen Polizei wegen der Fußball-EM. Gewalttätige Fußballfans haben die Beamten im Raum Trier noch nicht festgenommen – aber Haftbefehle vollstreckt und illegale Einreisen verhindert.
„Die Rückreisedauer hat sich mittlerweile fast verdreifacht“, sagt Andrea Klein. „Dass dies zu einer enormen Unzufriedenheit der Grenzpendler führt, ist verständlich.“ Klein wohnt in Trier und arbeitet in der Nähe des Luxemburger Flughafens. Wie viele Tausend weitere Pendler oder andere Menschen, die von Luxemburg nach Deutschland fahren wollen, muss sie sich derzeit auf längere Fahrzeiten einstellen. Grund dafür sind – davon ist Klein überzeugt – die Kontrollstellen der Bundespolizei an der deutschen Grenze.
Als Nadelöhr hat sich vor allem die Autobahn 64 herausgestellt. Die führt die Luxemburger A1 ab der Raststätte Wasserbillig weiter auf der deutschen Seite in Richtung Trier. Nach der Sauertalbrücke ist derzeit auf der Autobahn eine Baustelle eingerichtet, die den Verkehr ohnehin auf zwei Spuren zwängt. Am Ende der Baustellenbarken: der Checkpoint der Bundespolizei. Hier wird der Verkehr vom Baustellentempo 80 weiter auf 20 km/h heruntergebremst, damit die Beamten in die Autos schauen können.
Freude auf die Fußball-EM
„Wir freuen uns sehr auf die Fußball-Europameisterschaft bei uns in Deutschland“, zitiert eine Pressemitteilung die deutsche Innenministerin Nancy Faeser am 7. Juni. „Die Sicherheit hat dabei höchste Priorität.“ Die Sicherheitsbehörden wappneten sich mit „maximalem Einsatz“ gegenüber allen denkbaren Gefahren. „Unser Fokus reicht von der Bedrohung durch islamistischen Terror über Hooligans bis hin zu Cyberangriffen“, sagt Faeser. Die Bundespolizei könne Grenzkontrollen an allen deutschen Grenzen vornehmen. „Damit wollen wir vor allem Gewalttäter früh erkennen und stoppen.“ Alle Reisenden werden gebeten, gültige Reisedokumente beim Grenzübertritt mitzuführen.
Wie das deutsche Innenministerium dem Tageblatt bestätigt, hat die Bundespolizei vom 7. bis 13. Juni „an allen deutschen Grenzen und an Flug- und Seehäfen 173 offene Haftbefehle vollstreckt und 19 Fahndungstreffer aus dem Bereich der politisch motivierten Kriminalität festgestellt“. In diesem Zeitraum wurden auch „zirka 1.400 unerlaubte Einreisen festgestellt. Dabei wurden in zirka 900 Fällen einreiseverhindernde beziehungsweise aufenthaltsbeendende Maßnahmen getroffen und 34 Schleuser festgenommen.“ Wie viele Hooligans oder Terroristen in diesen Daten stecken, geht aus der Antwort nicht hervor.
Unerlaubte Einreisen, Haftbefehle, Strafvollstreckungen
Stefan Döhn von der Bundespolizei in Trier sagt dem Tageblatt am Montagmittag, dass auch an der A64 bereits „Feststellungen“ gemacht wurden. „Sowohl im Ordnungsrecht, im Bereich unerlaubte Einreisen, als auch bei Haftbefehlen und Strafvollstreckungen.“ Die Polizei habe auch Fußballfans festgestellt, aber keine sogenannten „Gewalttäter Sport“. „Keine Hooligans, keine potenziellen Attentäter“, sagt Döhn. Also hätten die Kontrollen Sinn, vielleicht auch als Abschreckung.
Pendlerströme aus Deutschland
52.619 Arbeitnehmer aus Deutschland arbeiten in Luxemburg. Das geht aus Statec-Daten von Ende 2023 hervor. An der Zählstelle der Luxemburger Straßenverkehrsverwaltung auf der A1 kurz vor dem Grenzübergang wurden im ersten Quartal 2024 werktags durchschnittlich 25.668 Fahrzeuge gezählt. 12.222 davon in Richtung Trier. Die Rushhour in diese Fahrtrichtung beginnt um 15 Uhr und endet um 20 Uhr. Höhepunkt des Verkehrsaufkommens war Anfang 2024 zwischen 17 und 18 Uhr, als durchschnittlich 1.354 Autos an der Zählstelle vorbeifuhren. Am meisten Verkehr herrschte am Grenzübergang übrigens freitags. (sen)
Der Polizeisprecher erklärt, dass seine Kollegen an den Grenzübergängen tatsächlich nur Stichproben machten. „Wir machen keine Vollkontrollen. Das wäre, wenn wir alle herausziehen und kontrollieren würden.“ Zu den Gerüchten, dass auch Luxemburger Pendlerbusse kontrolliert würden, sagt er: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Pendlerbus kontrolliert oder rausgewunken wird.“ Vielleicht sei das am Anfang der Kontrollen passiert, weil die Trierer Polizisten auch von Kollegen aus Koblenz unterstützt würden. „Dort ist nicht jeder ortskundig.“
Döhn ist davon überzeugt, dass der Stau auf die Baustelle zurückzuführen ist und nicht auf den Kontrollpunkt. „Sicher kann es sein, dass wir auch ein wenig Stau produzieren würden, wenn die Baustelle nicht da wäre“, sagt er. Aber: „Ich wehre mich dagegen, dass der Stau Ursache der Bundespolizei Trier sein soll.“ Die Fahrzeuge würden baustellenbedingt eh schon 80 km/h fahren. „Wir bremsen den Verkehr auf 20 km/h herunter, damit wir in die Wagen hineinschauen können.“ Der Stau sei auch da, wenn die Polizei nicht dort stehen würde. „Vielleicht nicht so lang“, sagt Döhn. Aber die Kontrollen seien nur temporär und im Rahmen der Europameisterschaft. In vier Wochen seien sie wieder aufgehoben.
„Wir müssen ein bisschen um Verständnis werben, bei den Luxemburgern und Pendlern“, sagt Döhn. „Und wir versuchen, den Verkehr so wenig wie möglich zu beeinflussen.“ Jeder wolle wissen, wer zu Hause zu Besuch kommt. „Und die Zahlen geben uns recht.“
Glodens Bitte bis jetzt nicht erhört
Wer nun tatsächlich wie viel Stau verursacht, könnte sich Ende dieser Woche zeigen. Dann will die Autobahn-GmbH, die für die Baustelle zuständig ist, wieder eine „Wechselverkehrsführung“ einführen. Nachmittags kann der Verkehr dann auf zwei Spuren in Richtung Deutschland fließen. Zumindest theoretisch. „Die Kontrollstelle der Bundespolizei wird nach der Freigabe der bewährten Wechselverkehrsführung an den Beginn der Baustelle verlegt“, erklärt eine Sprecherin der Autobahn-GmbH am Montagnachmittag gegenüber dem Tageblatt. „Dies wird vermutlich auch weiterhin zu Verkehrsbehinderungen im genannten Streckenbereich führen.“
Die Intervention von Luxemburgs Innenminister Léon Gloden bei seiner Amtskollegin Faeser scheint zumindest bis jetzt noch keine Planänderung verursacht zu haben. „Die Bundespolizei Trier hat bis dato noch keine neuen Anordnungen“, sagt Polizeisprecher Döhn. Aus dem Bundesinnenministerium heißt es am Montag, dass die „Beeinträchtigungen für den grenzüberschreitenden Verkehr nicht über das für die Sicherheit erforderliche Maß hinausgehen“ würden – und sendet zumindest einen kleinen Silberstreif: „Um diese Beeinträchtigungen insbesondere an der deutsch-luxemburgischen Grenze weiter zu minimieren, ist die regional zuständige Bundespolizeidirektion Koblenz bereits im Austausch mit den luxemburgischen Partnerbehörden.“
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