Russland / Wie die Propagandisten mit der Ukraine-Konferenz umgehen
Die Schweizer Konferenz zum Frieden in der Ukraine sieht Russland als „Aufruf zum Krieg“ und inszeniert sich als das einzige Land, das stets die Hand zum Dialog reiche.
In den Abendnachrichten des russischen Staatssenders „Erster Kanal“ kommt die Schweizer Bürgenstock-Konferenz zum Frieden in der Ukraine nicht vor. Dafür referiert Dmitri Kisseljow, der Motor der russischen Propaganda-Maschine, in seinen „Nachrichten der Woche“ bei „Rossija 1“ am Sonntagabend ausführlich über den „Blödsinn westlicher Politiker“, über das „zu allen Zeiten friedliebende Russland“ und gibt zu wiederholtem Male, erwartbar gehässig und beleidigt, Russlands offizielle Position wieder: Russland habe immer einen Frieden und eine Zukunft für die Ukraine gewollt, es wolle es auch weiterhin.
Natürlich weiß Moskau am besten, wie all das gelingen solle. „Mit einem fundamentalen und konkreten Friedensplan“, wie Kisseljow die Vorschläge des russischen Präsidenten Wladimir Putin nennt, die dieser noch vor Beginn der Konferenz in der Schweiz am vergangenen Freitag geäußert hatte. „Zwei simple Punkte“ seien es: Die ukrainische Armee möge sich vom „russischem Territorium“ zurückziehen und auf den NATO-Beitritt verzichten. Es ist genau dieser „Friedensplan“, der in den russischen Medien heruntergebetet wird, weniger das eher symbolische Ergebnis vom Bürgenstock, die Russlands staatsloyale Presse durchgehend als „null und nichts“ bezeichnet.
„Russische Territorien“ sind in den Augen Moskaus die bereits annektierten ukrainischen Gebiete im Donbass und in der Südostukraine, aber auch die noch nie eroberten Gebiete ebenda sowie Territorien, aus denen die ukrainische Armee die russischen Truppen wieder zurückgedrängt hatte. Diese Gebiete hat Russland als „russisch“ in seine Verfassung eingetragen und wird nicht davon abrücken. Das „Simple“ ist faktisch die Kapitulation der Ukraine, die Teilung des Landes in eine Restukraine und vermeintlich „russische Gebiete“, aber auch die Kontrolle Russlands über die politischen Prozesse in der Ukraine. Erst diese Forderung, so machte Putin bei seinem Freitagsauftritt unmissverständlich klar, sei die Bedingung für einen Start möglicher Verhandlungen. Dass der Kremlherrscher seine Verhandlungsbereitschaft und seine ausgestreckte Hand zum Dialog immer öfter und immer nachdrücklicher betont, macht ihn noch lange nicht bereit zu ernsthaften Verhandlungen. Russland fordert die Unterwerfung, es sucht keinen Dialog.
Verantwortung tragen, laut Moskau, die USA
Die Schuld an der „Tragödie in der Ukraine“ sieht Moskau allein im Westen. Dieser habe die Ukraine zum Krieg angestachelt, weil es den „strategischen Interessen der USA“ passe. Dieser lenke die Ukraine und wolle dafür sorgen, dass Russland zerfalle. „Alle Gespräche über den Frieden führen ohne Russland zu Gesprächen über den Krieg“, konstatiert Kisseljow in seinen „Nachrichten der Woche“. Putin wies bereits am Freitag – wie letztlich bei nahezu jedem seiner Auftritte – die „politische und moralische Verantwortung für das Blutvergießen in der Ukraine“ dem Westen, vor allem den USA, zu.
Die Schweiz, so drückt es der ehemalige russische Präsident, der einst als liberal geltende, nun als schriller Hetzer auffallende Dmitri Medwedew, aus, sei da eine „klugscheißende Schafhirtin“, die all das Vieh auf die Weide geführt und so auf ihre „langweilige Drecksart“ das Geld der Steuerzahler verprasst habe. Ohnehin, so ist die Position Moskaus, habe Bern die Neutralität längst verloren und sich auf eine Seite geschlagen. Kisseljows Reporter in der Schweiz sucht gar nicht erst nach ausgewogenen Worten. „Diese Dummköpfe – den einen hat sein Land satt, der andere hat den Kopf bei seiner Wiederwahl, der dritte leidet an Arthritis und Demenz (er meint damit Olaf Scholz, Emmanuel Macron und Joe Biden) – unterschreiben irgendwelche Papierschnipsel, die nichts zählen.“ Für den Kreml indes zählt nur eines: sein „Friedensplan“, den er nun auf allen ihm möglichen Foren „erklären“ werde.
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