Gegenpressing, die EM-Kolumne / What’s up, Doc?
Die Favoriten haben bisher ihre Pflicht getan, Italien sogar mit begeisterndem Offensivfußball, Holland wie immer und Belgien mit einem Arbeitssieg gegen überaus motivierte Dänen. Das war zu erwarten gewesen, die vielen Ballverluste und Defensivschwächen der Belgier allerdings nicht. Auch Frankreich hat imponiert, die Mannschaft spielte souverän und wurde niemals wirklich bedrängt von einem Gegner, den man nicht mehr zu den Favoriten zählen kann. Nur das Tor mussten die Deutschen selbst schießen, die Franzosen waren einfach zu beschäftigt damit, dem Gegner seine technischen Grenzen aufzuzeigen. In England, vor allem in Manchester, herrschte blankes Entsetzen: Pogba kann tatsächlich Fußball spielen, und zwar verdammt gut, so gut hatte man ihn in der Premier League eine ganze Saison lang nicht gesehen. Bei Manchester soll er auf der Verkaufsliste stehen, behaupten die einen, nun müsse man ihn absolut bei United behalten, fordern die anderen. Was Pogbas Manager fordert, wissen wir nicht, nur dass der mit einem neuen Transfer spekuliert, der ihm wieder viel Geld einbringt, ist mehr als wahrscheinlich.
Die Ehre, für sein Land antreten zu dürfen, verleiht jedem Spieler Flügel, auch wenn beispielsweise ein Ronaldo dazu nur Mineralwasser braucht. Vielleicht wird der ernährungsbewusste Cristiano demnächst bei einer Pressekonferenz eine Möhre aus der Tasche holen und sie mit einem „What’s up, Doc?“ anknabbern. Die Schotten haben da andere Gewohnheiten, manche nennen es Tradition, vor ihnen ist keine Hotelbar im Trainingslager sicher, so war es jedenfalls in der Vergangenheit. Man denke an die WM 1978, als Schottland als einer der Titel-Favoriten nach Argentinien angereist war und sich schon vor dem Spiel in einen kollektiven Rausch spielte und sich dann gegen einen Fußballzwerg wie Iran zu einem Unentschieden durchkaterte. Die Zeiten haben sich geändert, die Schotten sind disziplinierter geworden, vor dem Spiel jedenfalls. Besser geworden sind sie nicht, doch wenn es gegen England geht, werden technische Feinheiten, über die sie ohnehin nicht verfügen, abgelegt und durch Patriotismus, Kampfgeist und Stammesdenken ersetzt. Den Gascoigne, mit seinem legendären Durst den Schotten ohnehin ebenbürtig, haben die Engländer durch Foden ersetzt, der jetzt mit ähnlicher Frisur den Rasen von Wembley pflügt wie einst Gascoigne bei der EM 1996, als es „Football is coming home“ hieß, nur der EM-Titel nicht, der ging nach Deutschland.
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