Frankreich / Wendung in der Causa Frank Schneider: Luxemburger Ex-Spion aus seinem Hausarrest verschwunden
Neue Wendung in der Causa Frank Schneider. Der luxemburgische Ex-Spion ist aus seinem französischen Hausarrest verschwunden. Und jetzt? Bislang steile Thesen, Spekulationen, Gerüchte. Schneider mag weg sein. Aber er ist auch wieder im Gespräch.
Im Hof des Landhauses in Joudreville, im nahen französischen Grenzgebiet, an Schneiders Adresse, wie sie im französischen Telefonbuch zu finden ist, parkt ein weißes SUV. Im Garten wacht ein Schäferhund. An diesem Anwesen, umrahmt von Dorfkirche und Weltkriegsmahnmal, bleibt das Klingeln am vergangenen Pfingstwochenende unbeantwortet. Frank Schneider ist nicht anzutreffen. Beim Anruf heißt es: „Le numéro que vous avez composé n’existe pas.“
Das Gerücht um das Verschwinden des ehemaligen Direktors für verdeckte Operationen des luxemburgischen Geheimdienstes SREL machte seit vier Wochen in Luxemburg die Runde. Mehrere Quellen hatten das Tageblatt darauf hingewiesen. Nun bestätigte die Staatsanwaltschaft in Nancy gegenüber Radio 100,7, dass Schneider auf der Flucht ist. Laut dem Bericht liege ein Haftbefehl gegen Schneider vor, weil er sich seiner elektronischen Überwachung entzogen haben soll. Trotzdem stellen sich weiterhin vor allem Fragen.
Wie kann es sein, dass Schneider, trotz strenger Überwachung, nicht mehr im französischen Joudreville wohnt? Der Mann, der von der US-Justiz gesucht wird, da sie ihn verdächtigt, in den vielleicht größten Betrugsskandal der jüngeren Geschichte verwickelt zu sein. Die Antwort eines mit der Affäre Vertrauten: „Wenn Schneider nicht mehr in Joudreville ist und es keinen europäischen Haftbefehl gegen ihn gibt, kann das nur eines heißen: dass er in den sicheren Händen eines anderen Justizapparates ist.“
Im April 2021 war Schneider von französischen Polizeibeamten festgenommen und im Herbst desselben Jahres aus seiner Haft in Nancy in einen Hausarrest entlassen worden. Einen Hausarrest unter strengen Auflagen.
Aus Gründen: Die US-Justiz sucht Schneider mit internationalem Haftbefehl. Seit Monaten warten die Amerikaner auf seine Auslieferung. Ein New Yorker Gericht wirft Schneider im Zusammenhang mit dem sogenannten Onecoin-Skandal bandenmäßigen Betrug und Geldwäsche im Zusammenhang mit Kryptowährungen und Geschäften nach Schneeballsystem vor. Es geht um den vielleicht größten Betrugsskandal weltweit. Käufer der imaginären Kryptowährung Onecoin sollen um eine Summe von fünf bis 15 Milliarden Euro betrogen worden sein. Schneider hat jahrelang für Onecoin gearbeitet. Er soll eine wichtige Rolle in dem großangelegten Betrugssystem gespielt haben.
Ein Mann demnach, auf den die Franzosen aufpassen sollten. Was sie in der Regel offenbar auch taten. Die Fußfessel war so streng eingestellt, dass der Alarm losging, als Schneider einmal in seinem Garten den Pizzaofen reinigen wollte. Schwer vorstellbar, dass Schneider sein Anwesen nun ohne das Mitwissen der Franzosen verlassen konnte.
Wer in den vergangenen Tagen mit Vertrauten Schneiders sprach, hörte immer wieder, dass Schneider sicher weg sei. Der Rest waren Vermutungen. Entweder sitze Schneider in einem Safe House irgendwo in der Region, vielleicht sogar in Luxemburg, wo er am sichersten vor einer Auslieferung an die USA wäre und eine gewisse Lobby in konservativen politischen Kreisen von CSV und ADR hat. Oder er sei doch in den USA, die ihm, so eine Quelle, ein Angebot gemacht hätten, das ihm statt der Haft einen Hausarrest in den USA für die Dauer des Onecoin-Prozesses in Aussicht gestellt hätte. Oder haben gar die Briten vom Auslandsgeheimdienst MI6 ihn geholt? Der Mossad aus Israel und Schneider sitzt jetzt in einem Kibbuz? Zu den Israelis, aber vor allem zu den Briten werden Schneider von allen Gesprächspartnern beste Kontakte nachgesagt. Große Namen demnach – aber vor allem: steile Thesen, Spekulationen und Gerüchte. Schneider mag weg sein. Aber er ist auch wieder im Gespräch.
Im Herbst 2022 flehte Schneider um eine Rückkehr nach Luxemburg. Er wollte eine Auslieferung an die USA unbedingt vermeiden. Doch er stieß bei Regierung und Justiz auf taube Ohren. Die Affäre wurde zum Politikum. Schneider war damals schon bekannt in Luxemburg. 2013 stand er im Mittelpunkt des Geheimdienstskandals, über den Staatsminister Jean-Claude Juncker stürzte. Später gründete er das Intelligence-Unternehmen Sandstone und pflegte stets enge Kontakte zu europäischen und nicht-europäischen Geheimdiensten. Dann die Onecoin-Affäre, die Haft, der Hausarrest.
Die mögliche Auslieferung an die USA hing wie ein Damoklesschwert über Schneider. Ihm drohten lange Jahre Haft in einem amerikanischen Gefängnis. Schneider befürchtete, eine solche Haft nicht lange zu überleben. Dafür habe er zu viel Insider-Wissen in einer Affäre, in der es um irre Mengen Geld gehe – und damit um viel Macht.
Einer, der Schneider in den vergangenen Wochen noch gesehen haben will, ist sein Anwalt Laurent Ries. In ihrem letzten Gespräch habe Schneider ihm noch folgenden Satz mit auf den Weg gegeben, sagt Ries zum Tageblatt: „Weglaufen ist keine Option für mich.“ Jetzt ist Schneider trotzdem weg. Das Politikum könnte zurück sein.
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ehe ich 226 jahre in einem us-bing hocke mach ich mich vom Acker. viel glueck monsieur Schneider irgendwo in der Karibik.
Immerhin gut zu wissen dass sogar die Justiz im Westen nicht „geeint“ ist bzw. jedes Land den anderen im Unwissen lässt. Vielleicht haben Putin und die Verschwörungstheoretiker doch Recht, der freie Westen ist eine Blase und die Mächtigen sind noch immer ein Verein von Illuminati. Deswegen sind Stammtischgespräche auch so gut, da werden wenigstens die Kreise aufgedeckt.