„Zenter fir exzessiivt Verhalen a Verhalenssucht“ / Wer die Scham überwindet, dem kann geholfen werden
Die Räumlichkeiten des „Zenter fir exzessiivt Verhalen a Verhalenssucht“ wurden am Mittwoch in der Hauptstadt offiziell eingeweiht. Hier erhalten Spielsüchtige professionelle Hilfe, um ihre Sucht unter Kontrolle zu bringen. Doch das ZEV kämpft nicht nur gegen die Sucht, sondern auch gegen die Vorurteile in der Gesellschaft.
Während viele psychische Störungen mittlerweile als Krankheiten anerkannt werden, haben Betroffene im Bereich der Verhaltenssüchte immer noch mit Vorurteilen zu kämpfen. Ihre Sucht wird oftmals nur als Charakterschwäche angesehen. „Aus diesem Grund sind viele Betroffene der Verhaltenssüchte meistens von einer besonders großen Schamproblematik geplagt, die in aller Regel verhindert, dass sie an die Öffentlichkeit treten oder sich professionelle Hilfe suchen“, sagt Dr. Andreas König, Manager des „Zentrum fir exzessiivt Verhalen a Verhalenssucht“.
Schätzungsweise werden in Luxemburg ungefähr 5.000 Personen als Problemspieler angesehen oder gelten als spielsüchtig. Im Bereich der internetbezogenen Störungen liegt die Zahl in der Gesamtbevölkerung zwar auf einem vergleichbaren Niveau, hier werden aber insbesondere unter Jugendlichen stetig steigende Bildschirmzeiten dokumentiert. Durch die andauernde Pandemie sind diese Zahlen zudem weiterhin gestiegen. In den vergrößerten Räumlichkeiten des ZEV in der hauptstädtischen route d’Esch wurde zudem ein Media-Raum eingerichtet, der sich besonders an junge Menschen richtet.
„Viele Eltern wissen oft nicht, wie ihre Schützlinge ihre Freizeit verbringen oder welche Spiele sie gerade zocken. In unserem Media-Raum haben die Kinder und Jugendlichen dann die Möglichkeit, ihren Eltern die Spiele zu zeigen und mit ihnen über die Spieldauer oder den Inhalt zu reden. Besonders suchtanfällig sind Kinder, die immer online spielen. Die 6- bis 13-Jährigen zocken meistens Roblox oder Minecraft. Ab 13 stehen dann Spiele wie GTA oder Fortnite sehr hoch im Kurs“, sagt Marc Bressler, einer der Psychotherapeuten des ZEV. Wer täglich mehr als sechs Stunden zockt, der gilt laut Bressler bereits als spielsüchtig.
Ambulante Behandlung
Das ZEV begreift exzessive und süchtige Verhaltensweisen grundsätzlich als ein „Zuviel des Guten“ – wenn soziale Kontakte abgebaut werden, schulische Leistungen nachlassen oder Spielschulden sich anhäufen. Das Hauptaugenmerk des ZEV liegt deshalb auf der Prävention und nicht der Unterlassung – und dreht sich um die gesunde, ausbalancierte Nutzung entsprechender Angebote, damit negative Folgen für psychische und körperliche Gesundheit vermieden werden können.
„Betroffenen bieten wir eine ambulante psychotherapeutische Begleitung in unseren Räumlichkeiten, die auch über einen längeren Zeitraum stattfinden kann“, so Andreas König. Bei besonders schweren Fällen kann die Behandlung bis zu zwei Jahre dauern. Damit sie Früchte trägt, muss der Patient offen für Veränderungen sein und sich seinem Problem stellen. Hilfreich für die Betroffenen ist es zudem, wenn man von seinem Umfeld unterstützt wird. Die Erfolgsquote liegt Experten zufolge bei 50 Prozent, denn „der Spieler will immer weiter zocken“, erklärt König. Die Teilnahme an Selbsthilfegruppen führt nachweislich zu besseren Therapieerfolgen und zu einer geringeren Rückfallgefahr. Aus diesem Grund werden in regelmäßigen Abständen Selbsthilfegruppen organisiert, die von ehrenamtlichen Helfern moderiert werden.
Auf der Internetseite www.zev.lu können Betroffene künftig Selbsttests online durchführen. Diese Fragebögen liefern schnell und kostenlos eine erste Einschätzung, ob das Nutzungsverhalten des Betroffenen bereits als problematisch angesehen werden kann – und er sich Hilfe suchen muss.
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