Editorial / What’s left? Eine starke linke Opposition ist nötiger denn je
Vor einer halben Ewigkeit, mit dem Niedergang des Realsozialismus und Ende des Kalten Krieges, also um 1990, wurde die Frage aufgeworfen, ob linke Politik eine Zukunft habe – und wenn ja, welche? Zumindest war die Theorie passé, die Geschichte als „dialektisch-gesetzmäßigen Fortschritt zum Sozialismus“ zu begreifen. Vom „Ende der Geschichte“ war die Rede, über ein „Ende der Linken“ wurde diskutiert. Oder war die Geschichte nur in eine „neue Phase der Aufklärung“ getreten, wie es der Soziologe Klaus Dörre zu jener Zeit andeutete?
Die Politik in den 90er-Jahren war international weiter nach rechts gerückt. Der sogenannte Dritte Weg der Sozialdemokraten à la Gerhard Schröder und Tony Blair füllte nicht das Vakuum auf der linken Seite des politischen Spektrums. In dieses stießen seit der Jahrtausendwende neu gegründete linke Parteien und die globalisierungskritische Bewegung. Die Kapitalismuskritik hatte sich ebenso wenig erledigt wie die Notwendigkeit linker Politik.
Mit der mehrdeutigen Frage „What’s left?“ – so der Titel einer „Flugschrift“ von Tom Strohschneider, dem früheren Chefredakteur der Zeitung neues deutschland – verbinden sich seither die Analyse und Verortung linker Politik mit der Suche nach einer Antwort auf einen europaweiten Rechtsruck. Vor 20 Jahren waren es die US-Politologin Nancy Fraser und der deutsche Philosoph Axel Honneth, die in dem gemeinsamen Buch „Umverteilung oder Anerkennung?“ eine Kontroverse benannten, die bezeichnend für eine Entwicklung der linken Politik wurde: Themen der Anerkennung wie Anti-Rassismus, Anti-Sexismus und Anti-Homophobie rückten Kapitalismuskritik, Klassenpolitik und Umverteilungsfragen in den Hintergrund.
Ähnlich argumentierte der deutsche Politologe Nils Heisterhagen, wenn er kritisierte, dass die SPD ihre traditionelle Klientel im Stich gelassen habe, und forderte, dass linke Parteien wieder die „kleinen Leute“ vertreten müssten, anstatt nach dem „Bio-Bürgertum“ zu schielen. Zum Linkssein gehöre außerdem „mehr Realismus in der Flüchtlingspolitik“, schrieb er in seinem Buch „Die liberale Illusion: Warum wir einen linken Realismus brauchen“. In dieselbe Kerbe haut die deutsche Linken-Renegatin Sahra Wagenknecht mit ihrer Kritik an der „Lifestyle-Linken“, die traditionelle Wähler mit geringen Einkommen verprellte.
In Luxemburg haben die drei in der Abgeordnetenkammer vertretenen linken Parteien LSAP, „déi gréng“ – auch wenn manche anzweifeln, dass die Grünen eine linke Partei seien und François Bausch in einem Artikel der Zeitschrift Forum sie einmal als „die besseren Liberalen“ bezeichnete – und „déi Lénk“ bei den jüngsten Nationalwahlen ihr in der Gesamtheit schlechtestes Ergebnis eingefahren: Zusammen kommen sie auf etwa 31 Prozent der Wählerstimmen und auf 17 Mandate (2018 waren es trotz des historischen LSAP-Absturzes immerhin rund 38 Prozent und 21 Sitze). Schlimmer geht’s nimmer, möchte man sagen – Horrorfilme lehren uns das Gegenteil.
Die Wort-Leitartiklerin Ines Kurschat sieht die „Chance für eine lebhafte Opposition“. Dies hänge nicht zuletzt davon ab, „mit vereinten Kräften inhaltliche Akzente“ etwa in der „Klima- und Sozialpolitik“ zu setzen. Erst recht angesichts der erstarkten ADR und Piraten, die auch auf den Oppositionsbänken sitzen, und einer Regierungsmehrheit von CSV und DP mit 35 Sitzen. Die neue LSAP-Fraktionschefin Taina Bofferding kündigte jedenfalls an: „Wir können auch Opposition.“ Gemeinsam mit den außerparlamentarischen Kräften der Gewerkschaften und einer starken Zivilgesellschaft kann dies durchaus gelingen.
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Naja, et kann een nëmmen hoffen, dass déi lënksgréng net méi an d’Verantwortung kommen. D’Tounlag vun der Mme. Bofferding de mueren op RTL huet rem fir Blutdrock gesuergt. Och ass et schued em déi verlueren Zäit an Kraft déi d’Regierung wärten missen verplemperen fir sech mat lënksgréng an der Chamber auseneen ze setzen.
„auseneen ze setzen.“
Verstin nët ganz. Ass dach den A an O vun enger Demokratie, oder?
Léiwer een den „ons féiert“, mir laafen hannendrun?
What’s left?
Nothing left on the left !
@Phil
Schon krass, wenn Sie demokratische Gepflogenheiten aushebeln möchten.
Was für eine furchtbare Vorstellung.
Kukt dir emol waat aeren Här Etienne S opféiert.
@calocoin/ dât nennt ee net eppes opféieren mee dofir gët et eng Rei ganz âner méi präzis Wieder.
Mir brauchen méi Sozialkompetenztester. Nemmen e Mensch ouni Kritik ass e gudde Mensch.