Astronomie / Wie die Parker Solar Probe durch die Sonne fliegt
Die Sonne ist unser nächster Stern. Trotzdem ist es noch nicht gelungen, ihr all ihre Geheimnisse zu entlocken. Mit der Parker Solar Probe soll sich das ändern. Die außergewöhnliche Raumsonde ist dazu in der Lage, durch die Korona der Sonne zu fliegen und diese zu untersuchen. Im Dezember hat sie ihren zweiten Vorbeiflug an der Venus beendet und befindet sich jetzt wieder auf ihrer Reise „durch“ die Sonne.
Gerade einmal 8,28 Lichtminuten ist die Sonne von der Erde entfernt. Von hier aus ist die Sonne permanent sichtbar. Trotzdem gibt es Messungen, die von der Erde aus nicht gemacht werden können. Die amerikanische Weltraumbehörde NASA hat deshalb den waghalsigen Plan geschmiedet, eine Raumsonde in die Korona der Sonne zu schicken: die Parker Solar Probe. Die Sonde ist am 12. August 2018 an Bord einer Delta IV Heavy ins Weltall gestartet. (Viele Details zur Mission unter diesem Link)
Seitdem fährt die Sonde auf einem immer kleiner werdenden Orbit um die Sonne durch deren Korona und ist dabei den Gewalten der Sonnenwinde ausgesetzt. Als Korona bezeichnet man die Atmosphäre der Sonne – die äußere Schicht des Gestirns. Sie hat eine deutlich geringere Dichte als die darunter liegende Chromosphäre. Allerdings: Die Korona ist deutlich heißer als die eigentliche Sonnenoberfläche.
Inmitten der Sonnenwinde
Aus der Korona strömt ein stetiger, aber unregelmäßiger Sonnenwind. Dabei handelt es sich nicht um die Sonnenstrahlen, die eine Form elektromagnetischer Strahlung sind. Die Sonnenwinde sind vielmehr ein Strom aus geladenen Teilchen, die sich mit hoher Geschwindigkeit in alle Richtungen ausbreiten. Geprägt wurde der Begriff Sonnenwind vom amerikanischen Astrophysiker Eugene Newman Parker, nach dem die Parker Solar Probe benannt ist. Die Namensgebung ist insofern ungewöhnlich, als es das einzige Raumfahrzeug der NASA ist, das auf eine noch lebende Person getauft wurde. Parker selbst bezeichnete die Mission – mit Verweis auf die extreme Hitze – als „heldenhaft“. Als Parker anhand seiner Berechnungen das erste Mal zu dem Schluss kam, dass solche Winde existieren müssen, hatte er Schwierigkeiten, dieses Ergebnis zu veröffentlichen. Ihm wurde kein Glauben geschenkt.
Mit ihrer Gravitation bestimmt die Sonne den Lauf aller Planeten im Sonnensystem. Trotzdem ist es nicht einfach, sich in ihre Richtung zu bewegen. Die Parker Solar Probe vollführt sogenannte Swing-by-Manöver an der Venus, um abzubremsen und auf einen immer engeren Orbit um die Sonne einzulenken. Auf die gleiche Weise, wie andere Raumfahrzeuge die Gasriesen, die äußeren Planeten, benutzen, um aus dem Sonnensystem hinaus zu beschleunigen, nutzt die Parker Solar Probe die Venus, um zu verlangsamen und näher an die Sonne heranzukommen. Bei ihrem dichtesten Vorbeiflug an der Sonne wird die Sonde Geschwindigkeiten von fast 700.000 km/h erreichen. Am 26. Dezember hat die Parker Solar Probe ihren zweiten Swing-by an der Venus beendet und befindet sich jetzt auf ihrem vierten Vorbeiflug an der Sonne.
Besonderer Hitzeschild
Die größte Herausforderung für die Konstrukteure der Parker Solar Probe waren aber wohl die hohen Temperaturen. Die Sonde ist deshalb mit einem „revolutionären“ Hitzeschild ausgerüstet, der zu jedem Zeitpunkt in Richtung der Sonne ausgerichtet ist und so die Messinstrumente schützt. Laut Angaben der NASA wird der 11,5 cm dicke Schild auf der sonnenzugewandten Seite mehr als 1.300 Grad Celsius heiß. So geschützt, liegt die Temperatur der Instrumente laut NASA bei „angenehmen“ 30 Grad Celsius. Der Schild besteht aus einem Karbon-Schaum. Die sonnenzugewandte Seite ist zudem noch mit einem speziellen weißen Material beschichtet, um so viel Sonnenenergie wie möglich zu reflektieren. Die Sonnenkollektoren sind mit einem Kühlsystem versehen.
Im Dezember wurden zum ersten Mal von der Sonde gesammelte Daten vorgestellt. Vier Arbeiten wurden im Fachblatt Nature veröffentlicht. Dank dieser Daten können Wissenschaftler ihre Modelle verfeinern und in Zukunft auch die Sonnenwinde, welche die Erde umwehen, besser vorherbestimmen. Laut NASA helfen die Daten auch, Astronauten besser zu schützen. Zur Erinnerung: Mit der Artemis-Mission will die NASA zum Mond zurückkehren. Dabei wird zum ersten Mal eine Frau den Trabanten betreten. Die Vorauswahl für diese Aufgabe wurde vor kurzem abgeschlossen. Die endgültige Crew steht noch nicht fest.
Weltraumwetter
Von der Erde aus sehen die Sonnenwinde relativ gleichförmig aus, schreibt die NASA. Näher an der Sonne ergibt sich jedoch ein anderes Bild. Die Sonde beobachtete ein „dynamisches und sehr strukturiertes System“ – „ähnlich einer Flussmündung am Übergang zwischen dem Fluss und dem Ozean“. Dadurch, dass die Wissenschaftler die Sonnenwinde nun an ihrer Quelle, dort, wo sie entstehen, beobachten können, erhalten sie einen völlig neuen Eindruck.
Für besondere Aufmerksamkeit sorgte die Entdeckung eines Phänomens, das die Wissenschaftler „Switchback“ getauft haben. Die Sonde hat „Umkehrungen“ im Magnetfeld gemessen. Diese können von wenigen Sekunden bis zu mehreren Minuten anhalten. Innerhalb des Merkur-Orbits scheint dieses Phänomen häufig vorzukommen. Weiter von der Sonne entfernt scheint das Phänomen nicht mehr aufzutreten. „Diese Switchbacks können zusammen mit anderen Beobachtungen der Sonnenwinde helfen, die Vorgänge zu erklären, die die Sonnenwinde beschleunigen und aufheizen“, so die NASA.
Schockwellen
Von der Erde aus betrachtet, sieht es aus, als ob die Sonnenwinde schnurgerade von der Sonne auf uns zukämen. Tatsächlich rotiert die Sonne aber, während sie die Sonnenwinde abgibt. Dadurch versetzt sie den Sonnenwinden einen Schubser in der Richtung ihrer Rotation. Die Sonne wird dabei ein wenig verlangsamt. Die Parker Solar Probe hat herausgefunden, dass diese Seitwärtsbewegung viel stärker ist als erwartet und die Winde viel schneller als erwartet auf eine Bahn einschwenken, die direkt von der Sonne weg führt.
Schockwellen in den Sonnenwinden werden für Ausfälle von empfindlichen technischen Apparaturen im Weltall, aber gelegentlich auch auf der Erde verantwortlich gemacht (zum Beispiel durch Schäden an den Transformatoren in Stromnetzen). Eine schöne Seite der Sonnenwinde, die auf der Erde beobachtet werden kann, sind die Polarlichter. Sie können entstehen, wenn die geladenen Teilchen der Sonnenwinde mit dem Magnetfeld der Erde interagieren.
Ich hoffe aber sie landen nachts, am Tag ist es zu heiß.