Prozess / Cafébetreiber darf wegen Corona weniger Miete zahlen: Gericht erkennt „guten Willen“ an
Wegen der staatlichen Schließungen oder Einschränkungen im Rahmen der Pandemiebekämpfung konnte ein Cafébetreiber in Clausen nicht arbeiten wie normal. Deshalb braucht er für diese Zeit auch nicht die volle Miete zu zahlen, wie das Bezirksgericht Luxemburg jetzt in zweiter Instanz festhält. Der vom Anwalt ins Spiel gebrachte „gute Wille“ spielte dabei eine wichtige Rolle. Das Urteil ist nicht allgemein anwendbar. Trotzdem dürfte es wegweisend sein.
Ein Cafébetreiber aus den „Rives de Clausen“ darf wegen Corona weniger Miete zahlen und sein Mietvertrag wird auch nicht aufgelöst. So hat es das Bezirksgericht Luxemburg in zweiter Instanz nun entschieden. Es ist ein wichtiges Urteil, weil es etwas Licht ins bisherige Dunkel des Zusammenspiels von Brauereien, Immobilienbesitzer und Cafépächtern bringt.
LINK Lesen Sie zum Thema auch den Kommentar „Salomonisches Urteil“
Wegweisend darf man das Urteil deshalb getrost nennen. Nichtsdestotrotz ist es mit Vorsicht zu genießen. Zum einen ist es nicht allgemein anwendbar und es bedeutet vor allem nicht, dass es prinzipiell von der Zahlung der Miete und sonstigen vertraglichen Vereinbarungen befreit.
„Bonne foi“
Interessant ist das Urteil vor allem, weil der Begriff der „bonne foi“ eine wesentliche Rolle spielt. Darüber freut sich besonders auch Me Frank Rollinger, der sich als Anwalt des Cafébetreibers mit diesem Begriff vor Gericht durchsetzen und damit seinen Mandanten unter anderem vor der Auflösung seines Vertrages schützen konnte.
„Bonne foi“ kann man mit „gutem Glauben“, aber eher vielleicht mit „gutem Willen“ übersetzen. Im Gegensatz zum nahen Ausland spielte dieser Begriff bisher in der Luxemburger Justiz, wenn überhaupt, eine eher untergeordnete Rolle. Dabei ist er in Artikel 1134 des Zivilgesetzbuches durchaus vorgesehen.
Das jetzige Urteil sei ein Präzedenzfall, so Me Frank Rollinger. Es zeige auch, wie wichtig es sei, ähnlich wie im Ausland, den Begriff des Unvorhersehbaren im Zivilgesetzbuch zu verankern. „Wenn sich Umstände grundlegend ändern, muss neu verhandelt werden können.“ Dass die Richter jetzt im Namen der Gerechtigkeit oder der Angemessenheit in einen Vertrag eingegriffen hätten, sei ein Zeichen in diese Richtung.
Im Gerichtsurteil wird dem Mieter des Cafés guter Wille bescheinigt. Er habe alles getan, um seinen Verpflichtungen nach Möglichkeit nachzukommen. Dass ihm das nicht komplett geglückt sei, liege an der Pandemie und an den staatlich verordneten Schließungen beziehungsweise Einschränkungen. In diesem Falle zum Beispiel, dass statt 250 Gästen nur maximal 70 bewirtet werden konnten.
Nicht einseitig
Das Gericht glaubt dem Pächter auch, dass er mit Vermieter und Brauerei ein Übereinkommen gesucht habe, was aber gescheitert sei. Im Gegenzug wird dem Vermieter deshalb auch vorgeworfen, dass er nicht guten Willens gewesen sei, weil er ebendiese pandemiebedingte außergewöhnliche Lage nicht berücksichtigt und auf Biegen und Brechen auf das Einhalten des Vertrages gepocht habe.
Als einseitig kann man das Urteil des Gerichtes nicht bezeichnen. Es geht nämlich nicht auf alle Beanstandungen des Pächters ein. Ebenso wenig verdammt es Brauerei oder Besitzer. Interessant ist vielmehr, dass das Gericht eine Risikoverteilung zwischen Vermieter und Mieter ins Spiel gebracht hat, die es so noch nie gegeben hat. Ein „salomonisches Urteil“ sozusagen.
Wichtig ist aber vor allem, dass nun eine Bresche geschlagen wurde in das bisher sehr streng gehandhabte Vertragsrecht in diesem Wirtschaftsbereich. Die Frage, die sich nun öfters stellen wird, lautet: Ist ein Vertrag, der unter gewissen Voraussetzungen unterschrieben wurde, auch dann noch vollumfänglich gültig, wenn sich die Bedingungen ändern? Darüber wird demnächst sicherlich noch viel gestritten und diskutiert werden. Dieses Plus an mehr „gesundem Menschenverstand“, das jetzt im Urteil durchscheint, könnte sich jedenfalls aber durchaus auch in der von Justizministerin Sam Tanson angekündigten Modernisierung des Zivilgesetzbuches zeigen.
Horesca bleibt vorsichtig
François Koepp, Generalsekretär des Hotel- und Gaststättengewerbes Horesca, freut sich über das Urteil. Er warnt aber auch vor überschwänglicher Begeisterung. Dieses Urteil sei nicht definitiv und es sei nicht eins zu eins auf andere Fälle anwendbar. Vor allem sei es kein Aufruf, keine Miete mehr zahlen oder sich nicht an Verträge halten zu müssen.
Dass der Begriff der „bonne foi“, des guten Willens, Einzug in die Rechtsprechung in Luxemburg gefunden hat, begrüßt er. Allerdings ist er sich nicht sicher, ob sich jeder Cafépächter hierzulande vollends bewusst ist, was es bedeutet. Auf jeden Fall sei es kein Freifahrtschein. Die Horesca rät ihren Mitgliedern daher, zu prüfen, ob ihre Situation wirklich ähnlich ist, ihren Mietvertrag sorgfältig zu lesen und mit dem Vermieter zu diskutieren. Im Zweifel solle man Rücksprache mit der Horesca halten.
Die Zukunft voraussagen könne man mit diesem Urteil jetzt nicht. „Deshalb verfolgen wir mit großem Interesse, wie es weitergeht und vor allem wie die Brauerei allgemein und auf juristischem Plan reagieren wird“, so François Koepp. Berufung vor dem Kassationsgerichtshof ist nämlich durchaus möglich.
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Wenn ein Wirt wegen unvermeidbarer höherer Gewalt nicht arbeiten kann und DARF, dann darf er seine sauer verdienten Ersparnisse dem Vermieter in den Rachen werfen – so möchte dieser das! Die Zecke lässt seinen Wirt nicht los, bis er ausgeblutet ist! Es interessiert nicht, ob der andere dann vielleicht auf der Straße landet, ist ja nicht sein Problem! Ein neues Gesetz muss her, nicht um mögliche Faulpelze zu schützen, sondern die Seriösen!
@Leila – schonn drun geduecht dass de Proprietär och nach villäicht eng Verflichtung vis-à-vis vun enger Bank huet? Den kéint och op der Strooss landen, an dat mam Locataire, wann den Immeuble versteet gëtt. A wéi erkennt een déi sérieux vun de Faulpälz? Et ass dach ëmmer deenen aneren hier schold.
Was glauben Sie, wer Besitzer der Konzessionen ist? Das sind die Brauereien und die haben das Sagen! Konzessionen im Privatbesitz sind äußerst rar, die wurden schon vor Jahrzehnten an die Brauereien verkauft. Der offizielle Vermieter ist die Brauerei, auch wenn das Gebäude im Privatbesitz ist.
Jeff, den Faulpelz erkennt man für gewöhnlich daran, dass er glaubt, das Geld (Kunde) kommt von alleine! Er glänzt durch Abwesenheit, lässt arbeiten und wenn er doch mal da ist, klopft er großspurige Sprüche! Noch nie erlebt…?
Der Mann hat ein Schanklokal gemietet, wenn er nicht ausschenken darf, dann zahlt er nicht, ich zahl auch nicht wenn mein Vermieter die Heizung im Januar ausmacht.