Start-up „WeConnect“ / Wenn Babyboomer und Digital Natives unter einem Dach leben
Es ist ein Start-up, das Studenten, die eine Unterkunft suchen, helfen will. Und schon im Leben stehende Menschen, die Platz haben, bereichert. „WeConnect“ will Co-Locationen zwischen den Generationen gründen und verspricht eine Win-win-Situation für beide Seiten. Gründer sind Studenten.
Die Idee zu „WeConnect“ steht nach zwei Stunden. So lange haben Ivo Silva (21) und Clémentine Offner (21), sie studiert Psychologie, er Wirtschaftswissenschaften an der Uni.lu, bei den „Euroskills“ in Österreich Zeit, sich etwas auszudenken. Sie vertreten 2021 Luxemburg im Bereich „Entrepreneurship“ und haben eine Vorgabe.
Das Projekt muss dem Artikel 4 der UN-Nachhaltigkeitsziele gerecht werden. Der wiederum hat zum Ziel, inklusive und qualitativ gleichwertige Bildung für alle mit einem Projekt zu verwirklichen sowie Chancen für lebenslanges Lernen zu entwickeln. „WeConnect“ vereinbart die Wohnungsnot von Studenten mit dem Austausch zwischen den Generationen.
Die Plattform will lebenserfahrene Menschen, die Platz haben, mit Studenten zusammenbringen, die keine Wohnung für die Zeit ihrer Studien finden. Beide Seiten sollen voneinander lernen. Und letztendlich davon profitieren – weit über das Wohnproblem hinaus. „Wir hatten die Erfahrung schon gemacht und viel von Christian (Gutenkauf, Anm. d. Red.) gelernt“, sagt Silva. „Der Austausch mit ihm ist wichtig.“
Beide Seiten lernen voneinander
Umgekehrt gilt das auch. Den 59-jährigen Wirtschaftswissenschaftler, der mehr als zwei Jahrzehnte Schüler und Erwachsene unterrichtet und mit weit über 50 noch eine Ausbildung zum Immobilienagent abschließt, kennen sie schon länger. Er begleitet sie bei ihrer ersten „Mini-Entreprise“-Erfahrung.
Noch als Gymnasiasten gründen sie mit sieben anderen die „FrëschKëscht“, darunter Gilles Heinesch, der mittlerweile eine Ausbildung zum Piloten absolviert. Sie liefert ab 2020 frisches regionales und saisonales Obst und Gemüse nach Hause. „Seitdem habe ich großen Respekt vor denen, die den Anbau machen“, sagt Ivo. „Das ist ein schwieriges Geschäft.“ Christian Gutenkauf coacht die Schüler.
Beide Seiten lernen voneinander. Ivo Silva sagt, Christian Gutenkauf trage mit seiner Erfahrung, seinem Beharren auf strukturiertem Vorgehen anstelle der jugendlichen „Spring-ins-Wasser“-Mentalität sehr zum Gelingen ihrer Unternehmungen bei. Den Älteren wiederum beeindrucken andere Sachen.
Positive Seiten des Zusammenlebens
Der Elan, mit dem die viel jüngeren Geschäftspartner an ihre Ideen gehen, der unbedingte Glaube daran, dass es klappt und ihre Lösungs- und Kritikfähigkeit im „Daily business“ faszinieren ihn. Hinzu kommt die technikaffine Selbstverständlichkeit der „Digital Natives“ im Gegensatz zur analogen Sozialisierung der „Babyboomer“.
„Ich lerne jeden Tag von den jungen Leuten“, sagt er und es klingt eher dankbar als abgeklärt. Diese Bereicherung durch das wechselseitige Geben und Nehmen wünschen sie sich für „WeConnect“ – auch wenn die Motive, mitzumachen, sehr unterschiedlich sind. Das betrifft vor allem die Angebotsseite.
Auf Bieterseite gibt es unterschiedliche Interessen. Für die einen spielen die zusätzlichen Mieteinnahmen angesichts der hohen Preise eine nicht unwichtige Rolle. Andere wollen explizit den intergenerationellen Austausch und haben damit Erfahrung – wie Gutenkauf. „Wir haben schon mehrmals Erasmus-Studenten in unserer Familie aufgenommen und die Erfahrung war sehr, sehr positiv“, sagt er.
Aquisetour quer durchs Land
Wieder andere fühlen sich einsam in einem großen Haus und erhoffen sich Gesellschaft. „Das sind überwiegend ältere Menschen“, sagt er. Die Gründer sind derzeit auf Aquisetour quer durchs Land. Bei der Uni.lu ist die Plattform mittlerweile angekommen und die Gründer sprechen aktuell gezielt Gemeinden an. „Es liegt jetzt an uns, die Überzeugungsarbeit zu leisten“, sagt Gutenkauf.
Für Grenzgänger oder Studenten ist Co-Living nichts Ungewöhnliches. Für viele vor allem ältere Luxemburger ist diese Wohnform aber gewöhnungsbedürftig. Eine Tradition dafür fehlt im Land angesichts der vergleichsweise noch jungen Universität. Es wird sich zeigen, ob das Projekt funktioniert oder noch mal nachjustiert werden muss.
Denn auch das ist eine Erfahrung der jungen Start-up-Gründer: Die „FrëschKëscht“ hat mittlerweile ein anderes Geschäftskonzept. Sie funktioniert nur noch als Jahresendgeschenk und nicht mehr als wöchentlicher Lieferdienst. Der Kundenstamm hat sich von Privat- eher auf Geschäftskunden verlagert. Und von den ehemals sieben Schülern sind als Betreiber Gilles, Clémentine und Ivo übriggeblieben, die sich mit „WeConnect“ jetzt ins zweite Start-up-Wagnis getraut haben. Eines ist allerdings jetzt schon klar: „Es ist mehr Arbeit, als wir dachten“, sagt Coach Gutenkauf.
Das Start-up
Seit 4. Mai können sich Interessierte und Suchende auf der Plattform registrieren. Eine Wohngemeinschaft ist innerhalb der kurzen Zeit noch nicht entstanden. Als Startkapital haben die vier Gründer 12.000 Euro aufgebracht. Das Start-up ist als „Société d’impact sociétal (SIS)“ anerkannt. www.weconnect.lu.
EuroSkills
Die „EuroSkills“ ist die Europameisterschaft der Berufe. Seit 2008 findet sie alle zwei Jahre in einer wechselnden europäischen Metropole statt. In über 30 Gewerken treten Kandidaten aus gut 25 europäischen Nationen gegeneinander an
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Wenn ihr mir ein Haus schenkt, lasse ich 5 Jahre einen Studenten bei mir wohnen.