Kultur / Wenn das Buch zum Leser kommt: Düdelingens neue mobile Bibliothek
Städtische Bibliotheken in Luxemburg lassen sich an einer Hand ablesen. Eine davon befindet sich in Düdelingen. Zu ihrem hundertsten Geburtstag, den diese Bücherei mit regionalem Charakter im letzten Jahr feierte, schenkte sie den Lesern einen neuen Dienst: die mobile Bibliothek.
Die Idee dazu sei ihnen während der Covid-19-Zeit gekommen, sagt Friederike Migneco, Verantwortliche für die Bibliothek. „Mit unserer 100-Jahresfeier wollten wir etwas Neues anbieten“, sagte sie im Tageblatt-Gespräch. Entstanden ist das Projekt Mobile Bibliothek – ein Bücherlieferdienst für Personen mit eingeschränkter Mobilität. Seit längerem hatte man das Gefühl, dass da ein echtes Bedürfnis bestehe, so Migneco. Viele Senioren, langjährige und treue Leser, blieben aus, weil sie nicht mehr zur Bibliothek kommen konnten.
„Als regionale öffentliche Bibliothek haben wir den Auftrag, den Menschen den Zugang zu den Beständen der Bibliothek so breit wie möglich zu halten“, sagt der Kulturschöffe der Stadt, Loris Spina. Einen bestimmten Personenkreis habe man bisher nicht erreichen können, und diese Lücke will man mit dem neuen Angebot schließen. „Die Bücher sollen jedermann zugänglich sein, also auch Personen, die nicht mehr so mobil sind.“ Das Alter spielt dabei keine Rolle.
Der neue Dienst ist noch jung. Eine erste Bilanz lässt sich noch nicht ziehen. Aber das Echo sei durchaus positiv, betont Migneco. „Viele Personen rufen an, um sich zu informieren“. Aber neue Einschreibungen blieben bisher aus. Befürchten die Menschen, sich über die Bücher mit dem Covid-19-Virus anzustecken? Wohl kaum. Schließlich ist der freie Zugang zu den Büchern in der Bibliothek seit längerem schon möglich. „Ich glaube, die Menschen müssen sich an die Vorstellung gewöhnen, von zu Hause aus bestellen zu können.“
Die mobile Bibliothek richtet sich ausschließlich an Personen mit eingeschränkter Mobilität. Warum nicht für alle Interessierte? „Wir haben das Angebot bewusst auf einen engen Personenkreis begrenzt“, betont Spina. Die Menschen sollen weiterhin in die Bibliothek kommen. „Die Bibliothek ist auch eine Begegnungsstätte, wo Menschen kommunizieren und sich austauschen können. Man kann hier eine Zeitung bzw. Zeitschrift lesen.“ Die Bibliothek hat demnach auch eine soziale Funktion. Zumal ältere Menschen oftmals isoliert sind. Der Besuch in der Bibliothek erlaubt es, dieser Isolation zeitweilig zu entfliehen.
Surfen durch die Bücherei
Wer sich nicht in die Bücherei begeben will, hat ohnehin schon die Möglichkeit, sich Lesestoff online auf sein Tablet abzurufen. „Menschen, die zu Hause bleiben müssen, die aber lesen und an unsere Bestände kommen wollen, können sich bei uns einschreiben, um in das ebooks-Programm zu gelangen“, sagt Friederike Migneco. Hat man den gewünschten Titel gefunden, kann man sich das Buch oder die Bücher herunterladen.
Was interessiert die Leser? Vor allem Krimis und Bestseller, Romane. Klassische Literatur wird weniger häufig gefragt, meist von Schülern oder Studenten, die die Werke für Arbeiten lesen müssen. Sehr beliebt sind Kinderbücherreihen. Gelesen wird überwiegend deutsche Literatur, gefolgt von Werken auf Französisch und Luxemburgisch. Immer mehr gefragt werden Bücher in englischer Sprache. Die Hitliste besetzen Krimis und historische Romane.
Neue Medien auf den mobilen Geräten fressen sehr viel Zeit und Aufmerksamkeit. Ist die klassische Leseratte etwa eine aussterbende Art? Da ist man in Düdelingen optimistischer. Zumal viel in die Jugendarbeit investiert wird. Regelmäßig finden am Wochenende Treffen mit Autoren, Lesungen und andere Aktivitäten um das Buch statt. „Da stellen wir fest, dass manche Kinder sich für Bücher begeistern und regelmäßig zurückkommen. Die Plätze sind meist alle besetzt“, so Kulturschöffe Loris Spina.
„Seit zwanzig Jahren laden wir die Schulklassen der Grundschulen zu uns“, weist Migneco auf einen anderen Bereich dieser Bemühungen um junge Leser. Dabei stelle man oftmals fest, dass die Kinder nach einer Lesung sich gleich einschreiben wollen, um sofort Bücher mit nach Hause zu nehmen. „Auf diese Weise haben wir teilweise unser Publikum aufgebaut.“
Schon ein Klassiker ist der jährliche Kinderbuchtag, erinnert Spina. Um neue Leser zu gewinnen, müsse man zuerst investieren. Und es gilt, die Angst vor dem Buch zu nehmen. Einige haben wegen der Pflichtübungen in der Schule nicht immer den besten Bezug zum Buch. „Sind etwaige Befürchtungen beseitigt, geht es.“
Die Bibliothek im Steckbrief
Die Bibliothek Düdelingen hat regionalen Charakter und zählt ebenfalls Leser aus den Nachbargemeinden und dem nahen Grenzgebiet. Ihr frei zugänglicher Bestand zählt rund 30.000 Bücher. 2021 ging die Zahl der Heimausleihen auf 9.600 zurück. Nach der Pandemie erwartet man eine Rückkehr zu den Vor-Covid-19-Zahlen von 14.000 bis 15.000 Heimausleihen pro Jahr. 2021 liehen sich 2.500 eingeschriebene Nutzer mindestens ein Buch aus. Neben den klassischen Büchern leiht die Düdelinger Bücherei auch Audiobücher aus.
Ausgetragen werden die für die mobile Bibliothek angefragten Bücher von Mitarbeitern des lokalen CIGL. Bei einem neuen Leser ist ein Mitarbeiter der Bibliothek dabei, um den Leser bzw. die Leserin kennenzulernen und ihn bzw. sie zu beraten.
Einen neuen potenziellen Leserkreis sieht Kulturschöffe Loris Spina im Seniorenheim Düdelingens (CIPA), das man in einer weiteren Etappe kontaktieren möchte. Für die Anschaffung neuer Bücher stellt die Stadt der Bücherei 37.000 Euro pro Jahr bereit.
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Wenn der Leser nicht in die Bibliothek kommt, muss die Bibliothek zu den Lesern kommen.