Experten erzählen / Wie das Codieren in der Grundschule gelingen kann
Ab September 2020 wird in Luxemburg das Coding im Cycle 4 eingeführt. In der Schweiz ist das Konzept seit mehreren Jahren ab der fünften Klasse Bestandteil des Unterrichts. Schweizer Experten erzählen in einem Webinar über ihre Erfahrungen.
„Einfach digital“ sollte laut Bildungsminister Claude Meisch das schulische Motto des Jahres 2020 werden. „Dann kam das Coronavirus und hat unsere Planung durcheinandergewirbelt“, so Meisch in der Einleitung des Webinars, das am Donnerstag auf YouTube gestreamt wurde. Zwar habe man nun durch das erzwungene Homeschooling die digitalen Werkzeuge kennen- und auch schätzen gelernt, jedoch habe man auch gesehen, wo die Grenzen liegen.
Das Webinar wurde vom Script („Service de coordination de la recherche et de l’innovation pédagogiques et technologiques“) organisiert. 700 Lehrer aus Grund- und Sekundarschule in Luxemburg hatten sich ins Webinar eingeloggt. Darin führten unter anderem zwei Schweizer Experten ihre Erfahrungen mit den Prinzipien des Codierens aus. In der Schweiz heißt das Fach Medien und Informatik und wird im Kanton Zürich seit mehreren Jahren ab der fünften Klasse unterrichtet. Daneben wird das Prinzip des Codierens auch fächerübergreifend eingesetzt.
Ein Ziel ist es, dass die Kinder Anwendungskompetenzen erwerben. Darauf fokussieren wir uns heute, dass sie Grundkonzepte der Informatik verstehen und selber zur Problemlösung einsetzen.Leiterin des „Zentrum Medienbildung und Informatik“ in Zürich
Rahel Tschopp leitet das Zentrum Medienbildung und Informatik an der pädagogischen Hochschule in Zürich. Dort bildet sie Lehrpersonal für das Fach Medien und Informatik aus. Die Schüler sollen in dem Fach lernen, die Medien zu verstehen und verantwortungsvoll zu nutzen. „Ein Ziel ist es, dass die Kinder Anwendungskompetenzen erwerben. Darauf fokussieren wir uns heute, dass sie Grundkonzepte der Informatik verstehen und selber zur Problemlösung einsetzen“, sagt Tschopp. Auch Kindergärtner und Unterstufenlehrer sollen dabei unterstützt werden, ihre Schüler an das Konzept heranzuführen. An den Lösungen sollen Kinder in der Schule zusammenarbeiten. Man wolle das Bild vom einsamen Nerd abschütteln.
Papier statt Computer
Wenn kleine Kinder sich ab dem Kindergarten mit Informatik auseinandersetzen, brauchen sie statt Computer und Strom lediglich Papier. Das heißt im Fachjargon „unplugged“. Algorithmen beispielsweise sind klar formulierte Handlungsvorschriften. In der Unplugged-Version kann das zum Beispiel die Anleitung zum Häkeln einer Mütze sein.
Adrian Degonda ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Pädagogischen Hochschule Zürich und gibt Grundlagenkurse für Lehrpersonen, die die Berechtigung für das Fach Medien und Informatik erhalten. Er sagt, dass man schon kleine Kinder an das Programmieren, also das Codieren, heranführen kann. In Luxemburg soll das Fach nach Einführung im Cycle 4 in den darauffolgenden Jahren auf alle Zyklen ausgeweitet werden.
Laut Degonda soll man bei kleinen Kindern, die man ans Codieren heranführt, zuerst auf ganz einfache und rein strukturelle Programme zurückgreifen. Diese sollten bei einer einzigen Sequenz etwas auslösen. Danach könne man dann zu komplexeren Programmierkonzepten übergehen. Degonda empfiehlt, stets „unplugged“ anzufangen, also nicht am Computer. Die Schüler sollten sich „unplugged“ überlegen, was zu tun ist und was passiert, wenn sie eine Sequenz auf eine bestimmte Weise programmieren. Und sich folgende Fragen stellen: Komme ich dann zu dem Ziel? Würde ein Computer oder ein Roboter genau das machen, was ich mir vorstelle? So könne das Verständnis von Algorithmen oder Programmen zuerst gestärkt werden und dann erst könne man mit weiterführenden Tools arbeiten.
Lehrerausbildung ganz einfach
Wir bieten die Kurse für Lehrpersonal so an, dass sie es von null auf lernen könnenWissenschaftlicher Mitarbeiter an der Pädagogischen Hochschule Zürich
Bei Kindern der ersten bis dritten Klasse könne man aber auch bereits eine Mischung aus „unplugged“ und Roboter anwenden, sagt Degonda. Man könne ganz einfache Programme im Roboter einspeichern, die ihm den Weg vorgeben: nach vorne, nach rechts, nach links. „Eigentlich müssen die kleinen Kinder ja nicht am Laptop arbeiten. Es gibt auch Karten mit Befehlen, die man verwenden kann, indem man diese Befehle eins nach dem anderen auslegt.“ So könne man ganz ohne Computer das Programmieren einführen.
Ein wichtiger Aspekt bei der Einführung des Codierens in den Luxemburger Schulen ist die Lehrerausbildung. Auch darin haben Tschopp und Degonda Erfahrungen gesammelt. Degonda sagt, dass manche Lehrer Angst haben, dass sie nicht dafür geeignet seien. Sie befürchten, dass sie zu wenig Vorerfahrung haben und den Schritt nicht schaffen, da sie gegebenenfalls bisher nichts mit Informatik am Hut hatten. „Das ist uns bewusst“, so der Schweizer. Als Schüler hätten die heutigen Lehrkräfte keine Programmier- oder Informatikkurse gehabt. Und das sei völlig in Ordnung. „Wir bieten die Kurse für Lehrpersonal so an, dass sie es von null auf lernen können“, so Degona. „Am Ende der Kurse schauen die Lehrer zurück und sagen: ‚Ich habe es geschafft, obwohl ich keine Voraussetzungen hierfür hatte‘.“
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