Arbeitsrecht / Wenn der Chef die Angestellten in Luxemburg überwacht
Vor zwei Jahren nutzte das luxemburgische Parlament eine Datenschutzverordnung der EU, um die Überwachung am Arbeitsplatz zu vereinfachen. Die Gewerkschaft OGBL demonstrierte dagegen. Daraufhin wurde das Gesetz an einigen Stellen ausgebessert. Ganz zufrieden ist die Gewerkschaft allerdings nicht. Das Tageblatt hat sich mit Frédéric Krier vom OGBL über die heutige Lage unterhalten und darüber, wo Überwachung erlaubt ist – und wann sie zu weit geht.
Eine Novelle des Datenschutzgesetzes von 2018 erlaubt es Arbeitgebern, Überwachungsmaßnahmen im Betrieb umzusetzen, ohne vorher eine Genehmigung der Datenschutzkommission einzuholen. Dabei muss sich der Arbeitgeber natürlich immer noch an das Gesetz halten.
Im Vorfeld der Novelle liefen Gewerkschaften und linke Parteien Sturm gegen das Gesetzesvorhaben. Nico Clement, Mitglied des OGBL-Exekutivbüros, sagte damals: „Wenn die technischen Möglichkeiten der Kontrolle immer besser werden, kann es nicht sein, dass wir die juristischen Möglichkeiten, die ein Staat hat, zurückfahren.“ Bei einer Protestaktion vor dem Parlament wurden Schilder gezeigt mit den Aufschriften „Stasi-Methoden“ und „Big Brother Is Watching You“ – in Anlehnung an Orwells dystopischen Roman „1984“, in dem es um einen Überwachungsstaat geht. Die Datenschutzkommission CNPD befürwortete den Gesetzentwurf. Dadurch würden künftig Ressourcen frei, die bislang für Genehmigungen gebraucht worden waren. Diese könnten in mehr Kontrollen an Arbeitsplätzen investiert werden.
Die Novelle war Teil eines größeren Datenschutzpaketes. Frédéric Krier vom OGBL bewertet das Paket durchmischt: „In Bezug auf die Überwachung am Arbeitsplatz ist das Gesetz aufgeweicht worden.“ In anderen Bereichen sei das Gesetz strenger geworden. „Die Verbraucher werden jetzt besser geschützt als vorher. Die Arbeitnehmer werden schlechter geschützt.“
Nach den Protesten sei die Politik aktiv geworden. „Wir standen in Diskussionen mit Arbeitsminister Nicolas Schmit. An einigen Stellen wurde die Gesetzesvorlage verbessert. An anderen Stellen wurden neue Probleme hineingeschrieben.“
Das größte Problem der Gewerkschaft: Die Pflicht für Arbeitgeber, eine Genehmigung für Überwachungsmaßnahmen anzufordern, wurde auch nach der Intervention fallen gelassen. Ein kleines Zugeständnis gab es: „Nach unseren Diskussionen wurde festgeschrieben, dass die Personalvertreter oder das Personal selbst ein Gutachten der Datenschutzkommission beantragen können.“
In der Theorie funktioniert das wie folgt: Der Arbeitgeber kündigt die Überwachungsmaßnahme im Betrieb an. Daraufhin wird das Personal aktiv und kontaktiert die Datenschutzkommission. Diese gibt dann ihr Gutachten ab. Wenn dieses negativ ausfällt, darf der Arbeitgeber seine Überwachungsmaßnahme nicht durchführen. Tut er es doch, dann droht eine Geldstrafe. Doch nicht alle Betriebe haben eine Personalvertretung. Insbesondere kleine Unternehmen nicht. „In der Praxis stelle ich es mir schwierig vor, dass sich das Personal zusammentut, um sich mit der Datenschutzkommission zu befassen“, sagt Krier.
Auch dass sich einzelne Arbeitnehmer nachträglich bei der Datenschutzkommission melden, hält Krier für unwahrscheinlich. Solche Arbeitnehmer laufen Gefahr, den Zorn ihres Arbeitgebers auf sich zu ziehen. „Das kann negative Konsequenzen für den Arbeitnehmer mit sich ziehen“, sagt Krier. „Im Gegensatz zum Verbraucherschutz gibt es hier nirgends Sammelklagen.“
Legitime Interessen schützen
Mit der Novelle hat sich auch die Zahl der Situationen, in denen überhaupt erst überwacht werden darf, erweitert. „Vor der Novelle sah das Gesetz nur fünf Fälle vor, in denen eine Überwachung der Mitarbeiter möglich war“ – wenn sie für die Gesundheits- und Sicherheitsbedürfnisse der Mitarbeiter notwendig waren; zum Zweck des Schutzes des Unternehmensvermögens; für die Steuerung des Produktionsprozesses, der sich nur auf Maschinen bezieht; für die zeitweilige Kontrolle der Produktion oder der Leistungen für Arbeitnehmer, wenn eine solche Maßnahme das einzige Mittel zur Bestimmung des genauen Lohns ist, oder im Rahmen einer Arbeitsorganisation nach einem flexiblen Arbeitszeitplan gemäß dem Arbeitsgesetz.
Heute kann sich der Arbeitgeber auf Artikel aus der Datenschutzdirektive berufen. Demnach ist Überwachung zulässig, wenn sie notwendig ist, um die „legitimen Interessen“ des Unternehmens zu schützen, „sofern nicht Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen“. Der Unternehmerverband Fedil schreibt auf seiner Internetseite: „In den meisten Fällen müssten Überwachungsmaßnahmen durch das legitime Interesse des Arbeitgebers gerechtfertigt sein. Die Fedil empfiehlt daher diese gesetzliche Grundlage, um eine Überwachung der Arbeitnehmer im Rahmen der Arbeitsverhältnisse durchzuführen.“
Tatsächlich sieht sich die Gewerkschaft mit Fällen konfrontiert, in denen nicht klar ist, ob eine Überwachung gerechtfertigt ist. „In den allermeisten Streitfällen geht es darum, dass der Arbeitgeber behauptet, die Überwachung diene dem Schutz vor Diebstählen – und die Arbeitnehmer vermuten, dass sich die Kameras gegen sie richten.“
Datenschutzkommission muss prüfen
Im Zweifelsfall muss die Datenschutzkommission die Situation untersuchen und eine Entscheidung fällen. „Wir hatten Fälle, in denen die Datenschutzkommission geurteilt hat, dass es sich bei der Überwachung nicht um eine Maßnahme gegen die Arbeitnehmer handelt, sondern um eine Maßnahme zum Schutz der Kunden.“ Bei einem solchen Fall handelte es sich um die Rezeption eines Reinigungsunternehmens.
„Vorher hieß es im Arbeitsgesetz, dass die Einwilligung der Mitarbeiter eine Maßnahme des Arbeitgebers nicht legitimiert“, so Krier weiter. Diese Regel diente dem Schutz der Mitarbeiter. „Ich kann mir zum Beispiel nicht vorstellen, dass ein Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag nicht unterschreibt, weil eine solche Klausel drinsteht“, so Krier. In der Novelle wurde auch diese Regel aufgelockert. Das Einverständnis des Arbeitnehmers kann nun ausreichend sein, um legal eine Überwachung durchführen zu können. Die Arbeitnehmer haben aber zumindest das Recht, ihre Einwilligung zurückzuziehen.
„Die Direktive hat den Ländern die Möglichkeit gelassen, bei der Umsetzung eine strengere Regel zu beschließen. Das hat Luxemburg allerdings nicht gemacht“, so Krier. „Wir sind der Meinung, dass es hier zu Situationen kommen kann, in denen ein Mitarbeiter seine Einwilligung gibt und die Personalvertretung nie etwas von der Überwachungsmaßnahme erfährt.“
Technische Möglichkeiten
Besonders in einem Kontext, in dem immer mehr Möglichkeiten zur Überwachung vorstellbar sind, bedauert der OGBL, dass Luxemburg das Gesetz gelockert hat. „Videoüberwachung ist noch immer weit verbreitet. Mittlerweile ist es aber auch möglich, Mitarbeiter mittels GPS zu überwachen“, so Krier. So kann der Chef zum Beispiel Handelsvertreter kontrollieren, wenn sie zu Kunden fahren. Mittlerweile gebe es aber auch die Möglichkeit, die Arbeitskleidung der Mitarbeiter mit Überwachungsgeräten auszustatten.
Auch bei ihrer Arbeit am Computer könnten Arbeitnehmer überwacht werden, befürchtet Krier. E-Mail-Verkehr kann, sofern er die Arbeit betrifft, vom Arbeitgeber überwacht werden. „Arbeitnehmer dürfen im Prinzip den E-Mail-Verkehr ihrer Mitarbeiter nicht überprüfen, wenn er als ‚privat‘ gekennzeichnet ist.“ Einige Betriebe schließen das aus, indem sie verbieten, das betriebliche E-Mail-Konto privat zu nutzen.
„Ein Problem besteht auch dann, wenn die Überwachung im Privatleben weitergeht. Zum Beispiel wenn die Mitarbeiter den Betriebswagen in der Freizeit benutzen dürfen.“ Krier ist allerdings kein Fall bekannt, in dem dies tatsächlich in Luxemburg vorgekommen ist.
Solche Überwachung kann auch sinnvoll sein. Zum Beispiel in der Logistikbranche, damit nachverfolgt werden kann, wo sich eine Lieferung gerade befindet. Oder wenn tatsächlich Maschinen überwacht werden. Auch das Erfassen der Arbeitszeit kann sinnvoll sein, etwa für die korrekte Bezahlung der angefallenen Überstunden.
Der Einfluss des digitalen Wandels auf die Arbeitswelt beschäftigt die Gewerkschaften auch über die Möglichkeiten der Überwachung der Mitarbeiter hinaus. Die repräsentativen Gewerkschaften Luxemburgs haben deshalb die gemeinsame Plattform 4.0 gegründet, die sich mit Forderungen und Vorstellungen zum Arbeitsmarkt im Wandel beschäftigt.
Mittlerweile sind wir zu einer Überwachungsgesellschaft geworden und dieser unselige Trend macht auch nicht halt vor den kapitalistisch ausgerichteten Arbeitgebern.
Gewöhnen Sie sich einfach dran. Ich fahre mit dem Bus nach Nöertzingen (im Bus werde ich Kameraüberwacht) auf dem Bahnsteig in Nz auch, dann im Zug ditto, auf dem Bahnsteig in Luxemburg, im Bahnhof Luxemburg, auf dem Bahnhofsvorplatz, dann wieder im Bus bis ich aussteige, vorbei an 2 Bankomaten mit Kameras bis ich in meiner Bank bin, wo ich dann den ganzen Tag überwacht werde. Im Supermarkt wo ich Mittags ein Brötchen kaufe selbstverständlich auch.
Von den 20 Touristen unterwegs die mich live auf Youtube streamen mal nicht zu reden.
Willkommen in 3. Jahrtausend.
Und was ist wenn der Mitarbeiter seinen Chef überwacht, und seiner Frau Anonym den Name seiner Maitresse zukommen lässt😛
Wer in der Nase bohrt wird entlassen! Aber im Ernst.Wer nichts zu verbergen hat dürfte mit Filmüberwachung keine Probleme haben. In der Nase bohren ist nicht verboten,aber wenn Gewalttaten verhindert oder aufgeklärt werden können ist das doch eine gute Sache. Auf Youtube oder Facebook „outen“ wir uns bis auf die Unterhose aber wenn irgendwo eine Sicherheitskamera angebracht wird gehen wir auf die Barrikaden.
Zahnarzthelferinnen werden den ganzen Tag lang direkt mit Blickkontakt überwacht, genauso so wie die tausenden von Lehrlingen und Gesellen.
In allen Großraumbüros hat der Chef ’ne Glaswand wo er alle überwachen kann.
Die einzigen die sich aufregen, sich Staats- und Gemeindebeamte die mit dem Kopf auf dem Tisch liegen.
In der Öffentlichkeit und bei der Arbeit hat niemand eine Privatsphäre, wenn Sie die wollen, bleiben Sie zu hause und lassen Sie die Rollläden runter, sonst werden sie vom Google-Auto gefilmt während Sie nackt auf dem Küchentisch tanzen.
Wenn man seine Wohnung verlässt und die Öffentlichkeit betritt, dann endet die Privatsphäre.
„Wenn der Chef die Angestellten in Luxemburg überwacht“…
dann vielleicht auch, weil geklaut wird …
Wenn staatliche Instanzen den Bürger digital katalogisieren , die Politik das Digitale auf das Podest der Zukunft erhebt, „ Dummerchen- Nicht-Nachdenkt“ Konsument für den Kaffeeautomaten, die Rollläden, das Wecken ……… bis zum „Geht nicht mehr“ eine App haben muss, sollte man sich über die Arbeitgeber nicht aufregen, wenn diese ihre Arbeitnehmer überwachen.“ Dank moderner Technik, mecht den Chef ,wann den Pitti angeschlof ass keen Kaméidi, stéiert hien net an bei Schichtschluss mecht hien den Pitti och mat Zaiten fir op den Afterwork waakreg. „
Dass man Überwachung nicht unbedingt durch „technische“ Möglichkeiten durchführen muß, zeigt ein Leserbrief von Januar 2003, in dem u.a . folgendes beschrieben wird:
(…) Kurz vor den Sozialwahlen, gab der Generaldirektor mir den Auftrag, mich im Betrieb umzuhören und zu forschen, welche Personen sich bereit erklärten, ihre Kandidatur für diese Wahlen zu stellen. Speziell musste ich mich bei Abteilungsleiter (X)erkundigen, ob auch er seine Kandidatur stellen würde.
Dann wurde mir im Oktober ein Mitarbeiter Herr (Y) zugeteilt.Es
war bekannt, dass auch Herr (Y) Kandidat für die so genannten Ausschußwahlen war. Vom Generaldirektor wurde mir mitgeteilt, dass Herr (Y) zwar in meinem Büro Platz nehmen dürfe, es mir aber untersagt sei, ihm irgendwelche Arbeiten zuzuteilen. Ich mußte ihn laut Anweisung vom Direktor einfach so hinschmoren lassen und ihn beobachten, was er denn so tue und mit welchen
Angestellten er sich so unterhielt.
Weiter verlangte der Direktor von mir, Frau (C) zu beobachten. Ich mußte dem Direktor Bericht erstatten, wann sie das Büro verließ und mit wem sie sich am Portal traf.
Weiterhin verlangte der Direktor von mir den Fahrer (Z) zu beobachten und diesem auf den Fersen zu bleiben. Der Direktor
befahl mir, jede kleinste Ungenauigkeit, die Arbeit von Herr (Z)
betreffend an ihn weiter zu leiten, möglichst viele Argumente gegen Herr(Z) zu sammeln, dies mit dem Hinweis, er möchte Herrn (Z) so schnell wie möglich “ hinausschmeißen“ (…)
Anstoss fand der Generaldirektor daran, dass Herr (Z) als damaliger Bürgermeister von einer gewissen Freizeit genoss,
welches vom Gesetz festgehalten war.
Von wegen “ STASIMETHODEN „