Parlament / Wer bietet mehr? Erneute Debatte über Kaufkraftverlust und explodierende Energiepreise
Die Debatte über die Inflation und insbesondere die Explosion der Energiepreise artete gestern im Parlament in einen Überbietungswettbewerb aus, wie die Kaufkraft denn erhalten werden könnte. Die Mehrheitsparteien listeten bereits ergriffene Maßnahmen auf und baten die Regierung in einer Motion, eine einmalige Hilfe vorzusehen. Was die Regierung gleich mit dem Versprechen quittierte, einen Vorschlag auszuarbeiten.
Bereits zum dritten Mal innerhalb eines Jahres diskutierte das Parlament gestern die Problematik Kaufkraftverlust. Beantragt worden war diese Aktualitätsstunde von Gilles Roth (CSV). Die Energiepreise explodieren und die Regierung schaue zu, so Roths Vorwurf. Dabei wiederhole der Premierminister ständig, man lasse niemanden im Regen stehen. Aber diese Regierung lasse die Menschen in der Kälte sitzen, so Roth und führte mehrere Beispiele an, was die Treibstoffe mehr kosten würden. So sei eine PKW-Tankfüllung Diesel heute 50 Prozent teurer als Ende 2020. Haushalte, die mit Heizöl heizen, müssten für das Befüllen ihres 4.000-Liter-Mazouttanks, statt zuvor 1.824, heute 3.704 Euro blechen.
Die CSV-Vorschläge? Die Steuertabelle von den Indexanpassungen bereinigen; eine zeitlich begrenzte Deckelung der Energiepreise; eine schrittweise Anpassung der Kilometerpauschale; die Referenzwerte, um in den Genuss der Teuerungszulage zu kommen, erhöhen. Diese Vorschläge würden auch vom OGBL mitgetragen, so Roth auf einen Zwischenruf aus Mehrheitskreisen. Den Hinweis der Regierung, die rezente Indextranche habe die Preiserhöhungen bereits teilweise kompensiert, konterte er mit der Bemerkung, das sei nicht der Gutmütigkeit der Regierung, sondern dem Gesetz geschuldet.
Noch vor Finanzminister Yuriko Backes (DP) sollte ihr Parteikollege André Bauler die Maßnahmen aufzählen, die die Regierung bereits in der Vergangenheit zur Kaufkraftstärkung ergriffen hat. Dabei nannte er die Erhöhung des Mindestlohns um 100 Euro, die mehrfach angehobene Teuerungszulage, Steuerentlastungen im Jahr 2017, verbesserte Steuerkredite. Während der Pandemie sei für Mindestlohnbezieher in Kurzarbeit der ausgefallene Lohn integral weitergezahlt worden. Subsidien für E-Autos, Wohnungsbeihilfen, unentgeltliche Schulbücher und bald Gratisessen in der Schulkantine, unentgeltliche Kinderbetreuung, Musik- und Nachhilfeunterricht waren andere Punkte auf der Positivliste der Regierungsparteien. Man habe antizipiert und den Sozialstaat gestärkt, sagte Bauler und verwies dann noch auf die nächste Indextranche, die in den kommenden Monaten fällig werden soll. Im Namen der Koalitionsparteien deponierte er eine Motion, die sämtliche Maßnahmen aufzählt und die Regierung auffordert, die Energiepreisentwicklung weiterhin zu beobachten und eine einmalige Hilfe auszubezahlen.
Einmaliger Energiescheck
Wie diese einmalige Hilfe aussehen könnte, erklärte Cécile Hemmen (LSAP): ein einmaliger Energiescheck von mindestens 100 Euro an alle Haushalte. Die hohen Energiepreise würden nicht nur die untersten Einkommensschichten treffen, so die Begründung. Des Weiteren sollte die Teuerungszulage nochmals angepasst werden. Dass es wohl in Richtung Energieprämie gehen wird, ging aus den Ausführungen von François Benoy („déi gréng“) hervor. Auch er sprach von einer möglichen Aufbesserung der Teuerungszulage und von einem Energiescheck. Eine Deckelung der Energiepreise sei nur schwer umsetzbar, lehnte er den CSV-Vorschlag ab. Und eine Anhebung der Kilometerpauschale widerspreche der Klimapolitik dieser Regierung.
Dass Menschen zu Hause in der Kälte sitzen, sei eine Folge grüner Politik, schoss ADR-Sprecher Roy Reding seine Breitseite auf die grünen Lieblingsgegner. Die CO2-Steuer gehöre auf die Müllhalde schlechter Ideen. Seine Partei fordere eine automatische Anpassung der Steuertabelle an die Inflation. Es müsse Schluss sein mit permanenten Steuererhöhungen. Die Regierung ziehe den Menschen Geld aus der Tasche, so Reding, der jedoch gegen eine Deckelung der Energiepreise ist. Besser wäre eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Treibstoffe von 14 auf 3 Prozent.
Eine staatlich verordnete Preisbremse würde hingegen den Vorstellungen von „déi Lénk“ entsprechen, wie aus den Ausführungen von Myriam Cecchetti hervorging. Bereits im November habe sie außerdem eine Anhebung der Teuerungszulage gefordert. Die Verschlechterung der Kaufkraft sei auch eine Folge der Privatisierungen ehemals öffentlicher Dienste. Bei öffentlichen Betrieben könnten Preise sozial gestaffelt werden, so Cecchetti.
Keine Förderung des Tanktourismus
Der Staat müsse die Haushalte bei den Gaspreisen entlasten, forderte auch Sven Clement (Piratepartei). Er sollte die Mehreinnahmen bei der Mehrwertsteuer durch gestiegene Gaspreise an die Haushalte zurückgeben. Auch sollte der Kreis der Nutznießer der Teuerungszulage erweitert werden. Jetzt müsse gegengesteuert werden. Komme es tatsächlich zu Zinserhöhungen auf Hypothekardarlehen, riskiere man eine Katastrophe, befürchtete Clement.
Wie zuvor bereits André Bauler verwies Finanzministerin Yuriko Backes in ihrem ersten Auftritt vor dem Parlament auf die zahlreichen Maßnahmen der Regierung zum Erhalt der Kaufkraft. Für die Regierung bleibt dies auch weiterhin eine Priorität. Dass das durchschnittliche verfügbare Einkommen kontinuierlich gestiegen sei, sei ein Ergebnis der Indexanpassungen, der Steuerpolitik und der gezielten Sachleistungen. Vorschläge zur Reduzierung der Treibstoffpreise wies sie zurück. Man wolle den Tanktourismus nicht fördern. Die Regierung habe mit ihrer Politik permanent antizipiert und sie werde dort eingreifen, wo es sinnvoll sei, wobei die Staatsfinanzen nicht nachhaltig unter Druck geraten dürften. Wie nach ihr auch Energieminister Claude Turmes versprach Backes, die Regierung werde einen konkreten Vorschlag ausarbeiten, ohne jedoch den zuvor bereits erwähnten Energiescheck zu nennen.
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Als erstes müsste die völlig überflüssige und komplett sinnlose CO2-Steuer wieder abgeschafft werden.
100 Euro pro Haushalt??? Selten eine grössere politische Frechheit erlebt. Ein ehrlicher Anfang wäre die (grüne) CO2 Steuer sofort und ohne Ersatz zu streichen und mit der ganzen Augenwischerei aufzuhören.