Sorgfaltspflicht / Wenn Business auf Kosten der Menschenrechte geht
Verträgt sich Business mit Menschenrechten? Bilder aus Textilfabriken in Bangladesch, wo Frauen und oftmals Kinder unterbezahlt unter unmenschlichen Bedingungen Kleider für große Modegeschäfte nähen, verneinen diese Frage. Doch wie ließen sich Warenproduktion und Dienstleistungen mit der Wahrung der Menschenrechte und sozialen Grundrechte vereinbaren? Durch verpflichtende Auflagen für die Unternehmen, fordern Organisationen der Zivilgesellschaft. Diese müssten die gesamte Wertschöpfungskette prüfen und mögliche Verstöße aufspüren und unterbinden (siehe dazu auch Tageblatt vom 16. November). Wer zum Beispiel T-Shirts verkauft, müsse dem Kunden garantieren, dass sie nicht unter sklavenähnlichen Bedingungen produziert wurden.
Bisher wird auf Freiwilligkeit gesetzt. Die UNO verabschiedete bereits 2011 ihre Leitprinzipien über Business und Menschenrechte. Einzelne Länder, darunter auch Luxemburg, beschlossen nationale Aktionspläne zur Umsetzung dieser Prinzipien. Der neueste umfasst den Zeitraum 2020 bis 2022.
Unternehmen tun sich schwer
Wie es Unternehmen in Luxemburg mit der Prüfung der Lieferkette auf mögliche Menschenrechtsverstößen halten, beleuchtet eine Studie, die im Auftrag des Außenministeriums erstellt wurde. Eine ernüchternde Schlussfolgerung vorab: Die meisten Unternehmen legten mangelnden Bewusstsein für diese Frage an den Tag, so Dr. Basak Baglayan, Autorin der Studie „Mapping the business and human rights landscape in Luxembourg“, gestern. Die Forscherin an der Uni Luxemburg hatte den 30 größten Unternehmen des Landes einen umfangreichen Fragebogen zugestellt. Nur 16 von ihnen antworteten, wovon vier eine negative Antwort gaben. Der Fragebogen sei zu kompliziert, man habe keine Zeit. Zwölf Unternehmen ließen der Forscherin ihre Antworten zukommen.
Nur fünf der antwortenden Betriebe sagten, sie würden die Folgen ihrer Tätigkeit auf die Menschenrechte bewerten. Dabei täten sich die Unternehmen schwer damit, unabhängige Prüfer zu suchen und die Ergebnisse der Untersuchungen publik zu machen, so die Studie. Zu den Risiko-Unternehmen, wo Menschenrechte durch deren Tätigkeit verletzt werden könnten, erwähnt die Untersuchung insbesondere solche aus dem Finanzsektor, der Rohstoffindustrie, aus dem Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie, Bausektor und Horeca. Interessenvertreter hätten ebenfalls aufs Agrobusiness, den Logistik- und den Seetransportbereich, Bekleidung- und Lebensmittelvertrieb hingewiesen.
EU-weite Regelung
Die Regierung wäre gut beraten, Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die sorgfältige Prüfung der Einhaltung der Menschenrechte zum Standard für Geschäftspraxis in Luxemburg wird, rät die Studie. Nachholbedarf stellte die Autorin auch bei staatlich kontrollierten Unternehmen oder vom Staat stark geförderten Betrieben fest. Hier fehle es allgemein an Leitlinien in Sachen Menschenrechte.
Trotz aller Mängel: Den Schritt zu einer nationalen, gesetzlich vorgeschriebenen angemessenen Sorgfaltspflicht für die Unternehmen will die Regierung vorerst noch nicht tun. Sie setzt auf eine EU-weite Regelung. Das hob Außenminister Jean Asselborn (LSAP) gestern bei der Vorstellung der Studie mehrmals hervor. Darauf habe Luxemburg in der Vergangenheit immer wieder bei EU-Ministerräten gedrängt. Zusammen mit den Niederlanden übe man Druck auf Brüssel aus, so Asselborn. Noch im November 2019 habe man gemeinsam die EU-Kommission aufgefordert, eine Richtlinie zur Sorgfaltspflicht für die europäischen Unternehmen vorzulegen. Große Hoffnung habe man auf den am 31. Dezember endenden deutschen EU-Vorsitz gehabt. Doch bisher sei nichts erfolgt.
Asselborn wies darauf hin, dass bisher kein einziges EU-Land über eine umfassende, wirksame spezifische Regelung verfüge. In den Niederlanden etwa werde lediglich Kinderarbeit nicht toleriert. Frankreich habe zwar ein allumfassendes Gesetz, das den Unternehmen eine angemessene Sorgfaltspflicht vorschreibt, nur sei es nicht anwendbar, weil vom Verfassungshof als nicht verfassungskonform bewertet. Während der legislativen Prozedur hatte der Verfassungshof die Bußgeldvorschriften als nicht verfassungskonform bewertet.
Asselborn bleibt skeptisch
Den Vorwurf, nichts gegen Menschenrechtsverstöße in der Geschäftswelt zu unternehmen, entkräftet Luxemburgs Außenministerium auch mit dem Hinweis auf das Koalitionsabkommen von 2018 bis 2023. Man werde die EU-Initiativen zur Stärkung der sozialen und Umweltverantwortung der Unternehmen beim Management der Lieferketten unterstützen, heißt es da. Die Möglichkeit eines eigenen Gesetzes in Sachen verpflichtende Sorgfaltspflicht für die in Luxemburg ansässigen Unternehmen werde geprüft. Diesen Schritt hat Außenminister Asselborn gestern mit der Unterzeichnung eines neuen Vertrags mit Dr. Basak Baglayan getan. Sie soll in einer weiteren Studie einen legislativen Alleingang untersuchen und Vorschläge unterbreiten.
Doch Asselborn bleibt skeptisch: Ein nationales Gesetz werde lediglich dazu führen, dass ein betroffenes Unternehmen in ein anderes EU-Land übersiedeln werde. Den Betroffenen wäre damit nicht gedient.
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Besonders in den Ländern der Dritten Welt werden die Menschenrechte mit Füssen getreten. Und weltweit geht das Wirtschaftswachstum auf Kosten der Menschen. Die Armen werden immer ärmer und die Reichen immer reicher. Die wirkliche Macht liegt in den Händen der Wirtschaft, die Politik ist ihr ausgeliefert. Die Wirtschaft kennt kein Mitleid , der sind Gefühle fremd . Sie ist erbarmungslos und knallhart. Hauptsache die schwarzen Zahlen stimmen und die Gewinne steigen von Jahr zu Jahr. Wer durchs soziale Netz fällt, ist selber Schuld. Zynisch aber wahr.