Editorial / Wie Digital-Meisch die Post-Covid-Zeit plant
Alles digital? Nicht ganz! Aber fast. Und immer mehr. Der Bildungs- und Hochschulminister profiliert sich gerne als Digital-Meisch. Man wird den Eindruck nicht los, dass er eine rein digitale „Studentefoire“ gar nicht so schlecht findet. Explizit bezeichnet er sie aber als hybride Veranstaltung. Wäre da bloß nicht die Studentenvereinigung ACEL („Association des cercles d’étudiants luxembourgeois“) gewesen, die ihn in seinem digitalen Elan ein wenig in die Schranken gewiesen hat. Ja, stimmt, auch die Evaluierung aus dem vergangenen Jahr, als die „Studentefoire“ pandemiebedingt völlig virtuell sein musste, zeigte offenbar, dass dies nicht der richtige Weg war.
Dennoch ist das Herzstück der diesjährigen „Studentefoire“ erneut rein digital. Eigens zu diesem Zweck hat man mithilfe eines neuen lokalen Partners, einer Firma aus Kayl, eine Plattform unter der URL studentefoire.lu ins Leben gerufen, die es in sich hat. Nicht schlecht staunten die drei Journalisten, die im Vergleich zur Anzahl der Vertreter aus dem Hochschulministerium – es waren doppelt so viele – deutlich unterbesetzt waren. Die Webseite fühlt sich auf jeden Fall wie Zukunftsmusik an.
Nein, dies soll keine Kritik an der Webseite per se sein, im Gegenteil, denn sie scheint wirklich gelungen zu sein. Aber wieso der ganze Aufwand für eine zweitägige Veranstaltung? Okay, die Plattform läuft nicht nur während zwei, sondern während 30 Tagen. So lange haben Interessierte, insbesondere Schüler der 2e– und 1re-Klassen, Zeit, Informationen auf der Seite einzusehen, sich Webinare nochmal anzuschauen oder Broschüren herunterzuladen. Und im nächsten Jahr wird man sicherlich – nach eingehender Evaluierung – erneut auf das Format einer Plattform zurückgreifen können?
Dennoch zeigt ein Web-Auftritt wie dieser, worauf das Hochschul-, aber auch das Bildungsministerium seinen Fokus setzt. Wie wir an dieser Stelle schon mal im Vorfeld der „Rentrée“ bemerkt haben, möchte Claude Meisch seine Rolle als Krisenminister, der nur noch sanitäre Maßnahmen, aber keine Infektionszahlen mehr verkündet, ablegen. Digital steht ihm viel besser. Ohne Zweifel. Das ist gut fürs Image, das in der Corona-Pandemie, insbesondere in Bezug auf die Privatisierungsvorwürfe, stark leiden musste.
Jegliche Veranstaltungen, so hat es die Regierung vorgesehen, können in Form eines Covid-Check-Regimes, also in Präsenz, stattfinden. Selbst bei vielen Besuchern ist dies möglich. Im „Live“-Modus wird auch der letzte Tag der „Studentefoire“, die „Journée de rencontre“, organisiert. Wieso kann dann nicht auch das Herzstück der „Foire“ reell stattfinden? Ja, die jungen Menschen sind affin fürs Digitale. Aber sie wollen mitnichten auf das Zwischenmenschliche verzichten. Besonders nicht bei einem für die Schüler so wichtigen Event. Ist es also wegen Covid-19? Oder passt dies nicht in die neue digitale Strategie des Hochschul- und Bildungsministeriums?
Auf diese Tageblatt-Frage antwortet Meisch auf der Pressekonferenz: „Es ist beides.“ Einerseits bezieht er sich auf die „Studentefoire“ 2020, die kurzfristig, obwohl die Luxexpo The Box bereits gebucht war, pandemiebedingt abgesagt werden musste. Diesmal wolle man dies nicht riskieren, da man im Frühling nicht einschätzen konnte, wie die Situation im Herbst sein würde. Ja, das ist verständlich. Andererseits sagt Meisch, dass man sich mit einer solchen digitalen Veranstaltung auf die Post-Covid-Zeit vorbereiten möchte, wo man ein Gleichgewicht zwischen reellen und digitalen Elementen suche. Denn die Plattform biete Möglichkeiten, die man im realen Raum nicht finde. Deshalb betont der Minister auch die Hybrid-Form des Events. Nach dem Motto: Digital, aber nicht nur. Das ist ebenfalls verständlich, zeigt aber auch ganz klar, in welche Richtung der Weg vorgezeichnet ist.
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